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Einfach göttlich

Einfach göttlich

Titel: Einfach göttlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Stelle!«
    Langsam drehte Urn den Kopf.
    In der Tür mit den Resten des Gitters stand eine untersetzte Gestalt, die eine schwarze Kutte trug. Ein Wächter begleitete sie und hielt das Schwert bereit.
    »Wer seid ihr? Was macht ihr hier?«
    Urn zögerte nur einen Sekundenbruchteil.
    Er winkte mit dem Schraubenschlüssel.
    »Tja, an der Dichtung liegt’s, nichwahr«, sagte er. »Leckt, das dumme Ding. Is’ ein Wunder, dasses überhaupt noch hält.«
    Der Mann betrat den Raum, blickte zum Rohr, aus dem nach wie vor Wasser rauschte, sah dann wieder Urn an.
    »Aber du bist doch gar nicht…«, begann er.
    Er drehte sich um, als Fergmen mit einem kurzen Rohr zuschlug. Und als er sich erneut Urn zuwandte, traf ihn der Schraubenschlüssel in der Magengrube. Urn mochte nicht sehr kräftig sein, aber es handelte sich um einen langen Schraubenschlüssel, und das bekannte Hebelprinzip erledigte den Rest. Der Mann krümmte sich zusammen und taumelte nach hinten, zu einem der Gewichte.
    Die folgenden Ereignisse spielten sich wie in Zeitlupe ab. Diakon Stichfest griff nach dem Gewicht, um sich abzustützen. Seine Masse gesellte sich der des Wassers hinzu, woraufhin das Ding in Bewegung geriet und sank. Stichfest tastete instinktiv nach oben, wodurch das Gewicht noch tiefer sank, unter das Niveau des Bodens. Beim dritten Versuch, sich irgendwo festzuhalten, griffen die Hände des Diakons nur in die leere Luft. Er fiel, und zwar auf das Gewicht.
    Urn sah noch, wie eine entsetzte Miene zu ihm emporblickte – dann verschwand der Diakon mitsamt dem Gewicht in dem Schacht.
    Mit einem Hebel konnte man die Welt verändern. Nun, Stichfests Welt hatte sich verändert – sie existierte nicht mehr.
    Fergmen stand mit hoch erhobenem Rohr beim Wächter.
    »Ich kenne ihn«, sagte er. »Und ich freue mich über diese gute Gelegenheit, dem verdammten Kerl den Schädel ein…«
    »Laß ihn!«
    »Aber…«
    Über ihnen knackte und rumpelte es. In der Ferne knirschte Bronze über Bronze.
    »Ich schlage vor, wir verschwinden hier jetzt«, sagte Urn. »Allein die Götter wissen, was dort oben nun geschieht.«
     
    F austhiebe trafen den Panzer der Beweglichen Schildkröte.
    »Verdammt! Verdammt! Verdammt!« donnerte Simony und schlug erneut zu. »Beweg dich endlich! Ich befehle dir, dich zu bewegen! Du verstehst doch mein Ephebianisch, oder? Beweg dich!«
    Die unbewegliche Schildkröte hockte einfach nur da und dampfte vor sich hin.
     
    O m kletterte über den Hang eines kleinen Hügels. Darauf lief es also hinaus. Jetzt gab es nur noch eine Möglichkeit für ihn, rechtzeitig die Zitadelle zu erreichen.
    Es war eine Chance von eins zu einer Million, mit etwas Glück.
     
    B rutha zögerte vor dem großen Portal und schenkte dem großen Publikum ebensowenig Beachtung wie den miteinander flüsternden Wächtern. Die Quisition konnte jeden verhaften, doch die Gardisten stellten sich nun folgende Frage: Welche Konsequenzen mochten sich für den Soldaten ergeben, der einen Erzbischof in Ketten legte, noch dazu jemanden, der das Wohlwollen des Propheten genoß?
    Nur ein Zeichen, dachte Brutha in der Einsamkeit seines Kopfes.
    Die beiden Türhälften erzitterten und schwangen langsam auf.
    Brutha trat vor. Er war nicht völlig er selbst, zumindest nicht auf eine »normale« Weise. Nur ein Teil von ihm konnte noch immer den Zustand des eigenen Selbst beurteilen und dachte nun: Fühlten sich die Großen Propheten die ganze Zeit über so?
    Tausende von Menschen im Tempel sahen sich verwirrt um. Die Chöre der einfachen Iams verstummten. Brutha wandelte durch den Mittelgang, und in dem allgemeinen Durcheinander zeichnete nur er allein sich durch Zielstrebigkeit aus.
    Vorbis stand in der Mitte des Tempels, unter der kuppelförmig gewölbten Decke. Wächter eilten Brutha entgegen, aber Vorbis hob gleichzeitig freundlich und energisch die Hand.
    Der ehemalige Novize nahm sich einige Sekunden Zeit, um die Szene in sich aufzunehmen. Sein Blick fiel auf Ossorys Stab, Abbys Umhang und Cenas Sandalen. Die gewaltigen Statuen der ersten vier Propheten stützten die Decke. Er sah sie jetzt zum erstenmal, obwohl er während seiner Kindheit praktisch jeden Tag von ihnen gehört hatte.
    Und was bedeuteten sie nun? Nichts. Nichts bedeutete mehr etwas, wenn Vorbis der neue Prophet war. Nichts bedeutete etwas, wenn der Zönobiarch in den Gewölben seines Schädels nur die Echos der eigenen Gedanken hörte.
    Er merkte, daß Vorbis’ Geste nicht nur die Wächter zurückhielt

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