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Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Titel: Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
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Licht eines englischen Gasthauses mit roten Vorhängen entgegen. Es stand beiseite der Straße, als sei es in einem Übermaß an Gastfreundlichkeit beiseite getreten. Seine drei Türen standen einladend offen; und selbst da, wo sie standen, konnten sie das Murmeln und Lachen der für eine Nacht glücklichen Menschheit hören.
    »Ich brauche Ihnen nicht mehr zu erzählen«, sagte Father Brown. »Sie verurteilten ihn in der Wildnis und vernichteten ihn; und dann, um der Ehre Englands und um seiner Tochter willen, versiegelten sie die Geschichte von der Geldbörse des Verräters und der Säbelspitze des Mörders durch Eid auf ewig. Vielleicht – Gott helfe ihnen – versuchten sie, zu vergessen. Wir jedenfalls wollen versuchen, es irgendwie zu vergessen; hier ist unser Gasthaus.«
    »Aus ganzem Herzen«, sagte Flambeau und war gerade dabei, mit langen Schritten in die hellerleuchtete lärmige Bar zu treten, als er zurückfuhr und fast auf die Straße stürzte.
    »Sehn Sie sich das an, zum Teufel!« schrie er und wies starr auf das viereckige hölzerne Wirtshausschild, das über der Straße hing. Es zeigte undeutlich den groben Umriß eines Säbels mit verkürzter Klinge; und es war mit falschen altertümlichen Buchstaben beschrieben: »Das Zeichen des zerbrochenen Säbels«.
    »Waren Sie darauf nicht vorbereitet?« fragte Father Brown milde. »Er ist der Abgott dieser Landschaft; die Hälfte aller Wirtshäuser und Parks und Straßen sind nach ihm und seiner Geschichte benannt.«
    »Ich dachte, wir wären mit diesem Ungeheuer fertig«, rief Flambeau und spie auf die Straße.
    »In England wird man nie mit ihm fertig sein«, sagte der Priester und blickte zu Boden, »solange Erz stark bleibt und Stein fortdauert. Seine Marmorstatuen werden die Herzen stolzer, unschuldiger Jungen für Jahrhunderte aufrichten, sein Grab auf dem Dorffriedhof wird nach Loyalität wie nach Lilien duften. Millionen, die ihn nie gekannt haben, werden ihn wie einen Vater lieben – diesen Mann, den die wenigen letzten, die ihn kannten, wie Mist behandelten. Er wird ein Heiliger sein; und die Wahrheit über ihn wird nie erzählt werden, denn ich habe mich endlich entschlossen. Es liegt soviel Gutes wie Böses im Enthüllen von Geheimnissen, daß ich mein Verhalten von einem Versuch abhängig gemacht habe. Alle diese Zeitungen werden untergehen; die Anti-Brasilien-Gesinnung ist schon vorüber; Olivier wird überall sonst geehrt. Aber ich hatte mir vorgenommen, daß wenn irgendwo mit Namen in Metall oder Marmor, die wie die Pyramiden Bestand haben, Oberst Clancy oder Hauptmann Keith oder Präsident Olivier oder sonst ein unschuldiger Mann fälschlich bezichtigt wäre, ich sprechen würde. Wenn aber lediglich St. Clare falsch gepriesen würde, wollte ich schweigen. Und ich werde schweigen.«
    Sie tauchten in die Taverne mit den roten Vorhängen ein, die innen nicht nur angenehm, sondern geradezu luxuriös war. Auf einem Tisch stand ein Silbermodell des Grabes von St. Clare, das silberne Haupt gebeugt, der silberne Säbel zerbrochen. An den Wänden waren kolorierte Photographien der gleichen Szene und von den Wagenschlangen, die Touristen zu ihrer Besichtigung herbeischafften. Sie ließen sich auf den bequem gepolsterten Bänken nieder.
    »Kommen Sie, es ist kalt«, rief Father Brown; »wir wollen Wein oder Bier trinken.«
    »Oder Brandy«, sagte Flambeau.

Die drei Werkzeuge des Todes
     
    F atherBrown wußte von Berufs wegen wie aus Überzeugung besser als die meisten von uns, daß jeden Toten Würde umgibt. Doch selbst er empfand einen Schmerz der Ungereimtheit, als man ihn bei Tagesanbruch herausklopfte und ihm mitteilte, daß Sir Aaron Armstrong ermordet worden sei. Es lag etwas Widersinniges und Unpassendes in der heimlichen Gewalttat gegen einen so überaus unterhaltsamen und beliebten Mann. Denn Sir Aaron Armstrong war unterhaltsam bis an den Rand des Komischen; und er war beliebt in einem schon fast legendären Ausmaß. Es war, als höre man, daß Sunny Jim sich aufgehängt habe; oder daß Mr. Pickwick in Hanwell gestorben sei. Denn obwohl Sir Aaron Philanthrop war und also mit den dunkleren Seiten unserer Gesellschaft zu tun hatte, war er stolz darauf, das auf die hellste mögliche Weise zu tun. Seine politischen und sozialen Ansprachen waren Sturzbäche von Anekdoten und »lautem Gelächter«; seine körperliche Gesundheit war von explosiver Art; seine Ethik war der reine Optimismus; und er nahm sich des Trinkerproblems (seinem

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