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Einfach göttlich

Einfach göttlich

Titel: Einfach göttlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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den Tag legte.
    Oms Gedanken manifestierten sich in der kleinen mentalen Welt des Greifvogels.
    »Wir wollen doch nicht, daß jemand von uns leiden muß, oder?«
    Der Adler blinzelte erneut.
    Adler haben nie mehr Intelligenz und Einfallsreichtum entwickelt, als nötig ist, um zu folgender Erkenntnis zu gelangen: Eine Schildkröte platzt auf, wenn sie aus einer bestimmten Höhe auf Felsen fällt. Dieser Adler stellte sich nun vor, was passieren mochte, wenn man eine schwere Schildkröte losließ, die sich an einem ganz bestimmten Körperteil festhielt.
    Seine Augen tränten.
    Ein anderer Gedanke kroch durch sein rudimentäres Ich.
    »Nun… Eine Hand, äh, Klaue wäscht die andere. Verstehst du? Du brauchst nicht um deinen… um dein edles Teil zu fürchten, wenn du mir meine Wünsche erfüllst. Hör jetzt genau zu. Es geht um folgendes…«
    Der Adler wurde vom warmen Aufwind über heiße Felsen nach oben getragen und segelte der fernen Zitadelle entgegen.
    Auf diese Weise hatte sich eine Schildkröte noch nie verhalten. Im ganzen Multiversum gab es keinen einzigen Präzedenzfall. Andererseits… Noch nie zuvor war eine Schildkröte ein Gott gewesen, der das ungeschriebene Motto der Quisition kannte: Cuius testiculos habes, habeas cardia et cerebellum.
    Wenn man ihre Aufmerksamkeit fest im Griff hat, so sind Herz und Verstand ebenfalls bei der Sache.
     
    U rn bahnte sich, gefolgt von Fergmen, einen Weg durch die Menge. Dies war der schlimmste Aspekt des Bürgerkriegs, zumindest am Anfang – alle trugen die gleiche Uniform. Es verursachte weitaus weniger Probleme, wenn man Feinde wählte, die eine andere Hautfarbe hatten oder sich mit irgendeiner komischen Sprache verständigten. Dann konnte man ihnen einen häßlich klingenden Namen geben oder so. Dann war alles einfacher.
    He, dachte Urn. Das ist fast Philosophie. Schade, daß ich wahrscheinlich nicht überlebe, um jemandem davon zu erzählen.
    Das große Portal stand offen. Die Menge schwieg auf eine sehr aufmerksame Weise. Urn beugte sich vor, um genauer hinzusehen – und wandte langsam den Kopf zur Seite, als er einen Soldaten an seiner Seite bemerkte.
    Simony.
    »Ich dachte…«
    »Es hat nicht geklappt«, sagte Simony bitter.
    »Habt ihr…«
    »Wir haben alles richtig gemacht! Aber irgend etwas zerbrach!«
    »Liegt wahrscheinlich am hiesigen Stahl«, erwiderte Urn. »Taugt nichts, das Zeug. Weil…«
    »Der Grund dafür spielt jetzt keine Rolle mehr«, meinte Simony.
    Sein düsterer Tonfall veranlaßte Urn, den Blicken der vielen Zuschauer zu folgen.
    Er sah eine andere Schildkröte aus Eisen – ein eindrucksvolles Modell, montiert auf einem Gerüst aus Metallstangen, in dem zwei Inquisitoren gerade ein Feuer anzündeten. Auf dem Rücken der Schildkröte…
    »Wer ist das?«
    »Brutha.«
    »Was?«
    »Ich weiß nicht, was passiert ist. Er hat Vorbis geschlagen – oder nicht geschlagen. Wie dem auch sei: Irgendwie erregte er Vorbis’ Zorn, und der unterbrach daraufhin die Zeremonie. Einfach so.«
    Urn starrte zum Diakon. Noch war er ungekrönt; noch trug er nicht den Titel des Zönobiarchen. Sein kahler Schädel glänzte im Licht der Morgensonne. Einige unschlüssige Iams und Bischöfe standen in der Nähe.
    »Komm«, sagte Urn.
    »Was hast du vor?«
    »Wir stürmen die Treppe hoch und retten den Jungen!«
    »Der Gegner ist uns zahlenmäßig überlegen«, sagte Simony.
    »Das war er doch von Anfang an, oder? Glaubst du vielleicht, wir hätten es jetzt mit mehr Feinden zu tun, weil Brutha dort drüben liegt?«
    Simony griff nach Urns Arm.
    »Denk logisch. Du bist Philosoph, nicht wahr? Sieh dir die Menge an!«
    Urn sah sich die Menge an. »Ja, und?«
    »Dem Publikum gefällt die Sache nicht.« Simony drehte sich um. »Brutha wird ohnehin sterben, aber auf diese Weise hat sein Tod wenigstens einen Sinn. Die Leute verstehen überhaupt nicht, was es mit der Struktur des Universums und so weiter auf sich hat, doch sie werden sich daran erinnern, daß Vorbis hier und jetzt niemanden umbrachte. Das bedeutet: Wir können Bruthas Tod als eine Art Symbol verwenden.«
    Urn blickte zu der metallenen Schildkröte hinüber. Abgesehen von einem Lendenschurz war der darauf gefesselte Brutha nackt.
    »Symbol?« wiederholte der praktische Philosoph mit trockener Kehle.
    »Ja. Es ist eine ausgezeichnete Gelegenheit für uns.«
    Urn dachte daran, daß Didaktylos die Welt als einen komischen Ort bezeichnet hatte. Das stimmt, fuhr es ihm nun durch den Sinn. Hier schicken sich

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