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Einer kam durch

Titel: Einer kam durch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: von Werra Franz
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zurück.
    Der Offizier schüttelte den Kopf und ging weiter. Die Razzia verlief ohne Erfolg, die PWs durften wegtreten.
    »Morgen nacht müßte das Geleit sich trennen!« sagte der Chief, der plötzlich neben Werra an der Reling erschien. »Wir haben nochmals alles nachgerechnet. Wenn unser Plan gelingt, müssen wir erst ein wenig nach Norden ausholen, damit uns die Geleit-Zerstörer nicht auf den Hals kommen, die vielleicht Auftrag kriegen, die ›Duchess‹ zu suchen. Und dann müßten wir die Nordküste Spaniens ansteuern …«
    Aber Werra hörte im Moment kaum hin. Der Geleitzug hatte einen Zack gemacht, die Formation war etwas in Unordnung geraten. Einer der Transporter dampfte ziemlich dichtauf und lief auf Parallelkurs zur ›Duchess of York‹. Es war der Dampfer mit den Krankenschwestern. Sie standen in ihren weitgeschnittenen blauen Mänteln nebeneinander an der Reling und blickten über das Meer.
    »Die große Schwarze sieht ein wenig wie Elfi aus!« sagte er träumerisch, zog sein gelbes Halstuch aus dem Kragen und winkte damit. Aber die Krankenschwester blickte steif und hochmütig an ihm vorbei. Sie war eine Engländerin.
    »Ist Elfi Ihre Braut?« fragte Hauptmann Brinckfeld.
    Werra nickte.
    »Na, in 'ner Woche können Sie sie vielleicht in die Arme schließen. – Das heißt, falls Sie dann noch leben, Werra …«
    In diesem Augenblick wurde von dem Schlachtschiff ›Ramillies‹, das den Geleitzug anführte, ›Fliegeralarm‹ für alle Schiffe gegeben. Die Gefangenen mußten antreten, die gewaltigen Fesselballons zur Abwehr von Tieffliegern wurden aufgelassen und pendelten träge im Wind, die britischen Artilleristen stürzten an die Flakgeschütze und rissen die Persennings herunter. Hoch über dem Geleit war für kurze Augenblicke der silbrige Schatten eines viermotorigen Flugzeugs zu sehen. Das Flugzeug verschwand, nachdem es den Geleitzug mehrmals umflogen hatte, und eine halbe Stunde später kam die Entwarnung. Es war eine deutsche ›Condor‹-Maschine gewesen …
    »Wenn der uns nur nicht die U-Boote auf den Hals hetzt«, sagten die deutschen Marineoffiziere skeptisch. Doch die Nacht verlief ungestört, und der nächste Tag war ausgefüllt mit Vorbereitungen auf den großen Schlag, der von Stunde zu Stunde näher rückte …

Wer zahlt in der Pompeji-Bar?
    In der Nacht vom 15. zum 16. Januar 1941 entschied sich das Schicksal des tollkühnen Planes, den Werra und der ›Chief‹ gefaßt und vorbereitet hatten. Drei Rollkommandos von Offizieren standen für den ersten Angriff bereit. Der Rest würde nach der Überzeugung der Verschwörer einen Kampf Mann gegen Mann zwischen 1.050 deutschen PWs und etwa 1.500 Engländern werden.
    In dieser Nacht lag eine knisternde Spannung über dem Achterschiff, wo die Deutschen untergebracht waren. Gegen 4.30 Uhr morgens meldeten Späher, daß der Morseverkehr mit Blaulampen zwischen den Schiffen des Konvois so gut wie aufgehört hatte. Kurz darauf schlug die Kompassnadel an dem kleinen goldenen Taschenkompaß des Fliegers Wacker um 90 Grad aus. Die ›Duchess of York‹ fuhr plötzlich nach Nordwesten. Offenbar lief sie jetzt mit Kurs nach Kanada. Die Frage war nur noch, ob sie wirklich allein lief.
    Als die Gefangenen zum täglichen Schwimmwestenappell um acht Uhr an Deck strömten, schien das Meer leer zu sein. Kaum waren die Schwimmwesten verstaut und das Kommando »Wegtreten« ausgesprochen, da stürzten sie an die Reling. Auf Steuerbordseite war nichts zu sehen als offenes Meer, bräunlich und verschleiert von den warmen Regengüssen des Golfstromes. Sie rannten nach Backbord. Auch dort schien die Luft auf den ersten Blick rein zu sein. Dann aber reckte einer der Verschwörer den Hals und sah an den Rettungsbooten vorbei nach vorn. »O Himmel, Arsch und Zwirn!« war alles, was er sagte. Es war der Leitende Ingenieur, der im Ernstfall die Maschinenanlage der ›Duchess of York‹ übernehmen sollte.
    »Aus!« sagte der ›Chief‹. Einer nach dem anderen schaute an dem Rettungsboot vorbei nach vorne. In Steinwurfweite, ein wenig nach Backbord herausgestaffelt, schwamm das britische Schlachtschiff ›Ramillies‹. Es kämpfte hart gegen den Seegang an. Mitunter verneigte es sich tief, und dann wehte Salzstaub und Gischt bis zu den schweren Panzertürmen hinauf, deren Geschütze nach achtern zeigten.
    »Der macht Hackfleisch aus uns, bevor wir den ersten Funkspruch abgegeben haben«, sagte der Chief. Dann verließ er das Deck. Werra und die anderen

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