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Einer trage des anderen Schuld

Einer trage des anderen Schuld

Titel: Einer trage des anderen Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Monk? Wenn Sie das vorhaben, muss ich den Saal räumen lassen oder zumindest die anwesenden Damen hinausbitten.«
    »Ich war nicht Zeuge bei diesen Akten«, entgegnete Monk steif. »Wäre ich zugegen gewesen, hätten sie nicht stattgefunden. Ich wollte vielmehr sagen, dass sie fotografiert wurden und die so entstandenen Bilder zur Erpressung der wohlhabenderen unter den daran beteiligten Herren verwendet wurden.«
    Der Richter runzelte die Stirn. »Ich wusste gar nicht, dass es möglich ist, Menschen zu fotografieren, wenn sie sich bewegen, Mr Monk. Ist nicht selbst mit den allerneuesten Geräten eine Belichtungszeit von fünf bis zehn Sekunden nötig?«
    »Doch, Mylord, aber die Teilnehmer posierten ganz bewusst für diese Bilder. Das war Teil des Initiationsrituals als Grundlage für die Aufnahme in den Club. Ein zusätzliches Element des Risikos, das bei diesen Männern ihr Vergnügen und ihr Gefühl von Kameradschaft steigerte.«
    »Wussten Sie das zum damaligen Zeitpunkt bereits?«
    »Nein, Mylord, aber aufgrund vorangegangener Erfahrungen mit einem sehr ähnlichen Boot etwas weiter stromabwärts hatte ich einen großen Teil davon bereits vermutet.« Monk stellte sich dem Blick des Richters. Seine Augen waren kalt, sein Gesicht zeugte von Härte und Verletztheit.
    »Ich verstehe.« Der Richter wandte sich Winchester zu. »Ich erwarte von Ihnen einen Beweis für jeden einzelnen Aspekt, einen, der über jeden vernünftigen Zweifel erhaben ist.«
    »Sehr wohl, Mylord. Ich werde die Geschworenen diesbezüglich nicht im Unklaren lassen. Ich wünschte, nichts davon wäre nötig.« Er drehte sich zu den Geschworenen um. »Ich bitte Sie um Entschuldigung, meine Herren. Was nun folgt, wird Sie alle sehr belasten, aber um der Gerechtigkeit willen kann ich Ihre Gefühle nicht schonen. Ich …« Er breitete in einer Geste der Hilflosigkeit beide Arme aus.
    Rathbone wusste genau, was Winchester tat, und er hatte keine Möglichkeit, ihn daran zu hindern. Dass Winchester raffiniert vorgehen würde, hatte er erwartet, doch er hatte gehofft, sein Gegner würde sich seiner Sache so sicher sein, dass er das eine oder andere für selbstverständlich hielt und sich in eine Falle locken ließe. Bisher ging er allerdings behutsam zu Werke, was die Einzelheiten umso entsetzlicher erscheinen ließ. Nichts von dem, was er vorbrachte, bot die geringste Angriffsfläche, nichts war überflüssig oder klang hysterisch. Es infrage zu stellen würde verzweifelt wirken, wie ein erstes Zeichen dafür, dass Rathbone sich seiner Sache nicht sicher war.
    Er konnte Margaret jetzt nicht auf der Galerie suchen, doch er wusste, dass sie ihn beobachtete, voller quälender Spannung darauf wartete, dass er etwas tat, irgendetwas, anstatt hilflos dazusitzen. Im Augenblick musste es so wirken, als gestattete er Winchester, nach Belieben zu walten. Wie konnte er, Rathbone, ihr und ihrer Mutter erklären, dass er sich mit nutzlosen Angriffen nur selbst schadete, aber keineswegs Winchester?
    Am besten, er schlug sich die Gedanken an sie aus dem Kopf; für nichts durfte jetzt Platz sein, außer für die Verteidigung. Die Schlacht war alles.
    Monk sprach mit leiser, zittriger Stimme weiter. Er war bei der Beschreibung der Fotografien angelangt, die er gesehen hatte.
    Winchester hielt ein Päckchen hoch. »Hier sind die Bilder. Mylord, wenn Sie es für nötig erachten, können sie den Herren Geschworenen gezeigt werden, nur damit kein Zweifel daran besteht, dass Mr Monks Worte lediglich eine zurückhaltende Beschreibung der schrecklichen Wahrheit sind.«
    Der Richter beugte sich über sein Pult und streckte die Hand aus.
    Winchester trat zu ihm hinüber und reichte ihm das Päckchen. Seine Lordschaft öffnete es und schaute hinein.
    Rathbone hatte die Bilder zwar nie zu Gesicht bekommen, aber die Miene des Richters genügte, um seine Vorstellungskraft zu beflügeln, eine Flamme zu entfachen, die heller leuchtete und schlimmere Schmerzen zufügte, als die Realität das vermocht hätte, denn in seinem Geist wurde sie zu etwas Lebendem, zu einem Ungetüm, das sich stets wandelte und das er nicht kontrollieren konnte.
    Dieser verdammte Winchester!
    Er warf einen Blick auf die Geschworenen. Ihre Mienen sprachen Bände. Ein Mann war kreidebleich und blinzelte heftig, weil er nicht wusste, wohin er blicken sollte. Ein anderer rieb sich das Gesicht, als wäre ihm etwas peinlich. Einer hustete und schnäuzte sich ausgiebig. Andere schauten sich im Gerichtssaal um,

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