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Einem Tag in Paris

Einem Tag in Paris

Titel: Einem Tag in Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Sussman
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widersetzte sich und lächelte sie schelmisch an.
    »Wir gehen nicht ins Bett«, sagte er. »Noch nicht.«
    »Ich kann nicht mehr warten«, sagte sie. »Ich habe mein Gesicht schon in deinem Nacken vergraben.«
    Sie liebte seinen Geruch, seinen seifigen, moschusartigen Simon-Geruch, und sie hatte ihm gesagt, dass sie davon leben könnte, dass sie, wenn sie ihn jeden Tag einatmen könnte, nie wieder Essen benötigen würde. »Du nimmst ab«, hatte er zu ihr gesagt. »Dann lass mich mehr von dir einatmen«, hatte sie erwidert.
    »Du musst warten. Ich habe ein Ruderboot gemietet.«
    »Aber es ist eiskalt!«
    »Ich habe Decken. Ich habe eine Thermoskanne mit heißem Butterrum mitgebracht.«
    »Das tust du nicht zum ersten Mal.«
    »Hör auf damit.«
    Das war das andere Tabu, die andere verschlossene Tür. Sie glaubte nicht, dass sie seine erste Geliebte war. Er war zu gut darin. Er wusste, wie man eine Affäre hatte, sie hingegen war eine Anfängerin, ein Kind in einer Erwachsenenwelt.
    »Ich habe noch nie so geliebt«, beharrte er immer.
    »Wie hast du denn geliebt?«, fragte sie dann. »Sag’s mir.«
    »Nein. Hör auf. Glaub mir.«
    Sie glaubte ihm nie.
    Jetzt nahm er sie bei der Hand und führte sie aus der Hütte. Er holte einen Seesack aus dem Kofferraum seines Wagens und warf ihn sich über die Schulter. Sie gingen zum See hinunter, der in Nebel gehüllt war, einen kalten, feuchten Nebel, der Josie frösteln ließ, trotz der Daunenjacke, die sie trug. Der Himmel war ein bleiches Grau, und der See hatte die Farbe von Eisen. Ein Ruderboot schaukelte am Ende der Anlegestelle auf dem Wasser, so rot wie ein kandierter Apfel, auffällig vor den ganzen gedämpften Farben.
    »Die Ruder liegen im Boot!«, rief eine Stimme, und sie wandten sich beide zu dem Büro um. Die alte Dame stand da, die Arme vor ihrer üppigen Brust verschränkt, und sah sie blinzelnd an.
    »Danke!«, rief Simon zurück.
    Die Frau hielt den Blick auf Josie geheftet. Der Blick war hasserfüllt, als hätte Josie allen älteren Frauen auf der Welt alle guten Männer gestohlen.
    »Sie macht mir Angst«, flüsterte Josie Simon zu.
    »Ignoriere sie einfach«, sagte er.
    »Das kann ich nicht. Ich kann spüren, wie sie mich beobachtet.«
    Aber dann knallte die Tür hinter ihnen zu, und die alte Schachtel war verschwunden.
    Simon hielt das Boot fest, und Josie kletterte hinein. Er legte den Seesack auf den Boden des Boots. Dann stieg er selbst ein und nahm die Ruder in die Hand.
    »Nimm dir ein paar Decken«, sagte er. »Halt dich warm, während ich rudere.«
    Sie nahm eine Indianerdecke, zwei Pelzmützen und die Thermoskanne aus dem Seesack. Sie setzte Simon eine Mütze auf den Kopf und beugte sich dann vor, um ihn zu küssen.
    »Setz deine auf«, sagte er.
    Sie zog sich die Mütze tief über den Kopf, und ihr wurde augenblicklich wärmer. Sie nahm einen kräftigen Schluck aus der Thermoskanne, und die süße, dickliche Flüssigkeit strömte durch ihren Körper.
    Sie reichte die Flasche Simon, der mit dem Rudern innehielt, einen Schluck trank, lächelte und dann wieder weiterruderte. Nach ein paar Augenblicken verschwand die Welt um sie herum, und sie wurden in Nebel gehüllt. Die Farben rings um sie gingen ineinander über – Himmel, Nebel, Wasser –, und nur die roten Umrisse des Boots hielten sie zusammen, umrahmten sie.
    Simon hörte auf zu rudern. Anfangs bewegte sich das Boot noch, sanft schaukelnd, dann wurde es allmählich langsamer, bis es schließlich still dalag. Sie schwiegen beide, und das einzige Geräusch, das sie hören konnten, war der Ruf einer Krähe irgendwo in weiter Ferne.
    »Ich will dich hier lieben«, sagte Simon mit leiser Stimme in der lautlosen Luft.
    »Es ist so kalt.«
    »Wir werden uns in Decken wickeln.«
    »Wir werden kentern und ertrinken, und niemand wird uns je finden.«
    »Dann sollten wir uns besser nicht zu wild hin und her wälzen.«
    »Unmöglich.«
    »Wir werden uns Mühe geben.«
    Sie tranken noch etwas heißen Rum, während sie sich auf dem Boden des Ruderboots unter die Decken kuschelten. Das Boot schaukelte, als sie aus ihren Kleidern schlüpften. Eiskaltes Wasser klatschte gegen die Bootswand. Sie kicherten und tranken abwechselnd aus der Thermoskanne und hielten einander unter den Decken, ihre nackten, ekstatischen Körper. Josie war kalt und warm zugleich, sie war beklommen und erregt, energiegeladen und voller Angst, sich zu bewegen. Als Simon mit einer Hand über ihren Schenkel, ihre Hüfte, ihren Bauch

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