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Einer kam durch

Titel: Einer kam durch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: von Werra Franz
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plötzlich wieder verschlossen und mißtrauisch gegenüber.
    In Werras Abteil blieb die Stimmung erträglich. Hauptmann Cramer, der Fünfkämpfer, war deutscher Waggonältester; er hatte den Insassen des Waggons klargemacht, daß sich unter ihnen der berühmte Ausbrecher befand, den die Engländer schon einmal aus dem Cockpit einer flugbereiten Hurricane heraus verhaftet hatten, und daß dieser Oberleutnant von Werra also unbedingt das Vorrecht auf einen Fluchtversuch hätte.
    Werra wartete ungeduldig und hoffnungsvoll auf den Abend. Meist saß er am Fenster, einen Arm lässig auf die Fensterbank gelegt. Daß er damit den Spalt des geöffneten Fensters verdeckte, sah niemand. Stand er einmal auf, dann ›fraternisierte‹ er in auffälliger Weise mit den Kanadiern, die ihn offenbar ins Herz geschlossen hatten. Er lachte viel, sprach mit den Händen, wenn ihm ein Wort fehlte, und benahm sich außerordentlich liebenswürdig zu den Posten, von denen niemand ahnte, daß dieser nette junge Mann der gefährlichste Ausbrecher unter den Deutschen war.
    Der Lunch wurde eingenommen. Der Nachmittag kam, frühe Dämmerung senkte sich über das Land. Immer wieder tobten Schneestürme draußen, die Fenster waren fast undurchsichtig. Männer, die an Bord der ›Duchess‹ tollkühne Fluchtpläne erdacht hatten, schauderten angesichts dieser wilden, barbarischen Landschaft. Hier aussteigen? Sie zogen es vor, im Zug zu bleiben.
    Vor Montreal wurde das Abendessen serviert. Es hielt sich an den Standard, den die PWs am Abend vorher zum ersten Mal kennen gelernt hatten. Jeder konnte essen, soviel er wollte. Zum Nachtisch gab es Äpfel.
    »Mann«, sagte Werra, »die machen es einem aber schwer, Abschied zu nehmen. Was die hier betreiben, ist ja Bestechung! Geradezu unanständig von den Kanadiern!« Und er schob einen Riesenhappen Fleisch in den Mund.
    Sie waren alle in aufgeräumter Stimmung. Die Posten sahen es gerne. Sie ahnten nicht, daß sich hinter dieser guten Laune ihrer Schützlinge die Spannung verbarg, die jedem Abenteuer auf Leben und Tod vorangeht.
    Montreal kam mit Verspätung. Der Zug fuhr erst kurz vor Mitternacht weiter.
    »In vier oder fünf Stunden mußt du jumpen!« sagte Wagner.
    »Ihr müßt die Posten irgendwie ablenken«, sagte Werra. Er war dabei, sein Bett zu bereiten. Plötzlich schoß ihm ein Gedanke durch den Kopf. Er breitete seine Wolldecke mit beiden Armen aus. »Wenn ich springe, muß einer von euch so tun, als ob er seine Decke ausschüttelt«, sagte er. »Das gibt eine ideale Deckung für mich ab.«
    »Und die Kanadier werden sofort aufmerksam! Mensch, Werra, stell dir vor, wir stehen mitten in der Nacht im Gang und schütteln unsere Decken aus!«
    »Stimmt«, gab Werra zu. »Das geht nicht. Aber es wäre wirklich ideal.« Die Idee mit den Decken ging ihm noch lange im Kopf herum. Auch Manhart dachte in seiner gründlichen Art darüber nach.
    Vom Nachbarabteil kam ein Mann und setzte sich zu ihnen. Er zog ein Spiel Karten aus der Tasche und machte Kunststücke. Während er die Asse und Damen mischte, sprach er halblaut: »Die Kanadier haben Befehl, solange es dunkel ist, alle halbe Stunde die Zugfenster von außen abzuleuchten! Ist gerade durchgegeben worden. Wenn Werra heute nacht springen will, muß er aufpassen. Die Kanadier sind wild wie die Hornissen. Sie sind bereit, zu schießen! In Montreal ist ein Mann von der Regierung gekommen und hat dem Zugoffizier eine Zigarre verpasst wegen der Springerei heute. Der ist entschlossen, alles zu tun, daß kein weiterer Gefangener abspringt. Sie haben riesige Stabtaschenlampen. Sie klettern aufs Trittbrett, wenn der Zug in einer Kurve ist, und leuchten die Wagen ab.«
    »Danke«, sagte Werra. »Guter Tip. Wie weit sind übrigens die Lords mit ihrem Loch im Fußboden?«
    »Die haben Pech gehabt. Gearbeitet haben sie wie die Neger, aber als sie den Ausstieg ausgesägt hatten, entdeckten sie, daß direkt darunter ein gewaltiger T-Träger entlangläuft. Nun haben sie's erstmal aufgegeben.«
    »Die armen Schweine«, sagte Werra. »Und nun lass mal 'ne Karte raten.«
    Sie rieten Karten, taten, als stimme es jedes Mal, gebärdeten sich überaus erstaunt und lachten wie toll. Und zwischendurch berieten sie leise, wie sich jeder verhalten sollte, wenn Werras Zeit gekommen war. Ein Kanadier trat zu ihnen, sah eine Weile zu und fand, daß diese Jerries von einer geradezu sagenhaft blöden Gemütsart wären.
    »Zeit, schlafen zu gehen, Boys«, mahnte er. Der

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