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Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition)

Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition)

Titel: Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Niederwieser
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Gründe. Ich hab mich in den letzten Jahren für ihn echt abgerackert. Weißt du noch, wie er damals plötzlich diese Angstzustände gekriegt hat?“
    „Ja, in der Zeit hab ich ihn doch kennengelernt.“
    „Genau. Mann, was hab ich da alles mitgemacht. Und heute, bald fünf Jahre später, steh ich doch noch viel mehr zu ihm als damals. Das müßte er doch sehen, oder? Aber nein, ein bißchen Sex, und er dreht durch. Als ob es in Beziehungen nur darum ginge.“
    „Berni ist einfach nur blind vor Verletzung, Eddi. Du weißt genau, wie schwer er sich mit Gefühlen tut. Wenn die dann so massiv kommen, kann er eben nicht damit umgehen.“
    Edvard liefen die Tränen herunter; ich hatte ihn soweit. Ich legte ihm meine Hand auf den Rücken und streichelte ihn.
    „Sag mir einen Grund“, bat er, „warum ich mit Berni zusammen bleiben sollte.“
    Ich dachte nach. „Weißt du noch, was du geantwortet hast, als ich dich fragte, warum du ihn geheiratet hast? Du hast gesagt: Liebe fängt dort an, wo man keine Erklärung mehr findet. Erinnerst du dich?“
    „Mama!“ kreischte Hannah.
    Edvard schaute mich erschrocken an und sprang auf. Hoppla, er funktionierte wieder. Trotzdem hielt ich ihn fest: „Sie hat nach mir gerufen, Ed. Setz dich.“ Dann ging ich ins Bad.
    Hannahs Gesicht war breiter als hoch; das war es immer, wenn sie weinte. Dicke Tränen rollten über ihre verzerrten Wangen. „Komm her, meine Süße“, sagte ich. „Alles wird wieder gut.“
    Ich kniete mich vor die Wanne und beugte mich zu ihr hinein. „Was ist denn los, mein Schatz?“
    „Ich kann Berni nicht mehr finden“, stotterte sie, ihre Kinnlade zitterte, und nach jedem zweiten Wort mußte sie Luft holen, „und dann ist er runtergefallen, und jetzt kann ich ihn nicht mehr finden.“
    Dieser Streit belastete sie offensichtlich immens. Er mußte jetzt ein Ende finden, das Kind war komplett aus der Rille.
    „Ach, du süße Maus.“ Ich streichelte sie, wischte ihr die Tränen aus dem Gesicht und fischte dann unter dem Berg von Erdbeerschaum nach dem Frosch. Ich tastete den ganzen Boden nach ihm ab. Dann sah ich ihn: „Guck mal, Mäuschen“, sagte ich. „Da hinten, am Rand der Wanne hat er sich versteckt, hinter einem Berg von Schaum.“
    Im Nu waren die Tränen verschwunden. Sie krabbelte auf allen Vieren zu ihm hin, befreite ihn aus dem Schaum und hielt ihm dann eine Standpauke: „Du, du, du! Das macht man nicht, einfach so abhauen“, sagte sie. Dann schaute sie auf, über mich hinweg, und sagte: „Schau, Eddi. Berni ist wieder da.“

Raimondo *
     
    Ich saß auf der Terrasse und ließ mich von der matten Sonne bescheinen; ihre Kraft hatte nachgelassen. Die Wärme legte sich wie eine Hand auf meinen kahlen Schädel. Dunst lag über der Bucht und verlieh ihr einen unwirklichen Anschein, als trennte mich ein hauchdünner Store von der Welt.
    „Raimondo, Raimondo!“ rief Maria aufgeregt. „Ein Anruf aus Deutschland.“ Ich legte die Hand auf mein Herz.
    „Maria. Madonna mia! Mach nicht immer gleich so einen Wirbel!“ Ich stand auf und eilte meiner Schwägerin entgegen. „Ihr Sizilianer macht mich noch ganz krank.“
    Sie schaute mich schuldbewußt an, trat zur Seite und ließ mich ins Haus.
    „Hallo?“
    „Mondo. Entschuldige, wenn ich dich störe“, hörte ich eine Stimme sagen, und es dauerte einen Moment, bevor ich sie Edvards Neffen zuordnen konnte.
    „Malvino!“ Das Herz rutschte mir in die Hosen. „Um Gottes willen, was ist passiert?“ Mir traten Schweißperlen auf die Stirn; ich ließ mich auf den Stuhl neben dem Telefon fallen. Maria schaute mich besorgt an.
    „Ähm, es gibt da ein kleines Problem. Ed und B reden nicht mehr miteinander.“
    Ich hatte befürchtet, es wäre jemandem etwas zugestoßen, und atmete daher erleichtert auf. Durch die Tür zur Terrasse sah ich die Spitze eines der Felsen auf der anderen Seite der Bucht und darüber den Himmel. Ich lehnte mich zurück, tupfte mir mit dem Taschentuch die Stirn ab. Dann scheuchte ich Maria in die Küche. „Ist das alles?“
    „Na ja, Ed ist vor drei Tagen zu Kim gezogen“, erklärte Malvyn. „Und Bernhard läßt sich auch nicht mehr blicken. Wenn man ihn anspricht, ist es, als ob man mit der Wand redet.“
    Ja, das war der Bernhard, den ich kannte. Ich lernte ihn an Sylvester vor fünf Jahren kennen. Meine Kimmi-Maus hatte ihn mir vorgestellt: halblange dunkle Locken, die ohne jegliche Form auf seinem Kopf lagen, das Durcheinander seiner Kleidung und diese Aura

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