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Einem Tag in Paris

Einem Tag in Paris

Titel: Einem Tag in Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Sussman
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haben jeden Tag bis drei gearbeitet. Soll er sie heute früher gehen lassen? Aber es ist sein letzter Tag mit ihr. Er möchte noch einmal neu anfangen. Dann würde er Lindy sagen, dass er sie erst am späten Nachmittag treffen kann, weil er den ganzen Tag beschäftigt ist. Aber natürlich war er für seine Tochter noch nie zu beschäftigt.
    »Alors«, sagt Lindy. »Mom hat noch geschlafen, und ich wollte sie nicht wecken. Sie hatte einen Zettel geschrieben, auf dem stand, dass wir sie heute Abend um sechs an der Pont des Arts treffen sollen.«
    »Wir werden zusehen, wie sie ein paar Szenen drehen«, sagt Jeremy. »Dürfte nett werden.« Er lügt; es ist nie nett. Es ist langatmig und langweilig, und jede Szene ist so aus dem Zusammenhang gerissen, dass sich schwer sagen lässt, worum es überhaupt geht. Lindy hasst Dreharbeiten im Allgemeinen, wenn nicht gerade ein sexy junger Schauspieler mit am Set ist. Und selbst dann ist sie sauer, dass die Aufmerksamkeit des jungen Mannes meist eher ihrer Mutter gilt als ihr.
    Im letzten Sommer beschloss Lindy, Theaterschauspielerin zu werden. Das ist ernster, sagte sie. Es hat mehr Substanz, mehr Gewicht. Jeremy ist besorgt, dass es am Theater noch schwieriger sein könnte, Erfolg zu haben. Er wünschte, seine Tochter würde etwas weniger Herausforderndes finden, etwas, das nicht voller Ablehnung und Kritik und selbstbesessener Konkurrenten ist, die einen an den Rand drängen wollen. Lindy ist nicht aus demselben Holz geschnitzt wie ihre Mutter, befürchtet er.
    »Wird sie mitkommen?«, fragt Lindy.
    Jeremy sieht sie verwirrt an. Sie weist mit einem Kopfnicken auf Chantal. Wird Chantal zu Danas Dreharbeiten mitkommen? Natürlich nicht.
    Aber es ist Chantal, die antwortet. »Nein. Ich muss ein paar Freunde treffen, wenn unsere Französischstunde zu Ende ist.«
    »Quel dommage«, sagt Lindy.
    Jeremy fragt sich, ob Lindy auf dieser Europareise irgendetwas passiert ist. Sie hat einen scharfen Unterton, etwas, das er bei ihr noch nie bemerkt hat.
    Der Kellner kommt und stellt ihnen einen Teller mit kleinen Keksen hin. Er sagt etwas zu Chantal – Jeremy kann kein Wort verstehen. Haben sie Kekse bestellt? Prahlt er vor Chantal und Lindy? Chantal bedankt sich bei ihm. Jeremy schlürft seinen Tee. Er ist verblüfft, wie süß er ist.
    Als er geht, fragt Chantal Lindy, wohin sie gereist ist.
    »Ich war in einem Kloster«, sagt Lindy. »In Südfrankreich.«
    Lügt sie? In ihren E-Mails hat sie geschrieben, dass sie sich einen Eurail-Pass gekauft hätte. Sie und ein paar Freunde würden durch Spanien und Portugal reisen. Wenn sie anrief, erzählte sie von Jugendherbergen und Partys an den Stränden und davon, wie sie sich in Lissabon verlaufen hatten. Als er bei einem Anruf viele Hintergrundgeräusche hörte, sagte sie, sie wäre in einer Pizzeria, und jemand würde seinen Geburtstag feiern. Kloster?
    Sie sieht ihn nicht an. Sie erzählt diese Geschichte Chantal. Jetzt ist er der Fremde, der mithört.
    »Ich habe das College im März abgebrochen. Ich wusste nicht, warum ich noch studiert habe. Um was zu lernen? Umweltwissenschaft? Was sollte ich damit anfangen? Die Literatur der Sechzigerjahre? Cool, aber wozu? Ich musste einfach herausfinden, warum. Ich meine nicht, dass ich herausfinden musste, was ich tun würde, wenn ich erwachsen bin. Ich meine, ich musste herausfinden, warum ich lernen musste. Um eine Prüfung zu bestehen? Um eine Eins zu bekommen? Um Papa eine Freude zu machen?«
    »Nein«, unterbricht Jeremy sie. »Ich habe dich nie unter Druck gesetzt …«
    »Oh, es hat nichts mit dir zu tun«, tut Lindy seinen Einwurf ab. »Du bist locker. Du liebst mich einfach, egal was ist.«
    »Das ist wichtig«, sagt Chantal. »So geliebt zu werden.«
    Jeremy sieht sie an, und es ist, als würden sich die Knochen in seinem Körper wieder beruhigen. Er muss Chantals Stimme hören, denkt er. Selbst bei Lindys Französisch, das sehr gut ist, muss er sich zu sehr anstrengen. Er muss mit den Worten ringen, um sicher zu sein, dass er versteht, was sie sagt. Und es ist so wichtig, dass er das hier versteht, dass er ihre Geschichte hört. Zum ersten Mal will er sagen: Lass uns englisch reden. Ich verstehe nicht. Ein Kloster?
    Aber er sagt kein Wort. Lindy redet wieder, und die Worte fliegen zu schnell vorbei.
    »Oh, es hat nichts damit zu tun, wer mich liebt. Ich habe dieses Foto von mir, als Kind mit meiner Mutter. Wir sitzen auf einem Sofa in unserem alten Haus, und sie starrt mit einem Blick

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