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Einer trage des anderen Schuld

Einer trage des anderen Schuld

Titel: Einer trage des anderen Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Nacht im Gefängnis verbringen. Das ist … das ist entsetzlich! Das weißt du doch ebenso!«
    »Margaret, es gibt nichts, was ich heute Nacht unternehmen könnte …«
    »Und das ist der Grund, warum er gerade jetzt zugeschlagen hat, nicht wahr? Er hat Vater so spät am Abend verhaftet, um dir jede Möglichkeit zu nehmen, dagegen vorzugehen. Hätte er ihn tagsüber verhaftet, hättest du ihn gleich befreien können! Oliver, du musst ihnen zeigen, dass das nichts als ein persönlicher Rachefeldzug ist! Papa hat gesagt, dass Monk ein sprunghafter und gehässiger Mann ist. Das wollte ich ihm nicht glauben, allein schon, weil ich zu dir halte. Aber Vater hatte recht. Monk wird ihm nie verzeihen können, dass er sich Jericho Phillips’ angenommen und sich um seine Verteidigung gekümmert hat. Du hast dann ihn und Hester vor Gericht schlecht, um nicht zu sagen wie Narren aussehen lassen, und jetzt übt er dafür Rache – an euch beiden!«
    »Margaret!« Rathbones Stimme war scharf, gebieterisch. »Hör auf damit! Ja, Monk hat den Prozess gegen Phillips verloren, aber ich bin nicht stolz auf meine Rolle dabei. Ich habe getan, was das Gesetz erfordert, was die Gerechtigkeit verlangt. Monk wusste das und hat es auch verstanden.«
    Mit tränenfeuchten Augen entzog sie sich seinem Griff. Es waren Tränen des Zorns und der Angst vor einem Grauen, das sie nicht in Worte fassen konnte. »Oliver?«
    »Hör mir zu!«, befahl er. »Monk will diesen widerwärtigen Menschenhandel vom Fluss verbannen. Und diese Machenschaften sind viel schlimmer als alles, wovon du in der Portpool Lane gehört hast. Einige von diesen Kindern sind nicht älter als fünf, sechs Jahre.« Er ignorierte, dass sie erschrocken nach Luft schnappte und ihre Züge sich verzerrten. »Vielleicht ist er ein bisschen übereifrig, aber wir brauchen Leute mit Leidenschaft, um das verbrecherische Geflecht zu zerstören, Leute, deren Anteilnahme so weit geht, dass sie viel riskieren. Diesmal hat er einen Fehler gemacht. Allerdings geht er nur dorthin, wohin ihn die Indizien, wie er glaubt, führen.«
    Sie blinzelte heftig, doch die Tränen flossen weiter über ihre Wangen. »Du wirst dich für Vater einsetzen, du musst. Du wirst …«
    »Nur, wenn er das möchte. Die Wahl liegt allein bei ihm. Es könnte sein, dass er jemand anders vorzieht.«
    »Das wird er selbstverständlich nicht!« Margaret war empört, doch unter dem Zorn sah Rathbone eine verzweifelte Angst schwelen. »Du musst ihm helfen, Oliver! Oder willst du sagen, dass deine Freunschaft mit Monk dich …«
    Er sagte das Einzige, das ihm möglich war. »Er ist dein Vater, Margaret. Natürlich werde ich mich für ihn einsetzen, solange das sein Wunsch ist. Aber sei darauf gefasst, dass er einen anderen Verteidiger vorziehen könnte, weil ich ihm womöglich zu nahestehe.« Was er nicht hinzufügte, war, dass Ballinger ihm wegen seiner Freundschaft mit Monk misstrauen könnte.
    Ein Teil ihrer Angst fiel von Margaret ab. »Natürlich«, sagte sie leise. »Es tut mir leid. Ich … es ist so schrecklich ungerecht! Es ist wie ein Albtaum, einer von der Sorte, bei der sich alles, was man liebt, vor den eigenen Augen in etwas anderes verwandelt. Man will etwas in die Hand nehmen, und plötzlich wird es zu etwas ganz Schrecklichem! Eine Tasse Tee wird zu einer Schale voller Maden … Oder ein Mensch, den man sein Leben lang gekannt hat, verwandelt sich in ein Tier, eine abscheuliche Bestie.« Jetzt strömten die Tränen ungehemmt.
    Zögernd streckte er die Hand nach ihr aus und berührte sie, ehe er sie zu sich heranzog und an sich drückte. Er war sich nicht sicher, ob sie sich losreißen würde, denn im ersten Augenblick erstarrte sie. Doch dann schmiegte sie sich an ihn und ließ sich von ihm halten.
    »Ich muss zu den anderen gehen und ihnen Bescheid sagen«, murmelte er. »Sie werden sich schreckliche Sorgen machen, und wir müssen ihnen versichern, dass wir alles tun werden, was erforderlich ist, um diese Sache so schnell und so diskret wie möglich aus der Welt zu schaffen.«
    »Ja.« Widerstrebend löste sie sich aus seinen Armen. »Natürlich.«
    Er holte noch einmal tief Luft, dann wandte er sich von ihr ab und trat ins Speisezimmer. Nachdem er die Tür geschlossen hatte, drehte er sich zu den anderen um. Die Frauen saßen wie Statuen am Tisch und starrten ihn an. Die Männer standen allesamt.
    »Was, zum Teufel, ist da los, Oliver?«, verlangte George zu wissen. »Wo ist unser

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