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Einfach. Liebe.

Einfach. Liebe.

Titel: Einfach. Liebe. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tammara Webber
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»Selbstverteidigung für Frauen« wurde in einem der Kursräume im Erdgeschoss des Freizeitgebäudes abgehalten. Wir fanden den Raum, und ich warf meinen Kaffeebecher in den Abfalleimer im Flur. Erin gähnte nach einer schlaflosen Nacht – sie hatte mich mit ihrem ständigen Herumwälzen und Schniefen wachgehalten. Gegen vier Uhr morgens war sie schließlich zu mir ins Bett gekrochen und hatte sich an mich gekuschelt, während ich ihr das Haar aus dem Gesicht strich. Zum Glück war sie fast sofort eingeschlafen, und ich selbst wenig später.
    »Hey, ist das nicht …?« Erin sprach, ohne die Lippen zu bewegen, wie ein Bauchredner. In einer schwarzen Jogginghose und einem schwarzen T-Shirt stand Lucas mit zwei älteren Männern vorn im Raum.
    » Ja «, zischelte ich, während wir unsere Plätze ein nahmen und ich auf das Paket mit den Kursbroschüren schielte. Das Titelbild zeigte einen Mann, der eine Frau angriff, die in Abwehrhaltung gegangen war. »Erin, ich glaube nicht, dass ich das kann.«
    »Doch, das kannst du«, entgegnete sie so prompt, dass sie mit meiner Reaktion gerechnet haben musste.
    »Guten Morgen, die Damen«, begann in diesem Augenblick der kleinere der beiden älteren Männer, womit er jeden weiteren Protest von mir erstickte. »Ich bin Ralph Watts, der stellvertretende Polizeichef auf dem Campus. Dieser schmächtige Typ zu meiner Linken ist Sergeant Don, und der hässliche ist Lucas, einer unserer Parkplatzwächter.« Alle kicherten, da Don und Lucas alles andere als schmächtig oder hässlich waren. »Wir freuen uns, dass Sie alle Ihren Samstagmorgen geopfert haben, um Ihr Wissen über Ihre persönliche Sicherheit zu verbessern.«
    Ich warf einen verstohlenen Blick auf Erin, als sie mich mit einem Knie anstieß. »Parkplatzwächter? Mein Gott, wie viele Jobs hat er denn noch ?«, murmelte sie aus dem Mundwinkel.
    »Aber echt«, murmelte ich zurück. Und sie wusste noch nicht einmal von dem Tutorjob.
    »Könnte heiß werden …«, flüsterte sie. »Vor allem mit Uniform. Oder Handschellen.«
    Ich seufzte.
    Als ich einen Blick in den Halbkreis aus Klappstühlen warf, sah ich, dass wir nur ungefähr ein Dutzend Leute waren – eine bunt gemischte Gruppe aus Studentinnen, Professorinnen und Verwaltungsangestellten. Die Älteste war eine grauhaarige farbige Dame, die ungefähr so alt wie meine Großmutter sein musste. Ich sagte mir, wenn sie hierherkommen konnte, um zu lernen, wie man einem potenziellen Vergewaltiger in den Arsch trat, dann konnte ich es auch.
    Auch wenn Lucas auf der anderen Seite des Raums stand und abwechselnd zu mir schielte oder meinem Blick komplett auswich.
    In den ersten eineinhalb Stunden wurden die Grund lagen der Selbstverteidigung erörtert. Ralph erklärte uns, dass der Zweck der Selbstverteidigung zu neunzig Prozent darin bestand, das Risiko eines Übergriffs von vornherein zu verringern. »In einer idealen Welt könnten wir uns alle einfach um unseren eigenen Kram kümmern, ohne Angst vor einem Angriff zu haben. Aber leider spiegelt dieses Ideal nicht die Wirklichkeit wider.«
    Die Röte stieg mir in die Wangen, als mir einfiel, wie Lucas mich dafür zurechtgewiesen hatte, dass ich über den dunklen Parkplatz hinter dem Verbindungshaus spaziert war und eine SMS getippt hatte, anstatt auf meine Umgebung zu achten. Ich kreiste »90 %« mit blauer Tinte ein, bis die Worte links und rechts davon nicht mehr zu lesen waren. Aber dann erinnerte ich mich, was er an jenem Abend als Letztes gesagt hatte: Es war nicht deine Schuld .
    Wir wurden aufgefordert, Maßnahmen für unsere Sicherheit vorzuschlagen und sie alle aufzuschreiben – Türen abschließen, mit einer Freundin spazieren oder joggen gehen, Schuhe tragen, die beim Laufen nicht behindern. Erins Vorschlag »Arschlöchern aus dem Weg gehen« kam gut an.
    »Drei Dinge sind für einen Überfall notwendig: ein Angreifer, ein Opfer und eine Gelegenheit. Nehmen Sie Gelegenheit weg, und Sie haben die Wahrscheinlichkeit eines Überfalls sofort drastisch verringert.« Ralph klatschte einmal in die Hände. »Okay, machen wir eine kurze Pause, und wenn wir wiederkommen, ist es an der Zeit, dass sie an Don und Lucas die Arschtritte üben, für die Sie sich angemeldet haben.«

11
    »Viele von Ihnen sind vermutlich überzeugt, dass Sie ohne eine Waffe keine Chance gegen einen aggressiven Mann haben.« Ralph sprach von der gegenüberliegenden Seite einer Reihe von Matten zu uns, auf denen sich Don und Lucas gegenüberstanden. Wir

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