Einer trage des anderen Schuld
Geschworenen das durchschauten.
»Haben Sie noch etwas für diesen Prozess Relevantes vorzubringen, Mr Winchester?«, drängte der Richter mit unverhohlener Ungeduld. »Zum Beispiel etwas Konkretes wie Angaben zu den Waffen, mit denen Mr Parfitt überfallen wurde? Bisher haben Sie nur eine Handvoll abstoßender Fotografien geboten und ein Netz von Spekulationen, von welchen Sie aber keine in einen Zusammmenhang mit dem Beschuldigten bringen konnten.«
Winchester zeigte sich gebührend einsichtig und sprach Monk noch einmal an. »Sir, Seine Lordschaft hat kluge Argumente und hat mich freundlich daran erinnert, dass ich noch die Waffen erwähnen muss, mit denen diesem widerwärtigen Mann das Leben genommen wurde. Haben Sie sie gesucht, und konnten Sie sie finden?«
»Die Waffe, mit der er den Schlag auf den Kopf bekam, habe ich nicht entdeckt«, erklärte Monk. »Es ist schwierig festzustellen, was das gewesen sein könnte. Ein kräftiger Ast, beispielsweise, aber auch eine herausgebrochene Holzplanke oder ein Ruder. Solche Gegenstände lagen haufenweise am Ufer herum oder trieben im Wasser.«
Winchester wirkte leicht befremdet, unterbrach Monk aber nicht.
»Was wir aber fanden, war die Waffe, mit der er erdrosselt wurde«, fuhr Monk fort. »Es war ein dunkelblaues Halstuch mit einem ungewöhnlichen Leopardenmuster darauf, eine Dreiergruppe, sehr klein, ein Tier über dem anderen, in Gold. Das Tuch war aus reiner Seide und wies in leicht unregelmäßigen Abständen sechs sehr fest geknüpfte Knoten auf.«
»Ah! Und Sie legten diesen bemerkenswerten Gegenstand zum Vergleich an die Kehle des Toten, wie ich annehme?«
»Jawohl, Sir. Die Knoten passten genau auf die Blutergüsse.«
Winchester ließ den Geschworenen Zeit, diese wichtige Information zur Kenntnis zu nehmen. »Wirklich? Und wo haben Sie das Tuch gefunden?«
»Der Polizeiarzt hatte es von Parfitts Hals heruntergeschnitten.«
Im Gerichtssaal entstand Unruhe, und wieder wurde überall nach Luft geschnappt.
»Und konnten Sie den Eigentümer des Tuches aufspüren?«, erkundigte sich Winchester.
»Jawohl, Sir. Es gehört einem gewissen Mr Rupert Cardew …« Der einsetzende Aufruhr hinderte Monk daran weiterzusprechen.
Als der Richter schließlich wieder für Ruhe gesorgt hatte, dankte ihm Winchester und forderte Monk auf fortzufahren.
»Mr Cardew sagte aus, dass ihm der Gegenstand am Abend vor dem Mord gestohlen worden war, und später stießen wir auf Hinweise, dass es sich tatsächlich so verhalten hat.«
»Belasteten diese Hinweise Arthur Ballinger?«
»Nein, Sir.«
»Was dann, Mr Monk? Wie Ihnen Sir Oliver sicher gleich vorhalten wird, hat Ihre Untersuchung bisher nichts erbracht, was Mr Ballingers Namen in irgendeiner Weise ins Spiel bringen, geschweige denn seine Schuld nahelegen würde!«
»Eine kurze handgeschriebene Mitteilung, mit der Parfitt aufgefordert wurde, den Schreiber auf dem Boot zu treffen, und zwar am Abend seines Todes«, antwortete Monk.
Erneut entstand Unruhe im Saal, und es dauerte eine Weile, bis der Richter wieder für Ordnung gesorgt hatte.
»Und wo haben Sie dieses außergewöhnliche Dokument entdeckt?«, wollte Winchester wissen.
»Auf einer Mitteilung, die mir einer von Mr Parfitts Helfern gegeben hatte, vermutlich, ohne sich ihrer Bedeutung bewusst zu sein.«
»Erstaunlich! Und trug diese Aufforderung die Unterschrift des Angeklagten?«
»Nein. Sie stand auf der Rückseite eines Blattes, das eine Auflistung von Medikamenten enthielt, welche für die Vergabe an Patientinnen der Klinik in der Portpool Lane bestimmt waren.«
Winchesters schwarze Augenbrauen schossen in die Höhe. »Gütiger Himmel! Sind Sie sicher?«
»Ja. Wir sind damit zu der Klinik gegangen und haben Frauen, die dort arbeiten, gebeten, es zu identifizieren …«
»Einen Moment bitte. Was brachte Sie darauf, dass es irgendetwas mit der Klinik zu tun haben könnte, Mr Monk?«
»Es war eine Liste von Medikamenten. Ich fragte meine Frau, die selbst Krankenschwester ist, ob sie etwas damit anfangen könne. Sie wusste sofort, was es war. Und sie erkannte auf Anhieb anhand der Handschrift und der aufgelisteten Medikamente, wer die Aufstellung gemacht hatte und wann.«
Völlige Stille trat ein.
Rathbone überlegte fieberhaft, welche Fragen er Monk stellen konnte, mit denen sich das letzte Indiz zunichtemachen ließ. Ein Blick auf Monks Gesicht verriet ihm, dass dieser auf den Gegenschlag vorbereitet war, ja, geradezu darauf wartete. War es
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