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Eines Greifen Ei

Eines Greifen Ei

Titel: Eines Greifen Ei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Swanwick
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Eier.
    Die Stimmung der Leute schwankte in anfälliger Balance, bereit, jeden Augenblick beim leisesten Hauch in Beifall oder Wut umzukippen. Gunther hob den Arm. »General«, sagte er mit lauter Stimme. »Hier spricht Soldat Weil. Ich erwarte meine Befehle. Sagen Sie mir, was ich tun soll.«
    Gelächter wogte durch den Raum, und die Spannung wich. Ekatarina antwortete: »Nehmen Sie den Ihnen am nächsten Stehenden, und fangen Sie an, die Betroffenen aus dem Verwaltungsbereich zu entfernen. Führen Sie sie hinaus ins Freie, wo sie sich nicht so leicht verletzen können. Sobald Sie einen Raum oder Korridor freigeräumt haben, sperren Sie ihn fest zu. Haben Sie das verstanden?«
    »Sehr wohl, Madam.« Er klopfte dem Anzug, der ihm am nächsten stand, auf die Schulter, und sein Helm senkte sich zu einem kurzen Nicken. Doch als sie sich zum Gehen umwandten, war ihnen der Weg durch die dichtgedrängten Körper versperrt.
    »Sie da!« Ekatarina ließ einen Finger vorschnellen. »Begeben Sie sich zu den Schleusen der Farmen, und verschließen Sie sie mit Schaum. Ich möchte kein Risiko eingehen, daß sie kontaminiert werden. Jeder, der erfahren im Betreiben von Produktionsstätten ist - wohl die meisten von uns, denke ich -, soll sich einen Ferngesteuerten suchen und sich ans Werk machen, alle Öffnungen zu schließen. Das KMP wird Ihnen mit Anweisungen helfen. Wenn Sie nichts anderes zu tun haben, bilden Sie Gruppen zum Räumen der Korridore. Ich werde eine Generalversammlung einberufen, sobald wir einen umfassenderen Aktionsplan ausgearbeitet haben.« Sie hielt inne. »Habe ich etwas vergessen?«
    Überraschenderweise antwortete ihr das KMP: »Es gibt dreiundzwanzig Kinder in der Stadt, darunter zwei siebenjährige Vormündige und ansonsten Fünfjährige oder jüngere, Sprößlinge registrierter lunarer Dauerkomponenten. Die allgemeine Regelung lautet, daß Kindern in besonderem Maße Schutz und Fürsorge zusteht. Die Kapelle auf der dritten Eben kann in einen Hort für die Kleinen umgewandelt werden. Die Kunde soll verbreitet werden, daß alle Kinder, die gefunden werden, dorthin gebracht werden sollen. Eine vertrauenswürdige Person soll damit beauftragt werden, sich um sie zu kümmern.«
    »Mein Gott, ja.« Sie wandte sich an den angriffslustigen Mann vom Zentrum und sagte bissig: »Das können Sie machen.«
    Er zögerte, dann salutierte er höhnisch und wandte sich zum Gehen.
    Das brach den lähmenden Bann. Die Menge begann sich zu zerstreuen. Gunther und seine Assistentin - es stellte sich heraus, daß es sich um Liza Nagenda handelte, eine Bodenratte wie er selbst - machten sich an die Arbeit.

    IN SPÄTEREN JAHREN sollte sich Gunther an diese Epoche erinnern als eine Zeit, in der sein Leben in einen dunklen Tunnel geriet. Während langer, alptraumhafter Stunden schleppten sich er und Liza von einem Büro zum nächsten, von einer Abstellkammer zur anderen, und bemühten sich, die Betroffenen aus den Räumen der Korporativen Gesellschaft und hinaus ins Freie zu befördern.
    Die Betroffenen erwiesen sich als nicht kooperativ.
    Die ersten paar Räume, die sie betraten, waren leer. Im vierten war eine verstört aussehende Frau voller Hingabe damit beschäftigt, Schubladen und Aktenschränke zu durchwühlen und ihren Inhalt durch die Gegend zu schleudern. Ein wirres Durcheinander bedeckte den Boden. »Irgendwo hier drin muß es sein. Irgendwo hier drin muß es sein«, sagte sie in panischer Aufregung.
    »Was ist da drin, meine Liebe?« fragte Gunther besänftigend. Er mußte laut sprechen, damit er durch den Helm gehört werden konnte. »Was suchen Sie denn?«
    Sie legte den Kopf in den Nacken und setzte ein Lächeln voll boshaften Entzückens auf. Mit beiden Händen strich sie sich das Haar zurück, hob es mit nach oben angewinkelten Ellbogen auf den Hinterkopf und klemmte es sich dann strähnenweise hinter die Ohren. »Das ist egal, weil ich es jetzt ganz sicher finden werde. Zwei Skarabäen erscheinen und dazwischen die strahlende Sonnenscheibe; das ist ein gutes Omen, ganz zu schweigen davon, daß es ein Sexsymbol ist. Ich habe Sex gehabt, soviel Sex, wie man sich nur wünschen kann, im Alter von neun Jahren bin ich hinter dem Außenklo vom Echsenkönig gerammelt worden. Was machte es mir aus? Ich hatte damals Flügel und dachte, daß ich fliegen könnte.«
    Gunther trat ein bißchen näher an sie heran. »Was Sie sagen, ergibt überhaupt keinen Sinn.«
    »Wissen Sie, Tolstoi hat erzählt, daß es im Wald hinter

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