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Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit

Titel: Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gilbert Keith Chesterton
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Als daher der junge Detektiv (dessen Name Merton war) den kleinen Priester über die Felder zur Eisenbahn führte, war ihr Gespräch vertraulicher, als es normalerweise zwischen zwei völlig Fremden erwartet werden kann.
    »Soweit ich sehen kann«, sagte Merton offen, »ergibt das Ganze überhaupt keinen Sinn. Es gibt niemanden, den man verdächtigen könnte. Magnus ist ein feierlicher alter Narr, viel zu sehr Narr, um ein Mörder zu sein. Royce war seit Jahren der beste Freund des Baronets; und seine Tochter betete ihn zweifelsohne an. Davon abgesehen ist das alles zu absurd. Wer würde solch einen fröhlichen alten Burschen wie Armstrong töten wollen? Wer würde seine Hände in das Blut eines Tischredners tauchen wollen? Das wäre, als ob man den Weihnachtsmann tötete.«
    »Ja, das war ein fröhliches Haus«, stimmte Father Brown zu. »Es war ein fröhliches Haus, als er noch lebte. Glauben Sie, daß es fröhlich bleiben wird, jetzt, da er tot ist?«
    Merton fuhr zusammen und sah seinen Gefährten mit lebhafteren Augen an. »Jetzt, da er tot ist?« wiederholte er.
    »Ja«, fuhr der Priester gleichmütig fort; »er war fröhlich. Aber konnte er seine Fröhlichkeit weitergeben? Offen gefragt, war außer ihm im Haus noch jemand fröhlich?«
    Ein Fenster in Mertons Geist ließ jenes eigenartige Licht der Überraschung ein, in dem wir zum erstenmal Dinge begreifen, die wir schon seit langem gewußt haben. Er war im Zusammenhang mit kleinen Polizeihilfsarbeiten für den Philanthropen oft bei den Armstrongs gewesen; doch erschien es ihm jetzt, da er darüber nachzudenken begann, eigentlich als ein niederdrückendes Haus. Die Zimmer waren sehr hoch und sehr kalt; die Einrichtung war billig und provinziell; die zugigen Korridore wurden von elektrischem Licht erleuchtet, das frostiger als Mondlicht war. Und obwohl des alten Mannes rotes Angesicht und silberner Bart in jedem Zimmer und jedem Gang nacheinander wie Freudenfeuer erstrahlt waren, hatten sie doch keinerlei Wärme hinterlassen. Zweifellos war diese gespenstische Ungemütlichkeit des Hauses teilweise gerade auf die Lebenskraft und den Überschwang seines Besitzers zurückzuführen; er brauche weder Öfen noch Lampen, pflegte er zu sagen, sondern trüge seine eigene Wärme in sich. Als aber Merton an die anderen Bewohner dachte, war er gezwungen zuzugeben, daß sie ihrerseits nichts als Schatten ihres Herrn waren. Der melancholische Kammerdiener mit seinen gräßlichen schwarzen Handschuhen war geradezu ein Albtraum; Royce, der Sekretär, war eigentlich kräftig genug gebaut, ein Stier von einem Mann in Tweed mit kurzem Bart; aber der strohfarbene Bart war wie der Tweed auffallend grau gesprenkelt, und die breite Stirn war voller vorzeitiger Falten. Er war an sich auch gutmütig, aber es war eine traurige Art der Gutmütigkeit, fast eine Art Gutmütigkeit aus gebrochenem Herzen – er trug die Miene eines Mannes zur Schau, der im Leben gescheitert ist. Und was Armstrongs Tochter angeht, so war es geradezu unglaubhaft, daß sie seine Tochter war; so blasse Farben und so zarte Konturen hatte sie. Sie war anmutig, aber da war ein Zittern in ihrer Gestalt wie in einer Espe. Merton hatte sich manches Mal gefragt, ob dieses Zittern vielleicht vom Lärm der vorüberfahrenden Züge herrühre.
    »Wie Sie sehen«, sagte Father Brown und blinzelte bescheiden, »bin ich nicht so sicher, daß Armstrongs Fröhlichkeit so fröhlich ist – für andere Menschen. Sie sagten, daß niemand einen so glücklichen alten Mann töten könne, doch bin ich mir da nicht so sicher; ne nos inducas in tentationem. Wenn ich jemals jemanden umbringen sollte«, fügte er einfach hinzu, »wird es sicherlich ein Optimist sein.«
    »Warum?« rief Merton erheitert. »Glauben Sie, daß die Menschen Fröhlichkeit nicht lieben?«
    »Menschen lieben häufiges Lachen«, antwortete Father Brown, »aber ich glaube nicht, daß sie ein ständiges Lächeln lieben. Fröhlichkeit ohne Humor ist reichlich anstrengend.«
    Sie gingen eine Weile schweigend an der windigen Grasböschung der Eisenbahn entlang, und gerade als sie unter den weitfallenden Schatten des hohen Armstrong-Hauses kamen, sagte Father Brown plötzlich wie ein Mann, der einen störenden Gedanken eher fortwirft, als ihn ernsthaft anzubieten: »Natürlich ist Trinken an sich weder gut noch böse. Aber ich werde manchmal das Gefühl nicht los, daß Menschen wie Armstrong von Zeit zu Zeit ein Glas Wein brauchen, um traurig zu werden.«
    Mertons

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