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Eine zweite Chance

Eine zweite Chance

Titel: Eine zweite Chance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Alvtegen
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Baldrian, römische Kamille und Katzenminze. Das Rezept habe ich in einem alten Naturheilbuch gefunden.«
    »Es schmeckt gut.«
    »Das ist nett von Ihnen, ist aber nicht wirklich wahr, oder?«
    Er lächelte schuldbewusst. »Vielleicht bringt es mich trotzdem zum Schlafen?«
    »Das wird es tun, da können Sie sicher sein. Übrigens habe ich Zitrone vergessen. Die macht es ein wenig leichter, es herunterzubekommen.«
    Dann trat wieder Stille ein. Ungezwungen und selbstverständlich, weil keiner etwas zu sagen hatte. Jetzt war er an der Reihe, Holz nachzulegen, und er ging zum Feuer.
    »Geht es Ihnen jetzt etwas besser?«
    Er saß auf dem Boden mit dem Rücken zu ihr, die Frage brachte ihn aus der Fassung. Unruhig fragte er sich, was an seinem Gesicht abzulesen war. »Wie meinen Sie das?«
    »Na ja, als Sie heute ankamen, dachte ich erst, Sie seien krank. Aber meine Güte, das geht mich ja gar nichts an. Ich wollte mich nicht einmischen.«
    Er stand auf und ging zurück zum Sessel. »Machen Sie sich deswegen keine Sorgen. Ich hatte nur ein wenig Kopfschmerzen, als ich angekommen bin. Jetzt ist es besser.«
    Das war alles, was er zu dieser Sache sagen wollte. Tiefere Einblicke in seinen Gemütszustand oder in die Ereignisse der letzten vierundzwanzig Stunden wollte er nicht geben. Er wollte nur eine Weile dasitzen. Befreit von sich selbst.
    »Es war doch Ihr Wagen, der heute oben auf Stenlägda geparkt war?«
    Der Besuch bei Verner war ihm im Nachhinein peinlich. Er wollte lieber still hier sitzen oder über etwas anderes sprechen. »Ich weiß nicht, wo Stenlägda liegt, aber es kann sein, dass er dort eine Weile gestanden hat, wenn es ein Stück weit von dem Kiesweg entfernt ist.« Er verstummte, aber die Neugier nahm überhand. »Woher wissen Sie, dass das Auto dort geparkt war?«
    Sie schmunzelte und gab ein halbherziges Lachen von sich. »Gerüchte verbreiten sich schnell in einer Gegend wie dieser. Hier geschieht nicht viel ungesehen. Und was man selbst am liebsten vergessen möchte, ist immer etwas, woran sich jemand anderes gerne erinnert.«
    »Das klingt schrecklich.«
    »Sowohl als auch. Es bedeutet ja auch eine Art von Sicherheit, wenn sich die Leute umeinander kümmern.«
    »Wie lange wohnen Sie schon hier?«
    »Drei Jahre. Geboren und aufgewachsen bin ich in Stockholm. Und Sie?«
    »Aufgewachsen in Småland, habe aber mein ganzes erwachsenes Leben in Stockholm verbracht. Wie kommt es, dass Sie hierhergezogen sind?«
    Sie seufzte oder schnaubte, der Ausdruck war schwer zu deuten. »Oh, das ist eine schwierige Frage. Vielleicht die Krise mit vierzig?« Sie zuckte die Achseln. »Es fühlte sich an, als sei es Zeit gewesen für etwas Neues. Dieses Dorf und dieser Hof waren mein Paradies, als ich klein war, und als ich die Anzeige las, dass der Hof zum Verkauf stand, hatte ich die Hoffnung, all das wieder erleben zu dürfen. Und meiner Tochter zugleich dasselbe bieten zu können. Aber da ich Diplomkauffrau bin, verstehe ich nichts von der Landwirtschaft, und so entstand die Idee, ein Hotel zu eröffnen.«
    Es fiel ihm schwer zu entscheiden, ob er sie mutig fand oder tollkühn. Hätte sie sich an seine Investmentfirma gewandt und um Risikokapital gebeten, hätte er zweifellos Nein gesagt. Abseits der großen Straßen war es nötig, mit etwas zu locken, das wirklich herausragte. »Und wie läuft es?«
    »Nun, in der Saison richtig gut. Da kommen eine Menge ausländischer Jagd- und Angeltouristen, die von der Wildnis angezogen werden. Man hat Hechte und andere Fische hier in dem See ausgesetzt, und einige davon sind so groß, dass man sich kaum mehr zu baden traut. Aber die Angeltouristen freuen sich natürlich, wenn einer anbeißt. Viele kommen, um in der Natur zu wandern, manche kommen von den Wanderpfaden dort drüben und haben gewöhnlich das Hotel als Etappenziel. Es kommt natürlich auf die Saison an. Aber eigentlich ist das große Problem, dass ich nicht alle Hotelzimmer fertiggestellt habe, und wenn Hochsaison ist, brauche ich sie. Aber meine Tochter ist ehrlich gesagt nicht unbedingt begeistert davon, so weit draußen in der Provinz zu wohnen. Haben Sie Kinder?«
    »Nein.«
    Er schielte zu ihrer linken Hand, sah aber keinen Ehering. Wenn sie dieses Vorhaben ganz allein gewagt hatte, war sie nur zu bewundern.
    Sie lehnte sich zurück und sah sich im Zimmer um. Ließ den Blick zwischen Wänden, Fußboden und Decke umherwandern. »Dieses Zimmer wurde der Saal genannt, als ich klein war. Es war immer

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