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Einfach. Liebe.

Einfach. Liebe.

Titel: Einfach. Liebe. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tammara Webber
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bist der Mann im Haus, solange ich nicht da bin. Pass gut auf deine Mutter auf.‹« Meine Augen füllten sich mit Tränen, und seine ebenfalls. Er schluckte schwer. »Ich habe sie nicht beschützt. Ich konnte sie nicht retten.«
    Ich drückte seinen Kopf an mein Herz und schlang die Arme um ihn. Auf den Knien kauernd, erwiderte er meine Umarmung und weinte leise. Während ich ihm übers Haar strich und ihn fest an mich gedrückt hielt, wusste ich, dass dieser Abend eine Saite im Innersten seines Schmerzes berührt hatte. Lucas’ Leid ging tiefer als das Grauen jener Nacht vor acht Jahren. Was ihn quälte, waren Schuldgefühle, so ungerechtfertigt sie auch waren.
    Als er zur Ruhe kam, sagte ich: »Ich werde heute Nacht bleiben. Wirst du auch etwas für mich tun?«
    Er kämpfte gegen sein instinktives Misstrauen an – das ich schon oft bei ihm gesehen hatte, aber noch nie aus dieser Nähe. Er holte zitternd Luft, nahm seinen Mut zusammen. »Ja. Was immer du willst.« Seine Stimme war rau und heiser. Als er mit der Zunge über seinen Lippenring glitt, begehrte ich ihn so sehr, dass es mir schwerfiel, Zeit mit Reden zu verschwenden.
    »Gehst du morgen Abend mit mir zu Harrisons Konzert? Er ist mein Lieblings-Achtklässler, und ich habe ihm versprochen hinzugehen.«
    Er zog blinzelnd eine Augenbraue hoch. »Ähm. Okay. Ist das alles?«
    Ich nickte wieder.
    Er schüttelte den Kopf und stand auf, richtete sein geisterhaftes Lächeln auf mich. »Ich hole ein paar Eispäckchen aus dem Gefrierfach. Warum gehst du nicht schon vor ins Bett?«
    Ich stand auf, legte ihm eine Hand auf die Brust und sah ihn neckend an. »Ist das eine Mutprobe?«
    Er legte eine Hand auf meine und zog mich mit der anderen an sich. »Auf jeden Fall. Aber du darfst nicht kneifen.«

27
    Das Auditorium der Mittelschule war brechend voll mit Eltern, die Videokameras schwenkten, gelangweilten Geschwistern und hier und da auch ein paar Großeltern. Lucas und ich gingen an ein paar Grüppchen vorbei, die im Gang herumstanden, und suchten uns Plätze am Rand, auf halbem Weg zwischen der Bühne und den hinteren Ausgängen. Ich warf einen Blick auf das fotokopierte, weihnachtlich grün gehaltene Programm. Harrison spielte im höchsten Orchester, was hieß, dass es eine ganze Weile dauern würde, bis er seinen Auftritt hatte. Aber ich unterrichtete auch zwei der anderen Jungs in den unteren Klassenstufen, und ich hatte noch nie die Gelegenheit gehabt, sie bei einem richtigen Konzert zu sehen. Ich war für alle drei nervös.
    Ich beugte mich zu Lucas vor, damit mich keine Eltern hören konnten. »Ich sollte dich vermutlich warnen, dass viele dieser Kinder erst seit ein paar Monaten spielen – vor allem im ersten Orchester –, das heißt, sie sind vielleicht ein bisschen … unerfahren.«
    Er zog einen Mundwinkel hoch, und ich unterdrückte den Drang, ihn zu küssen. »Ist das deine Art, mir zu sagen, ich sollte mich auf ein paar Töne gefasst machen, die wie Nägel auf einer Kreidetafel klingen?«, fragte er.
    In diesem Augenblick hörte ich Harrisons Stimme hinter einer Seilabsperrung auf der rechten Seite des Auditoriums. »Miss Wallace!« Ich suchte ihn in einem Meer von Jungen in schwarzen Polyester-Smokings und Mädchen in knöchellangen Kleidern im Violett der Schulfarbe. Ich entdeckte seinen blonden Schopf ungefähr im selben Augenblick, in dem er Lucas neben mir sitzen sah. Er hörte abrupt auf zu winken und kniff seine Augen zusammen. Als ich lächelnd die Hand hob, winkte er mit wehmütiger Miene kurz zurück.
    »Ich schätze, das ist einer dieser Jungs, die für dich schwärmen.« Lucas starrte auf den Stiefel auf seinem Knie und kratzte an einer ausgefransten Naht, während er versuchte, sich das Lachen zu verbeißen.
    »Was soll das denn heißen? Sie schwärmen alle für mich. Ich bin schließlich ein heißes Collegemädchen, schon vergessen?« Ich lachte, und seine Augen brannten sich in meine.
    Er beugte sich zu mir vor und flüsterte mir ins Ohr: » Absolut heiß. Jetzt hast du mich daran erinnert, wie du heute Morgen ausgesehen hast, als ich mit dir in meinen Armen in meinem Bett aufgewacht bin. Wäre es zu viel verlangt, dich zu bitten, heute Nacht wieder zu bleiben?«
    Mein Gesicht erwärmte sich bei seinem Kompliment. »Ich hatte schon Angst, du würdest mich gar nicht fragen.«
    Er griff nach meiner Hand und hielt sie fest, auf meinen Oberschenkel gelegt, als der Dirigent ans Pult trat.
    Eineinhalb Stunden später fand mich Harrison im

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