Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine zweite Chance

Eine zweite Chance

Titel: Eine zweite Chance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Alvtegen
Vom Netzwerk:
dann noch auf eine Art, der er nicht entrinnen konnte.
    Bitte sehr, hier hast du eine Veränderung.
    Sie waren bis zum Hof des Hauses gelangt, als Helena plötzlich stehen blieb. Sie schien den schlimmsten Zorn abgeschüttelt zu haben, jetzt schien sie eher entmutigt zu sein. Sie seufzte tief, als sie den Blick auf den Hof der Anderssons richtete. »Ich muss zu Anna-Karin gehen und sie um Entschuldigung bitten.«
    »Warum solltest du das tun?«
    »Weil ich sie nicht unterstützt habe, als es um Verner ging. Jetzt verstehe ich besser, warum sie ihn nicht da oben haben will.«
    »Wieso, was meinst du?«
    Sie betrachtete ihn schweigend, also ob sie verblüfft wäre über seine Frage. »Erstens ist er ja furchtbar bösartig, ich verstehe, warum Anna-Karin es unangenehm ist, mit ihm zu tun haben zu müssen. Und dann all das andere, was er behauptet, die ganze Sache mit den Farben.« Sie schüttelte den Kopf. »Oder glaubst du etwa daran?«
    Vielleicht war es eigentlich keine Frage, sondern eine Art, das Unsinnige in Verners Erzählung zu betonen. Es schien ihr nicht bewusst zu sein, dass sie Anders in ein Dilemma brachte.
    Sollte er sie anlügen oder ihr die Wahrheit sagen? Seine Feigheit gewann leichter die Oberhand, als er gehofft hatte. »Nein, nein. Aber was spielt das für eine Rolle, dass er glaubt, Farben zu sehen. Das macht ihn ja nicht besonders gefährlich. Außerdem hast du ja gesagt, dass er meistens für sich bleibt.«
    Feigling, rief der neue Teil von ihm, der noch nicht in die eingefahrenen Gedankenbahnen hineingerutscht war. Der alte Anders kämpfte um sein Leben, im Bewusstsein der Bedrohung. Wenn er offen Stellung bezog, würde diese neue, unangenehme Verhaltensweise überhandnehmen. Niemals wieder würde er zu dem zurückkehren können, der er zuvor gewesen war. Anders fühlte sein Herz dumpf pochen.
    Helena sah zu Boden und pflügte mit dem Stiefel durch den Kies. »Mich hat er so furchtbar traurig gemacht.«
    »Warum eigentlich?«
    Sie schnaubte. »Du hast doch selbst gehört, was er gesagt hat?«
    »Warum macht dich das so wütend? Wenn er doch so sehr im Unrecht ist, wie du sagst, muss man sich doch darüber nicht ärgern?«
    Es war eine bewusste Provokation. Wenn das, was Verner über ihn gesagt hatte, stimmte, dann war auch die Sorge um Emelie berechtigt. Doch ihre Mutter versteckte sich hinter den selbstgezogenen Grenzen. Unfähig, sich ihre eigenen Schwächen einzugestehen, hatte sie die Kritik nur schroff zurückgewiesen, und so stand Emelie weiterhin ohne Hilfe da.
    »Du bist also nicht wütend geworden, als er behauptet hat, du wärst ein größenwahnsinniger Selbstmordkandidat?«
    »Nein, wirklich nicht.«
    Vielmehr wachgerüttelt, erkannte er erstaunt, natürlich nur still für sich selbst. Es fühlte sich plötzlich peinlich an, was er noch ein paar Tage zuvor gedacht hatte. Es gab wahrhaftig einen Grund dafür, dass der Mensch das einzige Tier war, das die Fähigkeit hatte zu erröten.
    Ich schließe die Augen und zähle bis dreißig. Mach mit meinem Leben, was du willst.
    Was er getan hatte, wirkte absurd. Es war nur dem Zufall zu verdanken, dass er überlebt hatte und nicht mit einem anderen Autofahrer zusammengestoßen war. Die Verantwortung gegenüber anderen hatte er leichtfertig zur Seite geschoben. Er sah zu dem Mietwagen. Wie anders ihm alles noch erschienen war, als er ihn hier geparkt hatte. Ohne jegliche Zuversicht war er im Hotel angekommen, und nur eine plötzliche Eingebung, Ja zu Helenas Frage zu sagen, statt ein selbstverständliches Nein, hatte eine unmittelbare Wirkung auf sein Leben gehabt. Wie die Teile eines Puzzles hatte sich das eine zum anderen gefügt. Alles fühlte sich anders an.
    Dieses eine unwahrscheinliche Ja hatte alles verändert.
    »Wenn ich Anna-Karin um Entschuldigung bitte, wird sie vielleicht weiter bei mir arbeiten. Ich brauche sie den Sommer über.«
    Plötzlich sah er sie mit neuen Augen. Wie krampfhaft sie an dem Glauben festhielt, alles wäre gegen sie gerichtet. Zugleich verspürte er Neid. Sie konnte den einfachen Weg wählen und Verners Kritik abtun. »Willst du Anna-Karin diesmal also mit ihren Protestlisten helfen?«
    »Wieso, was meinst du?«
    »Gegen Verner, um ihn aus dem Häuschen zu vertreiben.«
    »Dazu braucht es keine Protestlisten, es ist doch ihr Häuschen. Ich verstehe tatsächlich, dass sie es lieber ihren Kindern geben will.«
    »So klang es gestern nicht.«
    »Nein, aber was heute geschehen ist, hat mich zum Umdenken gebracht.

Weitere Kostenlose Bücher