Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit
Dienstvorgesetzter, ein grauer und fähiger Detektiv namens Gilder stand auf der grünen Böschung, wartete auf den amtlichen Leichenbeschauer und unterhielt sich mit Patrick Royce, der mit seinen breiten Schultern und borstigem Haar und Bart über ihm aufragte. Das war um so bemerkenswerter, als Royce sonst immer in einer Art kraftvollen Gebeugtseins einherging und seine geringen Aufgaben als Sekretär und im Haushalt in einer schwerfälligen und demütigen Weise zu verrichten schien, wie ein Ochse, der eine Kinderkutsche zieht.
Er hob beim Anblick des Priesters den Kopf mit ungewöhnlicher Freude und nahm ihn ein paar Schritte beiseite. Inzwischen sprach Merton den älteren Detektiv durchaus ehrerbietig, aber nicht ohne eine gewisse jungenhafte Ungeduld an.
»Nun, Mr. Gilder, sind Sie mit dem Geheimnis weitergekommen?«
»Es gibt kein Geheimnis«, antwortete Gilder, während er mit verträumten Augen Saatkrähen nachblickte.
»Nun, für mich jedenfalls gibt es eins«, sagte Merton lächelnd.
»Das ist alles einfach genug, mein Junge«, bemerkte der vorgesetzte Untersuchungsbeamte und strich sich seinen grauen Spitzbart. »Drei Minuten, nachdem Sie sich zu Mr. Roycens Priester aufgemacht haben, kam die ganze Geschichte heraus. Sie kennen diesen teiggesichtigen Diener mit den schwarzen Handschuhen, der den Zug anhielt?«
»Ich würde ihn überall erkennen. Irgendwie hat er mich das Gruseln gelehrt.«
»Na schön«, sagte Gilder träge, »als der Zug wieder abgefahren war, war auch der Mann abgefahren. Ein reichlich kaltblütiger Verbrecher, meinen Sie nicht auch, der mit demselben Zug flieht, der nach der Polizei abfuhr?«
»Und Sie sind ganz sicher, nehme ich an«, sagte der junge Mann, »daß er wirklich seinen Herrn getötet hat?«
»Ja, mein Sohn; ich bin ganz sicher«, erwiderte Gilder trocken; »und zwar aus dem unwichtigen Grund, daß er mit 20000 Pfund in Wertpapieren abgehauen ist, die sich im Schreibtisch seines Herrn befanden. Nein; die einzige Sache, die man eine Schwierigkeit nennen könnte, ist die Frage, wie er ihn umgebracht hat. Der Schädel scheint wie mit irgendeiner schweren Waffe zerschmettert, aber nirgendwo liegt eine Waffe herum, und dem Mörder wäre es sicher zu lästig gewesen, sie mitzuschleppen, es sei denn, die Waffe war zu klein, um bemerkt zu werden.«
»Vielleicht war die Waffe zu groß, um bemerkt zu werden«, sagte der Priester mit einem sonderbaren kleinen Kichern.
Gilder blickte sich bei dieser phantastischen Bemerkung um und fragte Brown einigermaßen scharf, was er damit meine.
»Dumme Art, es auszudrücken, ich weiß«, sagte Father Brown entschuldigend. »Hört sich wie ein Märchen an. Aber der arme Armstrong wurde tatsächlich mit einer Riesenkeule getötet, einer großen grünen Keule, zu groß, um gesehen zu werden, und die wir die Erde nennen. Er zerbrach an dieser grünen Böschung, auf der wir stehen.«
»Wie meinen Sie das?« fragte der Detektiv schnell.
Father Brown wandte sein Mondgesicht der schmalen Fassade des Hauses zu und blinzelte hoffnungslos hoch. Als sie seinen Blicken folgten, sahen sie, daß ganz oben in dieser sonst fensterlosen Rückseite ein Dachstubenfenster aufstand.
»Sehen Sie denn nicht«, erklärte er und wies ein bißchen ungeschickt wie ein Kind nach oben, »daß er von da oben hinabgestürzt wurde?«
Gilder studierte das Fenster stirnrunzelnd und sagte dann: »Das ist sicherlich möglich. Aber ich verstehe nicht, warum Sie sich dessen so sicher sind.«
Brown öffnete seine grauen Augen weit. »Nun ja«, sagte er, »da hängt doch ein Stück Strick am Bein des Toten. Sehen Sie denn nicht das andere Stück Strick, das sich da oben in der Fensterecke festgeklemmt hat?«
In der Höhe nahm das Ding sich wie ein winziges Staubkorn oder Haar aus, aber der kluge alte Detektiv war überzeugt. »Sie haben ganz recht, Sir«, sagte er zu Father Brown, »wirklich 1:0 für Sie.«
Während er noch sprach, kam durch die Biegung der Gleise zu ihrer Linken ein Sonderzug mit einem Wagen heran, hielt an und spie eine weitere Gruppe Polizisten aus, in deren Mitte sich das Armesündergesicht von Magnus befand, dem entwichenen Diener.
»Bei Gott! Sie haben ihn«, schrie Gilder und trat mit neuerwachter Lebendigkeit vor.
»Haben Sie das Geld?« rief er dem ersten Polizisten zu.
Der Mann sah ihm mit einem sonderbaren Ausdruck ins Gesicht und sagte: »Nein.« Dann fügte er hinzu: »Wenigstens nicht hier.«
»Wer ist der Inspektor, bitte?« fragte
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