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Einfach losfahren

Einfach losfahren

Titel: Einfach losfahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabio Volo
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sind wir wieder unter uns. Sie stand in der Küche und spülte Gläser und Tassen aus, und ich habe nicht widerstanden. Ich trat von hinten an sie heran, küsste ihr Hals und Schultern und streichelte erst den Bauch und dann die Schenkel. Ich hob ihr Kleid, und kurz darauf war ich in ihr, mit aller gebotenen Vorsicht. Es war erregend: ihr Duft, ihr Keuchen, das Geräusch des Wasserstrahls, der weiter über ihre Hände und Gelenke floss. Francesca ist vierunddreißig. Ich freue mich schon darauf, wenn sie vierzig ist. Wie viel Neues ich dann an ihr entdecken werde, wie viel zusätzliche Erkenntnis, wie viele Knospen, die jetzt noch als Samenkörner in ihr schlummern. Die Zukunft ist bereits da. Das ist es, was die Schönheit einer Frau ausmacht: Als Mädchen ist sie ein Ort, aber wenn sie zur Frau geworden ist, ist sie eine Welt.
    Ich freue mich darauf, mit ihr alt zu werden, ich bin neugierig, wie es sein wird – und wie wir sein werden. Ich denke an Francesca, ich denke an Alice, und ich fühle mich wie ein Stück Land zwischen zwei Meeren.
    In Wirklichkeit hat Francesca wie alle Frauen verschiedene Alter. Manchmal ist sie älter als ich, manchmal jünger. Wie sollte man einer Frau ein Datum im Melderegister oder im Personalausweis zuordnen? Das wäre, als würde man die Schönheit einer Blume anhand ihrer Höhe oder Größe bemessen.
    Neulich Abend habe ich den Kopf auf ihren Bauch gelegt, um jede kleinste Bewegung mitzukriegen. Wie ich so dalag und leise redete in der Hoffnung, Alice auf der anderen Seite könne mich hören, streichelte Francesca meinen Kopf. Einen Moment lang kam auch ich mir vor wie ein Kind. Ich fühlte mich jünger als sie. Sie streichelte meinen Kopf wie meine Mutter, als ich klein war. Ich gab mich diesem Gefühl völlig hin. Als sie letzte Woche einmal anfing zu weinen, habe ich sie in die Arme genommen und ihr Gesicht liebkost. In diesem Moment schien sie so klein und zerbrechlich: als wäre sie meine Tochter. Wenn sie lacht, wirkt sie manchmal wie ein Kind, manchmal wie eine Frau. Das Alter der Frauen lässt sich nur erahnen, indem man sie in ihren vielfältigen Wandlungen beobachtet. Sie sind nie gleich.
    Frauen sind nicht die Summe von Jahren, sondern von Augenblicken. Francesca besitzt die gleiche plötzliche Schönheit wie das Leben. Manchmal breitet sie sich durch eine Geste, ein Lächeln, ein Wort in ihr aus. Sie kommt unerwartet wie der Regen eines Sommergewitters oder wie ein Sonnentag im Winter. Sie ist reine Improvisation. Ein Jazzstück.
    Nach meiner Rückkehr vergingen Monate, bis wir das erste Mal miteinander schliefen. Ich war mir sicher, wir würden schon wissen, wann der Augenblick da wäre, und wir waren so klug abzuwarten. Nicht zu früh, nicht zu spät. Al dente. Nun ja, ich hätte schon gern früher mit ihr geschlafen, aber es war in Ordnung, dass sie das Tempo vorgab.
    Das letzte Mal davor, dass wir uns geliebt hatten, war nicht unvergesslich gewesen. Es war aseptisch gewesen, kalt und mechanisch. Nicht gerade aufregend. Wir waren voneinander gelangweilt. Damals, beim letzten Mal, fühlte ich mich hinterher leer, einsam, fast schon genervt.
    Und das, obwohl Francesca mir immer noch gefiel. Aber der Kuss zum Abschied hatte uns alles offenbart. Einer jener sterilen Küsse, die nichts sind als Lippen, die aufeinandertreffen. Schrecklich, sich zu küssen, wenn man sich nicht mehr will. Eins der schönsten Dinge auf der Welt wird zu einem der unangenehmsten. Sie empfand das Gleiche, glaube ich. Ja, ich bin mir sicher, denn ein paar Tage später trennten wir uns in gegenseitigem Einvernehmen.
    Das erste Mal, als wir uns nun wieder liebten, war ganz anders. Am Abend vorher war Francesca zum Abendessen vorbeigekommen. Danach setzten wir uns auf das Sofa und schauten uns einen Film an, Wilde Erdbeeren von Ingmar Bergman, und wie wir da so saßen, streichelte ich sie still. Das weiche Haar, die glatten Arme, die Finger wie Blütenblätter, die Nägel weiß und hart wie kleine Steine. Francesca brauchte das manchmal: Wärme, Zuwendung, in den Arm genommen werden. Sie wollte gestreichelt werden, einfache Liebkosungen, kein Vorspiel zum Sex. Irgendwo habe ich gelesen, dass die Dinosaurier in Wirklichkeit deshalb ausgestorben sind, weil niemand sie gestreichelt hat. Steht zu hoffen, dass wir nicht den gleichen törichten Fehler mit den Frauen begehen.
    Irgendwann schlief Francesca ein. Halb vor Müdigkeit, halb wegen Bergman. Ich war froh, dass sie bei mir lag. Später weckte ich

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