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Einer kam durch

Titel: Einer kam durch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: von Werra Franz
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Geschichte klang nicht schlecht – nur, wie er sie erzählte, das war wieder wie bei dem Telefongespräch: eine Spur zu beflissen, mit einer zu betonten Gleichgültigkeit dahingeredet. Der Mann war so unausgeglichen, er lachte zu oft einfach zwischen zwei Sätze hinein, und dann brach auch sein Lachen zu schnell ab, und für Momente starrte er dann ausdruckslos vor sich hin. Als ob er dauernd an- und abgeschaltet würde, dachte der Engländer. Aber auch dafür gab es schließlich eine Erklärung. Nach zehn Stunden Flug, Sondereinsatz, Flaktreffer, Bauchlandung – da konnte ein Mann schon mit den Nerven fertig sein.
    Plant hörte eine Weile zu. Plötzlich hob er die Hand …
    Das Telefon hatte geläutet.
    Beide blickten auf den schwarzen Apparat. Werra glaubte zu fühlen, wie das Rad des Schicksals sich zu drehen begann. Wenn dies Dyce bei Aberdeen war, dann mußten die nächsten Sekunden die Entscheidung bringen. Der andere schien die gleichen Gedanken zu haben. Er griff hastig nach dem Hörer und rief:
    »Hallo, Hucknall speaking. Ja, Hucknall. Ist dort Dyce?«
    Werra bewegte sich automatisch auf die Tür zu. Aber er hatte kaum drei Schritte zurückgelegt, als der Ton, in dem der Engländer sprach, sich änderte. Er wurde ruhiger, gleichgültiger. Seine Stimme klang fast ein wenig enttäuscht.
    »Ach so«, sagte der Offizier vom Dienst, »ja, Manchester, ich habe verstanden. – Gut, die Leute sollen sich bei der 3. Staffel melden. – Danke. Ende.«
    Es war der Kontrollturm gewesen. Die Bristol-Blenheim war aus Manchester gekommen und hatte ein paar neue polnische Flugschüler gebracht.
    »Es war doch nicht Ihre Maschine«, sagte der Engländer.
    Das Rad des Schicksals war nach einer einzigen Umdrehung wieder zum Stillstand gekommen.
    Als Thomas Ivanhoe Plant den Kopf hob, war Werra aus seinem Blickfeld verschwunden. Er stand neben der Tür und betrachtete mit sichtlichem Interesse die gerahmte Fotografíe, die eine Gruppe britischer Flieger vor einer ›Spitfire‹ zeigte.
    Der Engländer hätte nicht zu sagen gewußt, warum aber als er den Fremden dort stehen sah, als er sein plötzliches Aufatmen zu hören glaubte, da wurde mit einem Male sein Verdacht zur Gewissheit.
    »Sie haben doch sicher Ihre ›Form 1250‹ bei sich«, sagte er, und seine Stimme hatte wieder die schneidende Schärfe von vorhin. »Darf ich mal sehen?«
    Werra empfand die Frage wie einen Schlag in die Magengrube. Was zum Teufel, war ›Zwölf-fünfzig‹? Er hatte den Ausdruck nie in seinem Leben gehört.
    »Meine Form Zwölf-fünfzig?«
    »Ja, darf ich sie mal sehen?«
    Was war es? Eine Dienstvorschrift? Eine eiserne Ration? Eine Handfeuerwaffe? Ein Ausweis? Was, um Himmels willen, bedeutete ›Form 1250‹? Um Zeit zu gewinnen und den Schein zu wahren – denn irgend etwas wollte der Kerl doch offenbar von ihm haben –, stopfte er die Lederhandschuhe in die Knietasche und begann, an dem Diagonal-Verschluss der Kombination herumzufummeln.
    Es war ein simpler Wollfaden, der ihn diesmal rettete. Ein Faden aus den Fransen des karierten schottischen Schals, den er sich um den Hals gebunden hatte. Der Faden war in den Reißverschluss geraten, so daß der Verschluss nicht gleich aufging.
    »Schicker Anzug«, sagte der britische Offizier neugierig. »Gibt's die nur bei Ihrem Sonderkommando? Noch nie gesehen, diese Kombination.« Es sollte offensichtlich ironisch klingen.
    Aber Werra griff nach dem Gespräch wie nach einem Strohhalm.
    »Nee«, sagte er und ließ die Hände sinken, »das ist mein Privateigentum. Habe ich mir machen lassen für den Dienst auf der Linie Amsterdam-Batavia. Ich war nämlich bei der KLM, müssen Sie wissen. Ist praktischer als diese englischen Kombis, finde ich. Angenehmer zu tra …«
    »Sie wollten mir Ihre ›Zwölf-fünfzig‹ zeigen, Captain!« mahnte der Brite.
    Inzwischen war bei Werra der Groschen gefallen. ›Form 1250‹ konnte nur einen Personalausweis bedeuten, nicht die Erkennungsmarke. »Form« klang irgendwie nach Papier; die Marke aber war aus Hartgummi. Er beschloß, es darauf ankommen zu lassen. Er ging einen Schritt auf den Schreibtisch zu und sagte erstaunt:
    »Sie wissen doch genau, daß wir diese Dinger nicht bei einem Flug über feindliches Gebiet mitnehmen. Schon gar nicht bei einem solchen Sondereinsatz. Und besonders nicht als Holländer, der den Nazis sozusagen ausgerissen ist. Natürlich liegt meine Zwölf-Fünfzig in Aberdeen. Warum fragen Sie?«
    In seiner Stimme klang jetzt der

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