Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Einer kam durch

Titel: Einer kam durch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: von Werra Franz
Vom Netzwerk:
die Hand entgegen und produzierte sein gewinnendstes Lächeln. Dem Oberleutnant Plant blieb nichts übrig, als die freundschaftlich ausgestreckte Hand zu ergreifen und kräftig zu schütteln.
    Eins zu Null für Werra – denn die kameradschaftliche Begrüßung paßte natürlich keineswegs in das Konzept des Briten. Er hatte den anderen in Verlegenheit setzen wollen, aber dieser fröhliche Bursche schien sich nicht so leicht auspunkten zu lassen. Und nachdem man erst einmal seine Hand gedrückt hatte, würde es wohl nicht mehr so leicht sein, ihn aus dem gehörigen Abstand kühl auf Herz und Nieren zu prüfen.
    Der Oberleutnant Plant, den Werra für den Adjutanten Commander Boniface hielt, war ein typischer guterzogener Subalternoffizier der britischen Luftwaffe. Kein Kriminalist, nur ein ernsthafter Mann, der keinen Fehler machen wollte. Nicht unbedingt mißtrauisch von Natur, lediglich vorsichtig und ein wenig zurückhaltend. Er wollte sichergehen, aber er wollte auch den Fremden nicht beleidigen. Gewiß, das Telefongespräch war ihm verdächtig vorgekommen, aber wenn er sich diesen jungen Holländer jetzt so ansah, dann neigte er doch dazu, seinen anfänglichen Verdacht selbst ein wenig zu übertrieben zu finden.
    Inzwischen führte der unglückliche Fahrer im Hintergrund des Raumes eine kleine Pantomime auf. Er versuchte, durch Gesten dem Offizier klarzumachen, daß der Fremde verlangt hatte, zuerst zum Kontrollturm gefahren zu werden. Daß er, der Fahrer, dies verhindert habe. Daß er die Pistole abgeben wollte. Daß er wissen möchte, ob er hier im Zimmer, oder draußen, ob er überhaupt irgendwo in der Nachbarschaft warten sollte – oder ob er seinen Wagen in die Garage fahren konnte. Der Offizier verstand diese Gesten nur zum Teil. Aber was sollte er tun? Wenn er dem Fahrer jetzt Anweisung gab, den Dienstraum mit der gezückten Pistole zu bewachen, dann würde er aus einem ›Spion‹ bestimmt kein Wort mehr herausbekommen – und wenn der holländische Fliegerhauptmann echt war, dann würde er mit Recht tödlich beleidigt sein, und er selbst wäre der Blamierte. Er konnte sich ja nicht einmal seine eigene Pistole zurückgeben lassen, ohne den Besucher sofort auf die Idee zu bringen, daß er ihn für einen Schwindler hielt – oder für etwas noch schlimmeres … verdammt, vielleicht war der Kerl unter seiner Kombination auch noch bewaffnet! Himmel Herrgott, was macht man in einer solchen Situation?
    »Aber bitte, nehmen Sie doch Platz!« sagte Plant, und er sagte es so dahin, ein bißchen aus Verlegenheit und um Zeit zu gewinnen. »Wollen Sie wirklich nicht ablegen – es ist doch sehr heiß hier.«
    »Nein, danke, das lohnt sich doch gar nicht, meine Maschine muß wirklich jeden Augenblick kommen.«
    Im Hintergrund stand noch immer der Fahrer und ließ die Pistole am Abzugsbügel um den Zeigefinger der rechten Hand kreisen. Das Spiel begann allmählich den Offizier vom Dienst nervös zu machen. Also winkte er kurz ab und sagte: »Fahren Sie den Wagen in die Garage. Ich läute, wenn ich Sie brauche!«
    Der Fahrer schnappte den Zeigefinger zurück, die Pistole machte einen doppelten Salto, dann packte er zu, umgriff mit der Hand den Schaft der Waffe und steckte sie achselzuckend in das lederbesetzte Leinenfutteral. Der Offizier schüttelte den Kopf und biss sich auf die Lippen. Gleich darauf war der Fahrer verschwunden.
    Was sich jetzt entwickelte, war ein Duell hilfloser Höflichkeiten zwischen den beiden Offizieren. Im Grunde wußte keiner, was er vom anderen zu halten hatte, und noch weniger wußte einer, was der andere von ihm selber hielt.
    »Sie sind wirklich sehr freundlich«, meinte Werra und setzte sein liebenswürdigstes Lächeln auf, »aber ich will Sie erst gar nicht bemühen. Ich werde einfach zum Kontrollturm gehen und auf meine Maschine warten. Es kann ja nicht lange dauern!«
    »Aber so bleiben Sie doch im warmen Zimmer«, erwiderte der englische OvD und rückte den einzigen im Zimmer verbliebenen Besucherstuhl zureckt, indem er ihn noch etwas näher an den Ofen schob, »Sie machen mir wirklich keine Umstände. Sobald der Kontrollturm mit ihrer Maschine Verbindung hat, ruft der Wachhabende mich sowieso an. Das geht automatisch. Soll ich Ihnen nicht aus dem Kasino ein Frühstück holen lassen?«
    Franz von Werra warf einen Blick auf seine Hände und machte ein erschrockenes Gesicht. »Nein, danke, ich habe schon mit dem Mann von der Eisenbahn gefrühstückt. Wie sehen nur meine Hände

Weitere Kostenlose Bücher