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Einer kam durch

Titel: Einer kam durch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: von Werra Franz
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die Straßen von Halifax irrte und seine ganze Barschaft gern für eine Tasse Kaffee hergegeben hätte.
    Das Essen lockerte die Stimmung im Zug. Die deutschen Offiziere, die durch den ruppigen Empfang in Halifax hochmütig und verschlossen geworden waren, tauten auf. Sie stellten fest, daß die alten Frontsoldaten der ›Veteran-Guard‹ keine Unmenschen waren. Wagner und Werra verstrickten alsbald ihre Wächter in ausführliche Gespräche.
    Dies war es, was sie in großen Zügen von den Kanadiern erfuhren: Der Transport ging nach dem Ort Schreiber am Oberen See in der Provinz Ontario. Dort sollten die Offiziere im Lager ›W‹ untergebracht werden. Das Ziel der Mannschaften war der Ort Angler, nicht weit von Schreiber. Die Fahrt sollte drei Tage und acht Stunden dauern.
    Werra verzog sich in sein Abteil, nahm die Karte vor, die er sich auf dem Schiff gezeichnet hatte, und besprach mit Wagner die Lage. Ihn interessierte, wo er am besten aus dem Zug springen würde.
    »Erst hinter Montreal«, riet Wagner. Er fuhr mit dem Finger auf der Karte entlang. »Du mußt dir eine möglichst kultivierte Gegend aussuchen, wo du auch mal ein Auto anhalten kannst. Also nicht an der Grenze zum Staate Maine. Das ist 'ne wilde Gegend. Du mußt in den Staat New York rüberwechseln. Also dicht hinter Montreal! Da ist die Grenze noch ziemlich nah. Allerdings liegt der St.-Lorenz-Strom dazwischen, das ist ein Handicap!«
    »Vielleicht ist er zugefroren.«
    »Kann sein. Aber was machst du, wenn er in der Mitte noch offen ist?«
    »Irgendwas werde ich schon finden«, sagte Werra hoffnungsvoll. Für ihn stand es fest. Er würde springen.
    Noch am gleichen Abend, während die Gefangenen sich zum Schlafen bereitmachten, gelang es ihm in dem Durcheinander, die innere Scheibe des Fensters einen Spalt zu öffnen. Er schob einen kleinen Papierballen hinein. Keiner der Posten bemerkte etwas davon. Der erste Schritt war getan. Befriedigt legte er sich zum Schlafen nieder.
    »Hoffentlich kommt niemand vor mir auf die Idee«, sagte er zu Wagner.
    »Ich fürchte, doch«, antwortete der. »Die Sache liegt ja nahe. Außerdem habe ich vorhin gehört, daß unsere Lords von der Kriegsmarine sich an Bord der ›Duchess‹ einen Fuchsschwanz organisiert haben und dabei sind, ein viereckiges Aussteigeloch aus dem Wagenboden herauszuschneiden. Wie sie das bei der Bewachung fertigbringen, ist mir rätselhaft. Jedenfalls hockt da ständig einer unter dem Tisch und sägt.«
    »Wann sind wir in Montreal?« fragte Werra.
    »Der Posten sagte, von Halifax bis Montreal sind es dreiundzwanzig Stunden.«
    »Also morgen abend.«
    »Ja. Etwa hundert Kilometer hinter Montreal mußt du springen. Da ist es nicht weit bis zur Grenze. Bin früher mal mit einem Mädchen die Strecke gefahren.«
    »Wie weit war's genau?«
    »Kann ich nicht mehr sagen.«
    »Hast dich wohl zu intensiv mit dem Mädchen beschäftigt?«
    Wagner grinste. »Konnte ich ahnen, daß ich ein paar Jahre später als Prisoner hier durchfahren würde?«
    »Konntest du nicht«, sagte Werra.
    »Na also. Und nun nimm ein Auge voll Schlaf, wenn du morgen abend springen willst.«
    Wagner hatte recht. Im Verlauf des nächsten Tages sprangen mehrere Gefangene. Der erste hatte Pech. Er hatte die Scheiben eingedrückt und blieb an den gezackten Splittern des Rahmens hängen. Ein bärenstarker Posten packte ihn am Kragen und zog ihn wieder herein.
    Dann sprangen zwei Flieger gleichzeitig, die Leutnante Boehle und Stirnat. Etwas später jumpte ein Infanterist, Oberleutnant Hollmann. Diesen dreien gelang es, vom Zug wegzukommen und für eine Weile in der kanadischen Wildnis unterzutauchen. Doch bereits am Tage nach der Ankunft des Transports in dem Lager ›W‹ erfuhr man, daß alle drei wieder auf kanadischem Boden gefangen worden waren.
    Der nächste, der sprang, war ein Mariner, der Torpedo-Mechaniker Rudolf Müller. Er war ein zwanzigjähriger Junge, der kein Wort Englisch sprach. Er vollbrachte eine geradezu heroische Leistung, trieb sich trotz Winterkälte und Einsamkeit vier Tage in den kanadischen Wäldern umher und tauchte schließlich in der Nähe der amerikanischen Grenze in einer einsamen Siedlung auf, wo man durch Presse und Rundfunk längst über die Ausbrecher informiert war. Dort wurde der halb Verhungerte verhaftet.
    Die hartnäckigen Fluchtversuche der Deutschen machten die kanadischen Zugwächter wild. Ihr Benehmen wurde unfreundlich, mitunter geradezu ruppig. Deutsche und Kanadier standen sich

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