Eine zweite Chance für den ersten Eindruck (German Edition)
sagt sie und steht auf, um mir einen Teller Suppe fertigzumachen. Dankbar nehme ich die heiße Brühe entgegen und merke erst nach dem ersten Löffel, wie hungrig ich bin. Andrew klärt mich darüber auf, dass nach und nach die Verbindungen wieder hergestellt werden, er bisher aber noch keinen Kontakt zu Eric bekommen konnte.
Nach dem Essen helfe ich Emma, die Küche aufzuräumen. Kathy verzieht sich in ihr Zimmer und Andrew geht wieder ins Büro.
Emma und ich haben uns gerade mit frischem Tee am Küchentisch niedergelassen, als im Nebenzimmer das Telefon klingelt. Wir zucken zeitgleich zusammen und erheben uns wieder vom Tisch. Ein Telefonanruf kann an diesem Tag alles bedeuten. Andrew steht im Wohnzimmer und hat schon den Hörer am Ohr, als wir durch die Küchentür treten. Sein Gesichtsfarbe wechselt von einem ungesunden Rot zu leichenblass und wieder zurück.
„It’s Eric!“, sagt er endlich.
Mein Herz scheint für einen Augenblick auszusetzen und ich muss mich am Türrahmen festhalten. Andrew telefoniert für eine Weile mit ihm, doch ich kann mich nicht auf das Gespräch konzentrieren. Als sie alle Fakten ausgetauscht haben, hält er mir den Hörer hin. „He wants to talk to you.“
Mit zittrigen Fingern nehme ich das Telefon entgegen. Emma und Andrew verziehen sich aus dem Wohnzimmer und gehen jetzt wahrscheinlich zu Kathy, um ihr die gute Nachricht zu überbringen. Ich halte den Hörer an mein Ohr, doch statt einer Begrüßung bringe ich nur ein Schluchzen raus. Endlich höre ich Erics Stimme, die mir versichert, dass er tatsächlich noch am Leben ist.
„Love, don’t cry. We are fine. Lucy geht es gut und mir geht es gut. Please, don’t cry.“
Kurze Zeit, nachdem wir die gute Nachricht erhalten haben, bedanke ich mich für die Gastfreundschaft und verabschiede mich. Emma möchte, dass ich noch zum Abendessen bleibe, doch ich muss unbedingt einen klaren Kopf bekommen. Außerdem fühle ich mich in der ganzen Familiensituation irgendwie fehl am Platz, auch wenn mir niemand etwas in der Richtung vermittelt hat. Emma scheint sogar sehr enttäuscht, dass ich schon gehen will. Der Telefonanruf mit Eric bestand nur aus meinem Geheule und seiner Versicherung, dass es ihm gut geht. Meine extreme Reaktion hat mich selbst völlig überfahren.
Nun liege ich zuhause in der Badewanne und versuche, das Chaos in meinem Kopf zu entwirren. Meine Erkältung scheint nur so eine 24-Stunden-Geschichte zu sein, denn es geht mir schon wesentlich besser. Trotzdem bin ich froh, dass morgen Samstag ist und ich Zeit habe, mich zu erholen und meine Gedanken zu sortieren. Ich kann Eric nicht mehr abblocken, soviel ist mir klar geworden. Dass meine Gefühle schon so tief sind, macht mich völlig fertig. Eigentlich bin ich dafür noch nicht bereit, so dachte ich zumindest. Ich habe keinen Plan, wie es weiter laufen soll, wenn er wieder da ist.
Das Brummen meines Handys aus der Tasche meines Bademantels, oder vielmehr Thorstens Bademantel, reißt mich aus meinen Überlegungen. Hastig steige ich aus der Wanne und trockne mich nachlässig ab, bevor ich nach meinem Telefon greife. Es könnte ja schließlich Eric sein.
Es ist tatsächlich Eric.
Habe gerade Internetverbindung. Hast du Zeit? Eric
Aufgeregt tippe ich eine Antwort.
Gib mir fünf Minuten.
Hoffentlich ist es dann nicht schon zu spät, die Verbindungen sind noch nicht sehr stabil.
Kaum habe ich mein Notebook hochgefahren, wählt Eric mich schon mit einem Videochat an. Und zum ersten Mal seit einer Woche funktioniert es. Eric erscheint auf meinem Bildschirm und schon heule ich wieder.
„Don’t cry, darlin’. Please“, höre ich seine verzerrte Stimme aus den Lautsprecher.
„Ich versuche es“, schluchze ich.
„How are you?“, fragt er mich ernsthaft.
„Mir geht’s gut. Aber viel wichtiger, wie geht es euch?“, bringe ich endlich mit festerer Stimme heraus. Eric lächelt, doch durch die langsame Internetverbindung ist alles zeitversetzt.
„Hier ist alles gut. Ein Teil vom Dach ist abgedeckt worden, aber sonst ist nichts passiert. Wir haben Glück gehabt. Lucy fand es total spannend und aufregend, als wir uns im Keller verschanzen mussten.“
„Okay!“, ist alles, was ich raus bringe, weil ich sonst wieder heulen würde.
„Nina?“, fragt er leise.
„Ja?“
„Hattest du Angst um uns?“
„Ich hatte eine Scheißangst. Was ist das denn für eine blöde Frage?“, empöre ich mich.
„Don’t be mad at me. Ich wollte es
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