Einfach verliebt!: Roman (German Edition)
dass er die dunklen Abgründe seiner Seele verdrängte. Und das war, wenn er aufrichtig zu sich selbst war, zum Teil auch der Grund dafür, dass er noch hier war. Er konnte sich durchaus ein Hotel leisten. Bestimmt hätte er Sterling alles erklären können. Aber wenn er an seine Albträume dachte, dann war Julia auf jeden Fall die bessere Alternative.
Und da war noch etwas. Mit ihrer TV-Show, dem vorwitzigen Mundwerk und den lavendelfarbenen Augen lenkte sie ihn von seinen Grübeleien um Henry ab.
Was den Mörder seines Partners anging, war Ben noch keinen Schritt vorangekommen. Es war ihm immer noch schleierhaft, warum Henry sich in diese einsame Nebenstraße hatte locken lassen. Seine Online-Recherche in Sachen »Dringender Geldbedarf« sowie seine eigenen Einträge hatten nichts ergeben.
Mittlerweile verfolgte Ben eine andere Spur im Internet, er tummelte sich nämlich auf den Seiten der Kontaktanzeigen. Anfangs war es ihm irrwitzig vorgekommen. Doch nachdem er sich eine Liste mit den charakteristischen Eigenschaften von Leuten gemacht hatte, die eine Bereitschaft zum Dealen gezeigt hatten, war ihm eines aufgefallen: Es handelte sich zumeist um Menschen, die einsam waren, die unbedingt jemand anderen kennen lernen wollten, um sich anerkannt oder wichtig zu fühlen. Und genau solche Menschen frequentierten diese Kontaktanzeigen-Seiten. Allerdings wusste Ben auch, dass ihm die Zeit davonlief.
Dass sein Chef und die Leute in seiner Abteilung glaubten, mit Henry sei etwas faul gewesen, konnte und wollte Ben nicht akzeptieren. Alle glaubten, dass Henry in eine üble Geschichte verwickelt gewesen sei – und dass er sich in besagter Gegend nicht nur aufgehalten hätte, um einen Dealer hochgehen zu lassen.
Henry hatte etwas Gesetzwidriges getan.
Keiner in seiner Abteilung sprach es offen aus, aber Ben spürte es. Und er wollte beweisen, dass Henry nur seinen Job gemacht hatte. Aber war er, Ben, davon denn selber absolut überzeugt?
Wegen seiner insgeheim gehegten Verdächtigung raufte Ben sich die Haare, bis er merkte, dass Julia ihn beobachtete. Sie wollte etwas sagen, doch er kam ihr zuvor. »Komm, ich helf dir beim Tischdecken. Ich hab nämlich einen Mordshunger.«
Zum Glück stellte sie keine Fragen. Und kurze Zeit später verputzten sie Spareribs, Yorkshire-Pudding, Bratkartoffeln, grüne Bohnen mit Mandeln, Salat und Brötchen.
Nach den ersten Bissen seufzte Ben genießerisch. »Du kannst echt super kochen.« Nach weiterem genüsslichem Kauen und Schlucken meinte er: »Bei dir hätte ich eher auf den Cordon-bleu-Typ getippt und nicht auf amerikanische Hausmannskost.«
Julia überlegte. »Das Ausgefallene liegt mir nicht so.«
»Ausgefallen?«
»Du weißt schon, mit Saucen und gefüllt oder anderem Schnickschnack.«
»Du überraschst mich immer wieder.«
Heimlich beobachtete er sie. Als sie fertig war, lehnte sie sich zurück und strahlte. »Kaum zu glauben, aber ich habe die Interviews endlich hinter mir.«
»Und was passiert jetzt?«
»Jetzt habe ich die schwere Aufgabe vor mir, den Sieger rauszupicken.«
»Wie wär’s mit einer Finalrunde?«
»Keine Zeit. Die Show muss stehen, wenn Sterling und Chloe wieder hier sind.«
»Mach dir keinen Stress. Meinst du, Sterling würde um das Urteil von dieser Niete, diesem Folly, auch nur einen Pfifferling geben?«
»Das ist nicht der Punkt. Ich möchte, dass Sterling mich beim Sender behält, weil ich den Job wirklich verdiene. Und nicht aus reiner Menschenfreundlichkeit.«
Ben schaufelte sich den letzten Bissen in den Mund und lehnte sich ebenfalls zurück. »Und jetzt erzähl mir mal, was in dieser hirnverbrannten Show eigentlich abgehen soll.«
Ihre lavendelblauen Augen weiteten sich, und sie rutschte aufgeregt auf ihrem Stuhl herum. »Willst du das wirklich wissen?«
»Natürlich, wieso nicht?«
Er interessierte sich für alles, was ihn von seinen Zweifeln gegenüber Henry ablenkte.
Julia schob den Teller von sich und legte begeistert los. »Es wird einfach super. Die Show dauert eine Stunde. Ich beginne zunächst mit einem Typen, und wenn ich nach der ersten Sendung grünes Licht bekomme, nehme ich mehrere Männer in die Show.«
»Du bist sehr optimistisch!«
»Wieso auch nicht?«, erwiderte sie mit einem Selbstverständnis, das er einfach bewunderte. »Die Idee ist doch grandios. Welche Frau wünscht sich denn nicht die Erfahrung, Attraktivität und Ausstrahlung eines verruchten Typen, der seine Partnerin zugleich auf Händen
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