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Einfach ein gutes Leben

Einfach ein gutes Leben

Titel: Einfach ein gutes Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Ploeger
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geradem Weg zur »Personal Fabrication«.
    »FabLabs sind die Vorreiter, und bald wird es so sein, dass jeder seinen 3-D-Drucker zu Hause stehen haben wird und dann selbst seine Sachen ausdruckt«, orakelt René Bohne von der RWTH. »Zum Beispiel: Es ist etwas heruntergefallen, der Kunststoff der Hülle ist kaputtgegangen, von der Fernbedienung zum Beispiel. Jetzt kann man eine neue Fernbedienung kaufen, und das kann sehr aufwendig sein, oder man druckt sich innerhalb von Minuten eine neue Fernbedienung mit dem ABS-Kunststoffdrucker.« 60
    Auch wenn der »Rapid Prototyper« nicht gleich ein Standardhaushaltsgerät wie Kühlschrank oder Knoblauchpressewerden sollte, der Preis ist schon jetzt haushaltskonform. Laserscanner, Drucker und Software sind zusammen bereits für unter 2.000 Euro zu haben. Und wer weiß, ob man die Fabbing-Grundausstattung überhaupt noch kaufen werden muss, schließlich sind auch Maschinenteile prinzipiell in einer gut ausgestatteten Eigenarbeitswerkstatt fabbar …
Jeder ein Produzent
    Die Idee klingt zunächst nach Urmarxismus aus der Mitte des 19. Jahrhunderts: Die Produktionsmittel gehören in die Hände aller! Wo Marx und seine Nachfolger damit noch meinten, privaten Besitz in kollektiven Besitz umzuwandeln, geht die Fabbing-Bewegung andere Wege. Ihre Vision ist eine Mischung aus privaten und öffentlichen Anteilen der Produktion. Jeder soll ausreichenden Zugang zu Produktionsmitteln haben. Die Gesamtproduktion ist aber distribuiert, aufgeteilt auf alle Haushalte. Ein Produkt, das nicht in kleinteiliger Fabrikation hergestellt werden kann, wird zwar unternehmensartig in spezialisierten Werkstätten gebaut werden müssen, die Basisproduktion aber soll nach individuellem Bedarf in Eigenarbeit erfolgen. Städte werden zu Ansammlungen von multipotenten Minimanufakturen, die zusammen genommen alles Alltagsnotwendige herstellen können.
    Die mögliche Industrie der nahen Zukunft hat ihr Vorbild in der Entwicklung der Informationstechnologie (deren Nutzungspotenziale sie ihrerseits erweitern würde). In historisch einmaliger Geschwindigkeit haben sich aufwendige Großrechenanlagen zu dem verbreitetsten elektronischen Gerät überhaupt entwickelt, dem PC. Nun steht uns vielleicht eine vergleichbare Entwicklung in der analogen Güterverarbeitung bevor.
    »Ebenso wie einst die Raum füllenden Mainframes durch dezentrale, vernetzte Kleinrechner ersetzt wurden, wird die Herstellung eines erheblichen Anteils von Alltagsprodukten zukünftig in dezentralen Produktionsstrukturen erfolgen. Anstatt billige Massenartikel in Offshore-Fabriken zu produzieren, werden kundenspezifische Klein- und Kleinstserien in flexiblen und miteinander vernetzten Minifabriken vor Ort hergestellt«, schreiben die Trendforscher von Z_punkt schon 2005. 61
    Die Ökonomie würde damit einem Prinzip folgen, das ebenfalls bereits aus der IT bekannt ist. Internetbasierte Projekte wie Linux oder Wikipedia leben von ihrer offenen Struktur: Jeder, der sie nutzen möchte, kann auch zu ihr beitragen, kostenlos und ohne umständlichen Nachweis von Qualifikationen. Das Prinzip heißt »Peer Production«, »Produktion unter Gleichen« könnte man übersetzen, und funktioniert sehr gut bei digitalen Diensten wie den beiden oben genannten. Peer Production ist das kommende Modell auch der Fabrikation und Verteilung physischer Gegenstände, schreibt nun Christian Siefkes, Softwareentwickler und Autor. Die Menschen werden misstrauischer gegenüber den immer gleichen Routinen, mit denen die profitorientierte Ökonomie der Welt das Heil bringen soll; gleichzeitig sehen sie den Erfolg alternativer Ideen, von freier Software beispielsweise. Eine Peer-Ökonomie setzt auf Kooperation unter Menschen mit ähnlichen Interessen und Bedürfnissen statt auf die Geduld, die man haben muss, wenn man auf die Erfüllung seiner Bedürfnisse durch einen kommerziellen Anbieter wartet.
    Der große Unterschied zur herkömmlichen Wirtschaft besteht darin, dass »die Peer-Ökonomie direkt jenes Ziel erreicht, das die Marktwirtschaft – wenn überhaupt – nur indirekt erreichen kann: die Bedürfnisse und Wünsche der Menschen zu erfüllen, ihnen das zu geben, was sie haben möchten, und ihnen ein Leben nach ihren eigenen Vorstellungen zu ermöglichen. In der Peer-Ökonomie kooperiert man mit anderen, um die gewünschten Güter zu bekommen, während man in der Marktwirtschaft etwas produziert, um Geld zu bekommen – erst damit kann man sich dann die Dinge kaufen, die

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