Einer trage des anderen Schuld
auch auf Sie zutreffen.«
Winchester verbarg sein Gesicht in den Händen.
In der Galerie sprang Rathbones Schwager George auf, wurde aber von Wilbert zurückgerissen.
Entsetztes Stöhnen, unterdrücktes Lachen und ahnungsvolles Raunen füllten den Gerichtssaal.
Einer der Geschworenen erlitt einen Hustenanfall und fand sein Taschentuch nicht. Ein Kollege lieh ihm seines.
Rathbone hatte die Wahl zwischen zwei Optionen, und er musste sie auf der Stelle treffen. Er konnte entweder versuchen, sich zu verteidigen – was gegen Monks tödliche Bemerkung so gut wie unmöglich war –, oder er trat den würdevollen Rückzug an. Er entschied sich für Letzteres. So konnte er wenigstens den Anstand wahren.
»In der Tat«, gestand Rathbone Monk mit einer Neigung des Kopfes zu. »Aber angesichts der jeweiligen Vorgeschichte Ihres Buchhalters und meines Mandanten ist meine Vermutung eher begründet.«
»Mein Buchhalter sitzt nicht auf der Anklagebank«, belehrte ihn Monk.
»Noch nicht.« Jetzt lächelte auch Rathbone.
Der Richter war f W inchester einen Blick zu, doch dieser erhob keinen Einwand. Er genoss das Wortgefecht.
Rathbone holte tief Luft und sammelte sich. »Der Punkt, um den es hier geht, Mr Monk, ist doch, ob diese Nachricht Mr Robinson noch leichter in die Hände hätte fallen können als Mr Ballinger, der nicht zu den Besuchern der Klinik gehört, ja, der noch nie dort gewesen ist.«
»Das hängt doch davon ab, ob Lady Rathbone die Liste in der Klinik, bei sich zu Hause oder im Haus ihrer Eltern liegen ließ«, entgegnete Monk. »Da der Angeklagte ihr Vater ist und Sie ihr Mann sind, ist ihre Aussage zwangsläufig wertlos. Oder es ist möglich, dass sie sich einfach nicht erinnern kann.«
Jetzt war Rathbone der letzte Ausweg verbaut. Ihm blieb nichts anderes übrig, als diesen Ansatz aufzugeben. Er entschied sich für einen Neuanfang.
»Mr Monk, in Ihrer gestrigen Aussage haben Sie erklärt, dass Sie Mr Rupert Cardew aus dem Kreis der des Mordes an Mickey Parfitt Verdächtigen aussortiert haben. Das taten Sie, obwohl es doch unbestreitbar scheint, dass es sich bei seinem Halstuch, mit dem er am fraglichen Tag gesehen worden war, um das Band handelte, mit dem Parfitt erdrosselt wurde. Als Grund für Ihre Entscheidung gaben Sie die Aussage einer Zeugin an, die einen Eid darauf geleistet hatte, dass dieses extrem auffällige Halstuch Mr Cardew gestohlen worden war, was also am späten Nachmittag desselben Tages geschehen sein muss. Ich bin mir sicher, dass die Geschworenen sich wie auch ich fragen werden, wie ein Mann zulassen kann, dass ihm ein Tuch vom Hals abgenommen und gestohlen wird, und wir warten gespannt darauf, dass Mr Winchester diese Person aufruft, damit wir es von ihr persönlich erfahren können.«
Monks Gesicht war angespannt. Rathbone sah ihm an, wie elend er sich auf einmal fühlte, obwohl er sich angestrengt darum bemühte, sich nichts anmerken zu lassen. Der gerade erst errungene Triumph war Vergangenheit. Die Schlacht begann von Neuem. Und Monk spürte das ebenfalls. Er richtete sich auf, und die Haltung seiner Schultern änderte sich geringfügig. Der Stoff seines kostbaren Jacketts straffte sich. Ob das den Geschworenen auffiel? Winchester hatte es gewiss bemerkt.
Monk schwieg.
Winchester erhob sich nicht, um zu fragen, was der Zweck dieser Vorrede sein sollte. Damit hätte er nur auf eine Gefahr für ihn selbst hingewiesen, auf etwas Komplexes, etwas Verborgenes.
»Wie stießen Sie auf diese Zeugin, Mr Monk?«, fuhr Rathbone fort.
»Zu dem Zeitpunkt verdächtigten wir noch Mr Rupert Cardew, Parfitt ermordet zu haben«, antwortete Monk in ruhigem Ton, der anders als seine verkrampfte Körperhaltung keine Emotionen erkennen ließ. »Nach der Entdeckung des Halstuchs und dessen Identifizierung als sein Eigentum war das naheliegend. Als wir dann seine Unternehmungen am Tag von Parfitts Tod zurückverfolgten, erfuhren wir unter anderem auch von dem Verlust des Halstuchs.«
»Wie konnten Sie eigentlich zweifelsfrei ermitteln, dass es Rupert Cardew gehört?« Rathbone ließ Unschuld, ja, sogar Bewunderung anklingen.
»Zunächst war es ganz logisch, anzunehmen, dass der Besitzer des Tuchs Parfitt kannte«, erklärte Monk. »Die Tatsache, dass es sichtlich teuer war, deutete darauf hin, dass es einer seiner wohlhabenderen Kunden sein musste. Solche Leute gehörten aber nicht Parfitts gesellschaftlichem Umfeld an, noch hätte er in ihren Kreisen verkehren können. Darum war es
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