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Einfach. Liebe.

Einfach. Liebe.

Titel: Einfach. Liebe. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tammara Webber
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hinteren Teil des Auditoriums. Er hielt einen Strauß langstieliger roter Rosen in der Hand, die genau dieselbe Farbe hatten wie sein geflecktes, verlegenes Gesicht.
    »Ich wollte Ihnen die hier geben«, stammelte er, während er mir die Blumen in die Arme drückte. Seine Eltern standen etwa fünf Meter hinter ihm und ließen ihn sein Geschenk selbst überreichen.
    Ich nahm die Rosen und schnupperte an ihnen, während er einen verstohlenen Blick auf Lucas warf. »Danke, Harrison. Sie sind wunderschön. Ich war heute Abend so stolz auf dich – dein Vibrato war umwerfend.«
    Er versuchte sich das Grinsen zu verbeißen, was ihm nicht gelang. »Aber das habe ich alles nur Ihnen zu verdanken.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Das warst du ganz allein. Du hast fleißig geübt.«
    Er trat von einem Fuß auf den anderen.
    »Du warst super, Mann. Ich wünschte, ich könnte ein Instrument spielen«, sagte Lucas.
    »Danke«, murmelte Harrison stirnrunzelnd und beäugte ihn neugierig. Obwohl mein Schüler größer war als ich, wirkte er neben Lucas’ muskulöser Gestalt schlaksig. »Hat das wehgetan? An Ihrer Lippe?«
    Lucas zuckte mit den Schultern. »Nicht besonders. Aber ein paar dreckige Worte sind mir dabei schon herausgerutscht.«
    Harrison grinste. »Cool.«
    Stunden später lagen wir im Halbdunkel da, einander zugewandt auf Lucas’ Kissen. Ich sammelte mich und betete, ich möge ihn nicht wieder verscheuchen. Ich hatte mich noch nie irgendjemandem so nahe gefühlt.
    »Wie fandest du Harrison?«, begann ich.
    »Er scheint ein netter Junge zu sein.«
    Ich nickte. »Das ist er.«
    »Was soll diese Frage denn?« Er grinste. »Willst du mich etwa wegen Harrison verlassen, Jacqueline?«
    Ich blickte ihm fest in die Augen. »Wenn an jenem Abend auf dem Parkplatz Harrison da gewesen wäre und nicht du, meinst du, er hätte versucht, mir zu helfen?«
    Er gab keine Antwort.
    »Wenn jemand ihm gesagt hätte, er solle auf mich aufpassen, meinst du, man würde es ihm je vorwerfen, wenn er nicht hätte verhindern können, was an dem Abend passiert ist?«
    Er atmete hörbar aus. »Ich weiß, was du mir zu sagen versuchst …«
    »Nein, Lucas. Du hörst es, aber du weißt es nicht. Es ist ausgeschlossen, dass dein Vater das tatsächlich von dir erwartet hat. Es ist ausgeschlossen, dass er überhaupt noch weiß, dass er es zu dir gesagt hat. Er gibt sich die Schuld, und du gibst dir die Schuld, aber keinen von euch beiden trifft irgendeine Schuld.«
    Seine Augen glänzten feucht, und er schluckte schwer. »Ich werde nie vergessen, wie sie in dieser Nacht geklungen hat.« Seine Stimme war erstickt von Tränen. »Wie kann ich mir nicht die Schuld geben?«
    Meine Tränen rannen zwischen uns aufs Kissen. »Lucas, denk an Harrison. Sieh dich selbst als den Jungen, der du damals warst, und hör auf, dir die Schuld dafür zu geben, dass du etwas nicht verhindert hast, was vielleicht nicht einmal ein erwachsener Mann hätte verhindern können. Was hast du mir immer wieder gesagt? Es war nicht deine Schuld . Du musst mit jemandem reden und herausfinden, wie du dir selbst verzeihen kannst, denn deine Mutter hätte nie gewollt, dass du diese Verantwortung übernimmst. Wirst du es versuchen? Bitte?«
    Er strich mir die Tränen aus dem Gesicht. »Wie habe ich dich bloß gefunden?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Vielleicht bin ich doch genau dort, wo ich sein sollte.«

EPILOG
    »Ich werde dich so vermissen. Ich fasse es nicht, dass du mich verlässt.« Erin ließ sich neben mir auf das Sofa der Hellers plumpsen. Lucas’ Abschlussfeier war eine Grillparty im Garten, und wir waren für ein paar kostbare, klimatisierte Minuten vor der Hitze und der Feuchtigkeit geflohen.
    Ich lehnte den Kopf an ihre sonnengebräunte Schulter. »Warum kommst du nicht mit?«
    Sie lachte und stützte den Kopf auf meinen. »Diese Idee ist genauso albern wie die, dass du hierbleibst. Du musst gehen und deine ganzen tollen Sachen durch ziehen, und ich muss hierbleiben und meine machen. Aber das heißt nicht, dass es nicht voll doof ist.«
    Ich hatte mich an drei Musikkonservatorien beworben, um im Herbst zu wechseln. Es kam mir alles ein bisschen unwirklich vor, bis ich nach dem Vorspielen in Oberlin – meiner ersten Wahl – vor ein paar Wochen eine E-Mail bekam, dass ich angenommen worden war.
    »Ja, und ich glaube, du musst auch hierbleiben, um Chaz im Auge zu behalten.«
    Erins Widerstand gegen Chaz’ Versuche, die Tren nung rückgängig zu machen, war am Valentinstag

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