Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition)
du nicht, Bernhard. Du wirst deiner Mutter nicht die Tür weisen. Aus deinem Zimmer gehe ich freiwillig. Dein Haus verlasse ich nicht, solange du dich mit Edvard nicht wieder verstehst.“ Ich war selbst überrascht, mit welcher Überzeugung ich es hervorbrachte. Dann öffnete ich die Tür und sagte es noch einmal mit Nachdruck: „Ganz gleich, was es kostet: Ich bringe euch beide wieder zusammen.“
Manchmal ahnt man nicht, wie hoch der Einsatz ist, wenn man mit dem Schicksal spielt.
Kim *
Ich war ziemlich fertig, als ich an diesem Freitagabend nach Hause ging. Dieser Job war unheimlich anstrengend, nicht die Arbeit an sich, aber die ganze Koordination und die Mißverständnisse drum herum. Es war an der Zeit, ein Büro in Miami aufzumachen, das würde vieles erleichtern. Dort zu leben würde mir einen ruhigeren Job bereiten und mehr Geld einbringen, was beides meiner Tochter guttun würde, und es würde mir mehr Zeit lassen, mich selbst um sie zu kümmern. Den Umzug nach Miami würde ich schon jetzt zu meinem Neujahrsvorsatz machen.
Ich hätte den Abend gerne für mich gehabt, aber Edvard saß mir seit drei Tagen auf der Pelle und machte keinerlei Anstalten, meine Wohnung zu verlassen. Malvyn rief jeden Tag bei mir im Büro an und fragte nach, wie sich die Dinge entwickelten. „Schlecht“, war meine Antwort, denn Edvard ließ sich völlig gehen; so hatte ich ihn noch nie erlebt. Von Berni war man das ja gewöhnt; er hatte alle paar Monate mal einen Aussetzer, aber von Eddi?
Bisher hatte er die beneidenswerte Fähigkeit besessen, alles Unangenehme zu verdrängen oder mit esoterischen Dingen zu verbrämen und sie dann als bloße Illusion und damit für nichtig zu verklären. Vielleicht war ihm diese Auseinandersetzung endlich mal eine Lehre, die ihn auf den Boden der Realität zurückholte. Wenn sie nur endlich vorüber wäre, sagte ich mir, als ich die Tür zu meiner Wohnung aufschloß.
Hannah kam mir sofort entgegengelaufen: „Mama“, quäkte sie. Ihr Gemüt war auch nicht mehr so sonnig.
„Hallo, mein Schatz. Hast du dir mit Edat einen schönen Tag gemacht?“
„Nein, Mama“, maulte sie. „Edat hatte keine Lust, rauszugehen. Wir sind den ganzen Tag hier drin gesessen. Und Mafin ist auch nicht gekommen.“
„Habt ihr ihn denn angerufen?“ fragte ich sie, woraufhin Hannah mit den Schultern zuckte.
Ich nahm sie auf den Arm und ging mit ihr ins Wohnzimmer, wo sich Edvard auf dem Sofa eingenistet hatte und seit Tagen durch alle Kanäle des Kabelfernsehens zappte, ohne Ton natürlich, denn der hätte das Radio gestört. Edvard hatte nämlich einen Sender gefunden, der den ganzen lieben langen Tag die Top 100 spielte. Er kam mir vor wie jemand, der für Stiftung Warentest Geräte testete.
Ich begrüßte ihn.
„Hi“, antwortete er und zappte weiter.
„Hast du heut was anderes gemacht, außer Fernsehen geguckt?“ fragte ich.
„Nö.“ Zapp. Er schaute mich nicht mal an. Auf dem Wohnzimmertisch standen kleine Päckchen mit chinesischem Essen, drei Dosen Cola, eine leergefressene Tüte Kartoffelchips und einige Hüllen von Schokoriegeln. Zapp.
„Weißt du eigentlich, daß man von Kartoffelchips und Schokolade Pickel kriegt?“
Ein kurzer Schrecken, ich hatte es geschafft, daß er mich anschaut. Zapp.
„Hmm.“ Seine Pickel waren mir ja egal, aber ich wollte nicht, daß er mein Kind mit so was vollstopfte.
„Mami. Gehst du mit mir auf den Spielplatz?“ fragte Hannah. Ihr Tonfall war sehr weinerlich, und es zeigte mir einmal mehr, daß das so nicht weitergehen konnte.
„Okay, Baby, ich sag dir mal was. Zum Rausgehen ist es heute schon zu spät. Schau, es ist schon nach sieben.“ Ich zeigte es ihr auf der Uhr, die sie zwar noch nicht lesen konnte, aber ich hatte beschlossen, daß dies der einfachste Weg sei, es ihr beizubringen: Immer wieder zeigen, bis sie es kapiert. „Aber ich werde gleich mal mit Edat besprechen, was wir morgen mit dir unternehmen. Und während ich das mache, setzt du dich bitte in die Badewanne, das hast du nämlich dringend nötig. Und wenn du dir schön die Ohren wäschst, dann gehe ich danach gleich mit dir ins Bett und lese dir eine Geschichte vor. Okay?“ Dazu müßte ich mich nicht mal überwinden, denn ich war so müde, daß ich sowieso ins Bett gegangen wäre.
Hannah rieb sich die Augen und fing an zu heulen. Ich warf einen Blick zu Eddi; er schien das überhaupt nicht mitzukriegen. Zapp.
Ich nahm Hannah auf den Arm und ging mit ihr ins Bad. Dort
Weitere Kostenlose Bücher