Einfach bezaubernd
Wellen. Dann aber wurde überraschend eine Sitznische frei, obwohl die Leute sich gerade erst gesetzt hatten – »Geldbeutel vergessen«, erklärte der Mann Crash kopfschüttelnd -, und Crash sagte Pauline, sie sollte ihm das Übliche bringen.
»Könnte es etwas genauer sein?«, erwiderte sie, und er blickte erstaunt auf. Aber als sie seinen Blick nur stumm erwiderte, gab er seine Bestellung auf.
Verflucht, nicht einmal Pauline erinnerte sich noch an ihn.
Als er seinen Hamburger und die Pommes frites vertilgt hatte und versuchte, seinen Kummer in dem Milchshake zu ersäufen, kam Pauline mit der Rechnung.
»Na, was ist mit dir?«, fragte sie und ließ ihren Kaugummi knallen.
»Und was ist mit dir und deinem Kaugummi?«, fragte er gereizt zurück. »Das hast du noch nie gemacht.«
Pauline hörte auf zu knallen. »Du siehst aus, als hättest du deinen besten Freund verloren.«
»Hab ich auch. Mare hat mir den Laufpass gegeben.«
Pauline nickte. »Na, vielleicht ist es ja am besten so. Sie war nie wirklich der Italien-Typ. Mensch,’n hübscher Junge wie du sollte sich nicht so jung schon festlegen. Geh doch nach Italien zurück. Hau erst mal ein bisschen auf die Pauke. Ich hab gehört, die haben dort viele Pauken.«
»Nein«, widersprach Crash ärgerlich. »Ich bin so weit, eine Familie zu gründen, und das wollte ich schon immer mit Mare tun. Ihr hätte Italien wirklich gefallen. Und sie hätte allen in Italien gefallen.« Und was zum Henker ist mit dir, Pauline?
»Du willst mir erzählen, dass du bereit bist, eine Familie zu gründen? Ha.« Wieder ließ Pauline ihren Kaugummi knallen.
»So ein Superhecht wie du, und du willst alles für eine Frau aufgeben, an die du in fünf Jahren wahrscheinlich nicht ein Mal gedacht hast?«
»Den Teufel hab ich nicht an sie gedacht«, knurrte Crash.
»Na ja, ist ja auch egal«, meinte Pauline. »Sie will dich nicht. Glaubst du vielleicht, sie hat’s die ganze Zeit nicht mit anderen getrieben? Ich kann dir sagen, das hat sie.«
Crash krümmte sich innerlich. Dann stieß etwas gegen die Fensterscheibe, und er sah dort einen Schmetterling flattern, einen großen blauen Schmetterling mit runden Flügeln, der ihn anzustarren schien. Ein kampflustiger Schmetterling, was? , dachte er. Er sah aus wie die Art von Schmetterling, die die anderen Schmetterlinge wahrscheinlich niedermachte. Im Grunde sah er genauso aus wie Mares kriegerischer Schmetterling, der über ihrem wunderschön gerundeten Hinterteil saß. »Na ja, und warum auch nicht?«, gab er Pauline zurück, als der Schmetterling verschwunden war. »Ich hab’s ja auch gemacht. Wir haben eben gelebt und haben etwas gelernt. Und jetzt werden wir zusammen weiterlernen. Wir sind eben so weit. Ohne jedes Bedauern.«
Pauline ließ ihren Kaugummi knallen. »Na klar, du siehst aus, als wärst du so weit.«
»Sie will mich.« Crash schob den Milchshake beiseite. »Ich bin derjenige, den sie liebt, verdammt, das hat sie mir gesagt.«
»Aber du liebst sie einfach nicht«, stellte Pauline fest. »Tja, so geht’s. Du solltest wieder nach Italien zurück.«
»Nicht ohne Mare.«
»Du bist eben ein sturer Hund.« Pauline begann, den Tisch abzuräumen, und Crash zog seine Geldbörse, um zu bezahlen. »Du hast fünf Jahre lang nicht an sie gedacht, wieso also …«
Das Foto von Mares Florett flatterte aus seinem Geldbeutel, machte einen Salto und landete dann mit dem Bild nach oben auf dem Tisch.
»Von wegen.« Crash nahm das Foto auf. »Sieh dir das an. Für dieses Motorrad habe ich drei Jahre lang Teile gesucht …«
Er brach ab, da er plötzlich die Bedeutung dessen erkannte, was er da sagte.
»Drei Jahre«, wiederholte er mit Nachdruck und wedelte mit dem Foto vor Pauline herum. »Ich habe schon drei Jahre lang geplant, zu ihr zurückzukommen. Ich wollte immer zu ihr zurückkommen. Ich bin eben nur etwas langsam.« Er warf einen Blick auf das Motorrad. »Und dumm«, setzte er hinzu, um fair zu sein. »Aber das heißt nicht, dass ich sie nicht …« Er blickte zu Pauline auf und bemerkte zum ersten Mal das rote Glitzern in ihren Augen. Und den roten Ring um ihre Iris.
Pauline ließ nie Kaugummi knallen. Pauline wusste genau, was er üblicherweise bestellte. Es war nicht Pauline, die ihn da bediente.
»Es gibt natürlich auch keinen Grund, alles zu überstürzen«, sagte er zu Xan.
»Klar«, erwiderte sie und ließ ihren Kaugummi knallen.
»Na ja, ich denke, erst mal fahre ich jetzt nach Italien zurück«, fuhr er fort
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