Eines Tages geht der Rabbi
an den Start. Ihre Stimme eignet sich nicht für politische Reden. Wenn sie so richtig in Schwung ist, fängt sie an zu kreischen. Außerdem geraten Frauen, die sich heute um ein politisches Amt bewerben, unweigerlich in den Sog der Frauenbewegung, und das möchte ich nicht. Ich will einfach etwas Wichtiges und Lohnendes machen.»
«Mit anderen Worten – dir geht es um Macht und Einfluß.»
«Warum nicht? Macht sollten immer diejenigen haben, die es verstehen, klug damit umzugehen.»
Mrs. Magnuson lächelte. «Du meinst Menschen, die Spaß an der Macht haben.»
Laura gab das Lächeln zurück. «Auch so kann man es sagen. Und deshalb kam ich auf die Idee, mich mit einem Politiker zusammenzutun, den ich lenken und leiten kann. Nicht, daß ich das von Anfang an so genau geplant hätte … Ursprünglich wollte ich nur bei einem Wahlkampf helfen und mich dabei möglichst unentbehrlich machen. Aber dann lernte ich Jack Scofield kennen, und alles klappte besser, als ich es mir je erträumt hätte. Er war genau der Richtige. Erstens stand er ganz allein –»
«Wie meinst du das?»
«Er hatte keine politischen Anhänger, keine Lobby, die ihn zu ihrem Aushängeschild gemacht hatte, also hatte ich keine Konkurrenz. Besser noch, er war Junggeselle, es gab keine Ehefrau, mit der ich mich hätte auseinandersetzen müssen, ich konnte ihn ohne weiteres vereinnahmen. Und was das Beste war – er hatte keine festgelegte Meinung, kein Wahlprogramm, keine speziellen Anliegen, keinen Grund für seine Kandidatur außer der unbestimmten Vorstellung, daß dabei einiges an Publicity für ihn abfallen könnte. Er wollte seiner zur Zeit nicht gerade lukrativen Anwaltspraxis ein bißchen auf die Sprünge helfen.»
«Und um Macht und Einfluß geht es ihm nicht?»
Laura überlegte, dann schüttelte sie den Kopf. «Das glaube ich nicht, jedenfalls nicht in dem Sinn, daß er gern Befehle gibt. Als Befehlsempfänger fühlt er sich entschieden wohler. Oder sagen wir so: als derjenige, der Vorschläge entgegennimmt.»
«Und du hast ihm angeboten, den Wahlkampf für ihn zu führen, ihn zu unterstützen – finanziell, meine ich?»
Laura lachte. «Nein, nein, so war das nicht. Wir kamen ins Gespräch, ich machte ein paar Vorschläge, und ehe er noch recht wußte, was los war, hatte ich eine Wahlkampfzentrale eingerichtet. Dadurch entstanden natürlich Unkosten, und das machte ihm Sorgen. Leute, die nicht viel Geld haben, regen sich meist schrecklich auf, wenn sie Schulden machen müssen.»
«Besitzt er denn überhaupt nichts?»
«Ein paar Tausender, die er hütet wie ein Knicker. Wenn ich irgendwo für ihn eine Rede arrangiert hatte, ist er hingegangen, weil er hoffte, es würden dabei vielleicht Wahlkampfspenden herausspringen.» Sie lachte. «So habe ich ihn am Arbeiten gehalten.»
Mrs. Magnuson lächelte verständnisvoll. «Aber wenn er die Wahl gewinnt –»
«Das steht so gut wie fest, nachdem wir bei den Vorwahlen durchgekommen sind.»
«– geht er nach Boston, nicht wahr? Und du?»
«Ich führe ihm in Boston die Geschäfte.»
«Du willst also bei ihm bleiben?»
«Natürlich. Ich will ihn als Kongreßabgeordneten nach Washington bringen, später vielleicht sogar in den Senat.»
«Aber wenn er Junggeselle ist, denkt er vielleicht mal ans Heiraten und –»
«Er wird natürlich mich heiraten. Du glaubst doch nicht, ich lasse mir von einer anderen Frau das Konzept verderben?»
«Das heißt, er hat dir einen Antrag gemacht.»
Laura lächelte. «Das ist heute nicht mehr üblich. Man trifft eine Art stillschweigende Abmachung.»
Mrs. Magnuson öffnete und schloß verlegen die Hände. «Laura, hast du – ich meine, warst du mit ihm intim?»
«Natürlich. Würde ich ihn sonst heiraten wollen?»
Die Jugend von heute kennt keine Zurückhaltung mehr, dachte Mrs. Magnuson. Sie sehen das wie eine Probefahrt vor dem Autokauf. Aber vielleicht, überlegte sie, ist das wirklich etwas Ähnliches, vielleicht nicht einmal das Schlechteste. «Liebst du ihn?» fragte sie.
«Du meinst so, daß ich das große Zittern kriege, wenn ich nur an ihn denke? Wie damals in meinem ersten Collegejahr, als ich mich in den Matheprof verknallt hatte? Nein, und das ist auch gut so. Aber ich habe ihn sehr gern, wir ergänzen uns, und ich denke mir, daß es eine gute Ehe werden kann. Und wir werden Kinder haben. Politisch sind sie ein Plus, und auf Wahlkampffotos machen sie sich immer sehr wirkungsvoll.» Sie lächelte verschmitzt.
Mrs. Magnuson zögerte
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