Eines Tages geht der Rabbi
einen Augenblick. «Er weiß, daß du Jüdin bist?»
«Natürlich.»
«Und es stört ihn nicht?»
«Ich bitte dich, Mum! Wen stört das heute noch?»
«Es könnte deinen Vater stören. Er ist schließlich Präsident der jüdischen Gemeinde.»
«Keine Angst, wir werden für die Trauung einen Rabbi nehmen. Das habe ich Jack von Anfang an klargemacht. Da die Familie der Braut die Trauung ausrichtet, meine ich, daß wir es auf unsere Art machen sollten.»
«Du meinst, er wäre bereit zu konvertieren?»
«Aber nein. Selbst wenn er wollte, wäre ich dagegen. Es wäre politisch ein Handikap für ihn. Ich würde ihn ebensowenig konvertieren lassen, wie ich selbst konvertieren würde.»
«Dann weiß ich nicht, ob der Rabbi es machen würde», meinte Mrs. Magnuson zweifelnd. «Ich glaube, es gibt eine jüdische Bestimmung, die dagegenspricht.»
«Das ist doch Unsinn. Ich war vor zwei Jahren Brautjungfer bei der Trauung von Tody Berman. Der Bräutigam war Christ, und sie hatten einen Rabbi mit einem schönen Bart, der den nötigen Hokuspokus veranstaltete. Allerdings fällt mir jetzt ein, daß Toby gesagt hat, sie hätten ihn extra von außerhalb holen müssen, er saß irgendwo in New Hampshire.»
«Ich werde mal mit Vater darüber reden. Vielleicht lädst du Scofield demnächst mal zum Abendessen ein?»
«Gern.» Laura freute sich. «Er wird dir bestimmt gefallen, und Dad auch.»
«Hoffentlich. Doch, bestimmt wird er uns gefallen.» Mrs. Magnuson stand auf. An der Tür zögerte sie. «Hast du auch mal an eine standesamtliche Trauung gedacht? Dein Vater ist ganz gut mit Richter Pearsall vom Obersten Gerichtshof von Massachusetts bekannt.»
Laura machte schmale Lippen. Ihre Mutter kannte diesen Ausdruck. Sie wußte, daß dann nichts und niemand mehr Laura von ihrem Entschluß abbringen konnte. «Es ist meine Hochzeit, und da bestimme ich. Und es ist ganz gut, wenn Jack das von vornherein klar ist.»
24
Cesare Orlando, Polizeichef von Revere und von seinen Freunden Chezzie genannt, hielt es im Interesse regionalen Einvernehmens für geboten, Chief Lanigan persönlich Bericht zu erstatten. «Hugh? Hier Chezzie Orlando. Wollte dir nur sagen, daß wir diesem Fall von Fahrerflucht nachgegangen sind. Ich hab Detective Lance geschickt. Kennst du den? Sieht aus wie ein Bestattungsunternehmer. Sehr gut in solchen Sachen. Mitfühlende Seele.»
«Da habt ihr bestimmt oft Verwendung für ihn», meinte Lanigan.
«Komm, komm, Hugh. Vergiß nicht, daß wir eine Großstadt sind und kein Provinznest wie ihr. Also Lance ist zu der Adresse gezogen. Ein Apartmenthaus, so eine Art Wohnhotel. Nicht übermäßig sauber, aber sonst ganz anständig. Besonderen Ärger gibt’s dort eigentlich nicht. Meist Durchgangspublikum, aber etliche Leute wohnen schon seit Jahren dort.»
«Verstehe.»
«Eine Frau hat ihm aufgemacht. Machte einen ganz ordentlichen Eindruck, nicht aufgetakelt, so um die Fünfunddreißig, vielleicht ein bißchen älter. Sie lebten seit ein paar Monaten zusammen, sie und das Opfer, dieser Tony D’Angelo. Heutzutage ist das praktisch wie verheiratet.»
«Hat sie auch einen Namen?» Lanigan griff nach einem Block.
«Hab ich den noch nicht gesagt? Mildred Hanson. Sie hat es sich gern gefallen lassen, daß die Nachbarn sie Mrs. D’Angelo nannten. Scheint eine anständige Frau zu sein, meint Lance. Er ist mit ihr zur Leichenhalle gefahren, und sie hat ihn identifiziert.»
«Habt Ihr Näheres über ihn erfahren?»
«Sie meint, er sei von New York gekommen.»
«Und wovon lebte er?»
«Das wußte sie nicht. Er hatte irgendwas mit Politik zu tun.»
«Und da kanntest du ihn nicht, Chezzie?» fragte Lanigan.
«Bei uns hat er sich nicht betätigt. Er spielte sozusagen in der Oberliga, in Boston. Und obgleich es ja eigentlich dein Job ist und nicht meiner, hab ich ein paar Spezis angerufen, Italianos, um dir einen Gefallen zu tun.»
«Danke, Chezzie, bist ein echter Kumpel.»
«Na ja, ich sag immer, eine Hand wäscht die andere. Also kurzum, er war ein Mann für die politische Dreckarbeit.»
«Für wen?»
«Eigentlich freiberuflich, aber er hat viel für Moriarty von den Demokraten gemacht.»
«Noch was?»
«Komm, Hugh, es geht hier nicht um Mord. Es war ein Fall von Fahrerflucht. Ach ja, eins wollte ich noch fragen. Deine Leute haben ihn durchsucht. Was haben sie an Geld bei ihm gefunden?»
«Nur ein paar Kröten. Moment – ja, hier haben wir’s. 27 Dollar in der Brieftasche, ein bißchen Kleingeld, 52 Cents in
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