Einem Tag in Paris
nichts von Affären, und sie kann zeitgenössische Kunst nicht ausstehen. Sie ist zu Hause in San Francisco und findet, dass ich bekommen habe, was ich verdient habe.«
»Dann lassen Sie sie dort«, sagt Nico. »Ich bin froh, dass wir sie nicht mit in die Provence nehmen müssen.«
»Und gibt es niemanden, der Sie heute Abend zum Essen erwartet?«, fragt Josie. Sie flirten – es ist ein Spiel, ein Rettungsboot, ein Weg aus dem Elend, in dem sie steckt. Sie redet wieder, sie weint, sie lacht sogar. Was könnte falsch daran sein? Sie schlürft ihren Wein und beugt sich vor.
»Manchmal treffe ich mich mit zwei anderen Privatlehrern auf ein paar Drinks im Marais. Wir beklagen uns über unsere Schüler und trinken zu viel. Manchmal gehen wir nach Hause und haben Sex zusammen.«
»Alle drei?«, fragt Josie, die Augen weit aufgerissen.
»Nein«, sagt Nico. »Für den anderen Mann interessiere ich mich nicht besonders. Es ist seine Freundin, die ich liebe.«
»O mein Gott«, sagt Josie. »Wir sind solche Chaoten. Wir alle. Warum ist die Liebe so kompliziert?«
»Heute ist nicht kompliziert.« Nico erhebt sein Glas. »Heute ist seit sehr langer Zeit der erste Tag, den ich genieße.«
Sie stoßen wieder an. Die Bedienung kommt und bringt ihnen Schälchen mit Muscheln. Sie stellt hohe Gläser mit frites zwischen die Schälchen. Auf einmal ist der Tisch mit köstlich duftendem Essen beladen.
»Ich habe schon sehr lange nichts mehr gegessen«, sagt Josie.
Als Josie sich das erste Mal mit Simon traf, allein, am Tag nach Bradys Probe, saßen sie für kurze Zeit in einem Restaurant weit weg von dort, wo sie beide lebten. Sie bestellten Getränke – Martini für Simon, Weißwein für Josie – und dann ein Abendessen: Steak für Simon, gegrillten Lachs für Josie. Das Essen stand da, unangetastet, während sie sich zueinander vorbeugten und redeten. Simon stellte ihr Fragen: Wer bist du? Woher kommst du? Warum unterrichtest du? – als würde er sich an ihr statt an bloßem Essen gütlich tun. Und Josie redete, als hätte sie noch nie zuvor geredet, noch nie ihre Geschichte erzählt. Als sie sagte, ihre Mutter sei gestorben, ging er nicht zum nächsten Thema über, wie es ihre Exfreunde getan hatten. Er fragte sie nach der letzten Woche ihrer Mutter, nach der Traurigkeit ihres Vaters, nach dem goldenen Gabelbein, das sie um den Hals trug und das ihrer Mutter gehört hatte. Der Kellner fragte sie, ob mit ihrem Essen etwas nicht in Ordnung sei.
»Nein, nein«, sagten sie beide. »Alles in Ordnung. Es ist alles wunderbar.«
Und trotzdem rührten sie ihr Essen kaum an.
»Was tust du an einem perfekten Tag?«, fragte Simon.
»Ich gehe in den Hügeln wandern«, sagte sie zu ihm. »Ich packe ein Lunchpicknick und ein Buch ein und suche mir einen Platz am Fluss, um zu lesen.«
»Nimm mich mit«, sagte er.
Er erzählte ihr vom Fliegen, von dem erstaunlichen Gefühl von Raum und Leichtigkeit und Geschwindigkeit. Er erzählte ihr, wie er sich tollkühn und sicher zugleich fühlte – als könnte er überallhin gehen, alles tun, und war doch Herr seines Universums, hatte alles unter Kontrolle.
»Nimm mich mit«, sagte sie.
Aber das Einzige, wohin sie je zusammen gingen, war ins Bett – ihr Bett, Hotelbetten, Motelbetten, ein Futonbett, das er mitten auf ein Feld in den Hügeln von West Marin trug. An jenem ersten Abend ließen sie das Essen auf dem Tisch stehen und zu viel Trinkgeld mit der Rechnung liegen und fuhren lange Zeit. Sie fanden eine Hütte auf dem Land, die zu einer kleinen Gruppe Blockhütten gehörte, die am Ufer eines Sees vermietet wurden. Josie blieb im Wagen sitzen, während Simon in das Büro ging, aber sie konnte sehen, wie die Frau sie durchs Fenster beäugte. Josie wandte den Blick ab, spielte an dem Radio herum, besorgt, ihr Körper könnte vor so viel Verlangen nie mehr aufhören zu beben.
Als Simon zum Wagen zurückkam, einen Schlüssel in der Hand, sagte er: »Sie hat mich gefragt, ob ich mit meiner Tochter unterwegs sei.«
»Was hast du gesagt?«
»Ich habe Nein gesagt. Ich will nicht für das verhaftet werden, was ich heute Nacht mit dir tun werde.«
»Sie wird es nie erfahren.«
»Sie wird es erfahren. Die ganze Welt wird es erfahren.«
Josie war nie laut im Bett gewesen. Einmal, auf dem College, hatte sie einen Freund in den Nacken gebissen. Besser das als Schreien. Sie hatte gern Sex – es war eine Art Spiel, wie eine Sportart, in der sie gut war. Aber sie wusste nicht, was es
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