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Einer kam durch

Titel: Einer kam durch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: von Werra Franz
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Brücke zu kommen, ergab sich schon bald. Ein Fuhrwerk, hochbeladen mit Mist, rumpelte auf die Brücke zu. Der Fahrer saß auf dem Bock und döste vor sich hin. Werra warf seine Zigarette weg und schlenderte hinter dem Wagen her. Er hängte seine Jacke an einen der Pfosten des Karrens, zog die Mistgabel herunter, die oben darauf lag, legte sie über die Schulter und marschierte auf die Grenzposten zu. Er hielt den Kopf gesenkt und versuchte, seinem Gesicht den gleichen müden und dösenden Ausdruck zu geben, den auch der braunhäutige Fahrer hatte.
    Die amerikanischen Grenzpolizisten unterhielten sich in breitem, quetschendem Texas-Slang. Als der Mistwagen herankam, wichen sie ein paar Schritte zurück. Die Sonne knallte auf die Mistladung herab, aus der dünne Dunstschwaden hochstiegen. Es stank entsetzlich.
    Die Polizisten hielten sich die Nase zu.
    »Los, mach schon, daß du rüberkommst«, brüllte einer dem Fuhrmann zu. Dieser hob den Kopf, grunzte und ließ die Peitsche knallen. Werra grinste den Amerikanern zu. Sie wußten nicht, daß dies sein Abschiedsgruß für Gottes eigenes Land war. Am Ende der Brücke legte er die Mistgabel wieder auf den Wagen zurück, nahm seine Jacke vom Pfosten und mischte sich unter die Menge. Der Fahrer des Wagens hatte noch nicht einmal gemerkt, daß er einen heimlichen Begleiter mit über die Grenze gebracht hatte.
    Die Vorschriften für den kleinen Grenzverkehr in Mexiko sehen vor, daß Einreisende aus den Vereinigten Staaten erst 25 Kilometer hinter der Grenze kontrolliert werden. Diese Vorschrift soll es den dollarschweren Besuchern aus den USA erleichtern, ihr Geld in den Spielhöllen und Tingeltangellokalen im mexikanischen Grenzgebiet loszuwerden und sich einen guten Tag zu machen, ohne lange Grenzformalitäten erledigen zu müssen.
    Auf dem Bahnhof von Ciudad Juárez löste Werra eine Fahrkarte vierter Klasse nach Mexiko-City. Es war die billigste Wagenklasse, in der nur die Eingeborenen fahren. Aber Werra konnte sicher sein, daß die mexikanischen Zollbeamten die Benutzer dieser Wagenklasse in Ruhe lassen würden.
    Die Fahrt in diesem Zug, quer durch Mexiko, vorbei an Chihuahua und Torreón und an den Silberbergwerken von Potosi bis zur Hauptstadt des Landes, war eine Fahrt durch eine hitzeglühende Hölle. In dem Abteil, in dem Werra saß, herrschte eine Temperatur wie in einem Backofen. Die Sonne hing wie eine flüssige Bleikugel an dem blaßblauen Himmel. Das Land schien zu brennen. Des Nachts herrschte hingegen grimmige Kälte. Der Zug erkletterte Berge und rasselte durch Tunnels, er jagte durch weite, verdorrte Ebenen, über denen die Luft flimmerte, und keuchte mühsam steile Serpentinen hinauf.
    Werra saß eingezwängt zwischen mexikanischen Bauern, Arbeitern und Viehtreibern, dunkelhäutigen Mädchen, alten Weibern mit verfilzten Haaren und plärrenden Kindern. Die Mexikaner unterhielten sich schnatternd von morgens bis abends. Aber es waren gutmütige Leute, die Werra von ihrem Essen anboten und ihm kühle Tonkrüge mit Wasser und Wein hinhielten. Er versuchte, ihnen mit viel Gesten klarzumachen, wer er sei, aber sie verstanden kein Wort. Sie nickten lächelnd und schnatterten auf ihn ein. Aus ihren Mienen und ihren Handbewegungen konnte er entnehmen, daß sie ihn entweder für einen Adlerjäger oder einen Rennfahrer hielten. Von Flugzeugen hatten sie offenbar überhaupt noch nichts gehört.
    Als er die Santa-Fé-Brücke passierte, hatte er nur die eine Angst gehabt, daß den amerikanischen Grenzpolizisten seine neue mexikanische Kluft auffallen würde, die trotz der Bearbeitung mit dem Dreck des Stadtparks von El Paso immer noch keinen abgenutzten Eindruck machte. Nach zweieinhalb Tagen Fahrt in dem überfüllten Abteil brauchte er sich keine Sorgen mehr zu machen, daß jemand seine Kleidung als unecht empfinden würde. Selbst seine besten Freunde würden ihn kaum noch erkannt haben. Er war verschwitzt und dreckig, gepudert von dem ziegelroten Staub des Landes, der unentwegt durch die offenen Fenster des Abteils hereinflog. Sein Anzug war verkrumpelt, seine Haare klebten am Kopf. Er sah jetzt nicht nur wie ein Mexikaner aus, sondern er roch auch so.
    Am Abend des 28. März traf Werra in Mexiko-City ein. Die deutsche Botschaft hatte von den ›guten Bekannten‹ Werras den Hinweis bekommen, daß der Ausreißer an diesem Tag zu erwarten sei. Werra selbst war mitgeteilt worden, daß die Botschaft in Mexiko-City ihn erwarte.
    Als die Menge sich nach der Ankunft des

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