Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Einer kam durch

Titel: Einer kam durch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: von Werra Franz
Vom Netzwerk:
er zu seinem vorläufigen Wohnsitz erkor.
    Darauf trieb es ihn zum Hafen.
    Nach stundenlanger Suche entdeckte er weit draußen auf der Reede ein Schiff. Sein Herz tat einen Sprung. Ein Japaner! Wenn es ihm gelang, dort an Bord zu kommen, war er gerettet! Aber seine Freude wurde sofort wieder gedämpft. Er erfuhr von einem Hafeninspektor, daß der ›Japs‹ keine Löscherlaubnis habe.
    Der Chief beschloß zu warten. Der Japaner war seine große Hoffnung. Eines Tages würde der Kahn schon im Hafen festmachen. Als es dunkel wurde, pirschte er sich an das Häuschen in der Laubenkolonie heran. Es war leicht zu öffnen. Das Glück schien ihm hold zu sein. Die Bude war leer. Er fand in der Küche einen ganzen Haufen Konserven, und er fand ein Bett. Er machte in dem kleinen Ofen ein Feuer an und bereitete sich eine gewaltige Mahlzeit.
    Die Polizei von Halifax entfaltete währenddessen eine fieberhafte Tätigkeit. Sie suchte alle Torbögen, Obdachlosenasyle und Wartesäle nach dem entflohenen deutschen Marineflieger ab. Aber sie kam nicht auf die Idee, daß der Gesuchte, in warme Decken gehüllt, in einem Schreberhäuschen vor der Stadt hockte, heißen Kaffee schlürfte und in einem gefundenen amerikanischen Kriminalroman las.
    Die nächsten drei Tage verbrachte der Chief damit, nach anderen Reisemöglichkeiten zu suchen, denn der Japaner lag noch immer fern und unerreichbar auf der Reede. Aber wie wollte er reisen, wenn er kein kanadisches Geld besaß?
    Einmal entdeckte er seinen Steckbrief an einer Litfasssäule. Er las ihn aufmerksam durch und merkte zu spät, daß zwei Leute neben ihn getreten waren, die das Ding ebenfalls lasen. Er zwang sich, ruhig stehenzubleiben. Dann murmelte er etwas wie ›Damned Huns …‹ und ging langsam weiter. Niemand beachtete ihn.
    Aber was half ihm seine gute Verkleidung? Geld brauchte er! Kanadische Dollars!
    Seine Lage wurde immer schwieriger, und der Japaner machte keine Anstalten, endlich im Hafen festzumachen.
    Am dritten Tag landete er auf seinen Streifzügen in einer Kneipe des Hafenviertels. Der Wirt war Chinese. Er sah aus wie ein Spelunkenwirt im Film. So ein Mann, dachte der Chief, nimmt jede ausländische Währung zu eigenen Kursen, und er zog seine Pfundnoten aus der Tasche.
    Er hatte sich nicht getäuscht. Der Chinese grinste freundlich. »Du englisch?«
    »Ja, Seemann.«
    »Du keine Dollal? Ich nehmen Pfund englisch guten Kuls!« { * }
    Der Chief gab ihm sein Geld und bekam gute kanadische Dollars dafür. Er prüfte nicht, wie der Wechselkurs bei dem Chinesen stand. Er war froh, endlich Geld in der Hand zu haben.
    »Du Zimmel blauchen, zu mich kommen«, sagte der Chinese.
    Der Chief nahm ein ›Zimmel‹. Es war eine kleine Bude mit einem Doppelbett, offenbar dazu bestimmt, mehr als nur einen Menschen zu beherbergen. Dies ist der richtige Ort, dachte er, um Verbindung mit dem Japaner auf der Rede zu bekommen.
    Aber diesmal hatte der Chief falsch getippt. In der gleichen Nacht gab es eine Razzia im Hafenviertel. Er wurde von zwei Uniformierten der ›Mounted Police‹ aus dem Schlaf geweckt. Er zeigte ihnen seinen gestohlenen Paß und wartete auf den Befehl, sich anzuziehen und mit zur Wache zu kommen. Die beiden Polizisten studierten den Paß aufmerksam, verglichen das Bild und fragten ihn nach seinem Namen, seinem Geburtsdatum und dem Datum, an dem der Paß ausgestellt war. Er hatte diese Zahlen auswendig gelernt und beantwortete sie fließend in einem gepflegten Englisch. Die Polizisten gaben ihm seinen Paß zurück, warfen noch einen verwunderten Blick auf das französische Doppelbett und verabschiedeten sich.
    Nach diesem Zusammentreffen rauchte der Chief eine Zigarette im Dunkeln mit einem Gefühl tiefer Erleichterung. Das war die Feuerprobe gewesen, und er hatte sie bestanden. Die Polizisten waren zweifellos auf der Suche nach dem ausgebrochenen Deutschen, aber sie waren zweifellos auch überzeugt, daß er kein Deutscher, sondern der ›Master of Arms Arthur Wood‹ war – jener Bootsmann der ›Duchess of York‹, dem er Paß und Zivilanzug gestohlen hatte. Mit einem Seufzer der Befriedigung drückte er die Zigarette aus, er schloß die Augen und war gerade eingeschlummert, als erneut schwere Fäuste gegen die Tür hämmerten.
    Es waren wieder die beiden Polizisten. »Tut uns leid, aber Sie müssen mit uns zur Wache kommen. Der Chef möchte Sie sprechen!«
    Er erhob sich, zog sich an und ging mit ihnen. Sie hatten Knüppel und Revolver dabei, eine Flucht war

Weitere Kostenlose Bücher