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Einfach göttlich

Einfach göttlich

Titel: Einfach göttlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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die Inquisitoren an, jemanden langsam zu Tode zu rösten, aber sie sorgen dafür, daß er einen Lendenschurz trägt. Damit er sich nicht zu schämen braucht oder so. Entweder lachte man darüber – oder man verlor den Verstand.
    »Weißt du«, sagte Urn zu Simony. »Jetzt wird mir erst klar, daß Vorbis wirklich böse ist. Er ließ meine Heimatstadt niederbrennen. Nun, die Tsortaner haben sie auch ab und zu verwüstet, und wir nehmen uns dafür zum Ausgleich ihre Städte vor. Das ist eben Krieg. Gehört zur Geschichte. Außerdem: Vorbis versucht alles, um Macht zu sammeln, um immer mächtiger zu werden, und es gibt andere Menschen mit ähnlichen Bestrebungen. In seinem Wesen verbirgt sich jedoch ein einzigartiges Element. Weißt du, worin es besteht?«
    »Natürlich«, erwiderte der Soldat. »Du meinst seine Wirkung auf andere…«
    »Ich meine seine Wirkung auf dich .«
    »Wie bitte?«
    »Vorbis verwandelt andere Menschen in Abbilder von sich selbst.«
    Simonys Hand schloß sich so fest wie ein Schraubstock um Urns Arm. »Soll das heißen, ich bin wie er?«
    »Du wolltest dafür sorgen, daß er nie wieder Unheil anrichten kann«, sagte Didaktylos’ Neffe. »Jetzt denkst du wie er.«
    »Deiner Meinung nach sollten wir einfach angreifen, wie?« fragte Simony. »Nun, uns stehen vielleicht… vierhundert Kämpfer zur Verfügung. Wenn ich das Signal gebe… Dann greifen wir einen Feind an, dessen Streitmacht aus Tausenden besteht. Dann stirbt nicht nur Brutha – dann folgen wir ihm alle in den Tod. Was macht das für einen Unterschied?«
    In Urns Gesicht zeigte sich Entsetzen.
    »Das weißt du nicht?« entgegnete er.
    Einige Omnianer warfen ihm neugierige Blicke zu. »Das weißt du wirklich nicht?« fragte er noch einmal.
     
    D er Himmel war blau. Das Firmament über Omnien würde sich erst später, wenn die Sonne höher kletterte, in eine Kupferschüssel verwandeln.
    Brutha drehte erneut den Kopf und sah zur Sonne. Sie hing etwa eine Handbreit über dem Horizont. Aber wenn Didaktylos mit seinen Theorien hinsichtlich der Lichtgeschwindigkeit recht hatte… Dann ging die Sonne unter, und zwar mehrere tausend Jahre in der Zukunft.
    Vorbis’ Kopf schob sich vor die leuchtende Scheibe.
    »Hübsch heiß, Brutha?« fragte er.
    »Es ist… warm.«
    »Bald wird es noch wärmer.«
    Es kam zu Unruhe in der Menge. Jemand rief etwas. Der Diakon achtete nicht darauf.
    »Möchtest du überhaupt nichts mehr sagen?« spottete er. »Wir wär’s mit einem letzten Fluch?«
    »Du hast Om nie gehört«, stellte Brutha fest. »Du hast nie geglaubt. Nie erklang Gottes Stimme in deiner Seele. Wenn du etwas gehört hast, so waren es nur die Echos deiner eigenen Gedanken.«
    »Ach? Aber ich werde bald der Zönobiarch sein, und dich verbrennt man gerade wegen Verrat und Ketzerei. Warum hilft dir Om nicht?«
    »Es wird Gerechtigkeit geben«, sagte Brutha. »Ohne Gerechtigkeit gibt es überhaupt nichts.«
    Eine leise Stimme flüsterte zwischen seinen Schläfen. Sie schien in weiter Ferne zu erklingen, und einzelne Worte verstand der Junge nicht.
    »Gerechtigkeit?« erwiderte Vorbis. Ärger blitzte in seinen dunklen Augen, und er wandte sich zu den Bischöfen um. »Habt ihr gehört? Von Gerechtigkeit spricht er! Om hat bereits geurteilt! Durch mich! Dies ist Gerechtigkeit!«
    Ein kleiner Fleck zeigte sich im hellen Sonnenschein und sauste der Zitadelle entgegen. Die leise Stimme raunte nun: links links links nach oben nach oben links ein bißchen nach rechts nach oben links…
    Das Metall unter Brutha wurde unangenehm warm.
    »Er kommt jetzt«, sagte der ehemalige Novize.
    Die Leute sahen besorgt nach oben. Und dann geschah etwas Seltsames: Die ganze Welt hielt den Atem an und wartete entgegen aller Erfahrung auf ein Wunder…
    … nach oben und ein wenig nach links, wenn ich drei sage, eins, zwei, DREI…
    »Vorbis?« krächzte Brutha.
    »Was ist?« fragte der Diakon scharf.
    »Du wirst sterben.«
    Es war kaum mehr als ein Hauch, aber die Worte prallten am großen Bronzeportal ab und hallten über den ganzen Platz…
    Unerklärliches Unbehagen erfaßte die Menge.
    Der Adler raste heran, so dicht über dem Boden, daß sich die Leute ducken mußten. Er sauste übers Tempeldach hinweg und drehte ab, setzte den Flug in Richtung Berge fort. Die Zuschauer entspannten sich. Es war nur ein Adler. Ein oder zwei Sekunden lang hatten sie vermutet…
    Niemand von ihnen sah den winzigen Punkt, der vom Himmel herabfiel.
    Man vertraue den Göttern nicht.

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