Einfalt, Weisheit, Unglaeubigkeit
Das sind sehr anständige Leute aus Greenford, und sie sind wegen der presbyterianischen Kapelle hergekommen.«
Während er noch sprach, kam der große Schmied um die Kirchenecke und schritt in seinen eigenen Hof. Dann blieb er ganz still stehen, und der Hammer fiel ihm aus der Hand. Der Inspektor, der eine undurchdringliche Amtsmiene gewahrt hatte, ging sofort zu ihm hin.
»Ich will Sie nicht fragen, Mr. Barnes«, sagte er, »ob Sie irgendwas von dem wissen, was sich hier abgespielt hat. Sie sind nicht verpflichtet, etwas zu sagen. Ich hoffe, daß Sie nichts wissen und das auch beweisen können. Aber ich muß Sie in aller Form im Namen des Königs wegen Mordes an Oberst Norman Bohun verhaften.«
»Sie sind nicht verpflichtet, irgendwas zu sagen«, sagte der Schuster in dienstbeflissener Erregung. »Die müssen alles beweisen. Bisher haben die nicht mal bewiesen, daß das Oberst Bohun ist, mit dem Kopf dermaßen zerschmettert.«
»Das führt zu nichts«, sagte der Doktor beiseite zum Priester. »Das hat er aus Kriminalromanen. Ich war der Arzt des Obersts und kenne seinen Körper besser, als er ihn kannte. Er hatte sehr feine Hände, aber sehr eigentümliche. Der zweite und der dritte Finger waren von gleicher Länge. Nein, das ist schon wirklich der Oberst.«
Als er auf den Leichnam mit dem zermalmten Schädel auf der Erde blickte, folgten ihm die eisgrauen Augen des bewegungslosen Schmiedes dahin und hefteten sich dort ebenfalls fest.
»Ist Oberst Bohun tot?« fragte der Schmied sehr ruhig. »Dann ist er in der Hölle.«
»Sagen Sie nichts! Oh sagen Sie nichts«, rief der atheistische Schuster und tanzte in einer Ekstase der Bewunderung für das englische Rechtssystem umher. Denn niemand hängt so am Buchstaben des Gesetzes wie der leidenschaftliche Freidenker.
Der Schmied wandte ihm über die Schulter das erhabene Antlitz des Fanatikers zu.
»Für Euch Ungläubige mag es angehen, sich wie ein Fuchs einen Ausweg zu suchen, weil das irdische Recht Euch begünstigt«, sagte er; »aber Gott behütet die Seinen in Seiner Hütetasche, wie Ihr noch heutigen Tages sehen werdet.«
Dann wies er auf den Oberst und fragte: »Wann fuhr dieser Hund in seinen Sünden dahin?«
»Mäßigen Sie Ihre Sprache«, sagte der Doktor.
»Mäßiget die Sprache der Bibel, und ich werde die meine mäßigen. Wann also ist er gestorben?«
»Ich habe ihn um sechs in der Frühe noch lebend gesehen«, stammelte Wilfred Bohun.
»Gott ist gut«, sagte der Schmied. »Herr Inspektor, ich habe nicht das geringste dagegen, verhaftet zu werden. Sie sind es, der vielleicht etwas dagegen hat, mich zu verhaften. Mir ist es egal, wenn ich den Gerichtshof ohne einen Makel auf meinem Charakter verlasse. Ihnen ist es vielleicht nicht egal, den Gerichtshof mit einem Rückschlag für Ihre Karriere zu verlassen.«
Der wackre Inspektor sah den Schmied zum erstenmal mit lebhafter Anteilnahme an – wie jeder andere auch, mit Ausnahme des kleinen fremden Priesters, der immer noch auf den kleinen Hammer hinabblickte, der den entsetzlichen Hieb ausgeteilt hatte.
»Zwei Männer stehen vor diesem Geschäft«, fuhr der Schmied mit behäbiger Klarheit fort, »ehrenwerte Geschäftsleute aus Greenford, die Ihr alle kennt und die beschwören werden, daß sie mich von vor Mitternacht bis zum Tagesanbruch und noch lange danach im Sitzungssaal unserer Erweckungsmission gesehen haben, die während der ganzen Nacht tagte, weil wir Seelen so rasch retten. In Greenford selbst können weitere zwanzig Leute beschwören, daß sie mich während der ganzen Zeit gesehen haben. Wenn ich ein Heide wäre, Herr Inspektor, würde ich Sie in Ihren Untergang wandern lassen; aber als Christ fühle ich mich verpflichtet, Ihnen die Gelegenheit zu bieten und Sie zu fragen, ob Sie mein Alibi jetzt oder erst vor Gericht hören wollen.«
Zum erstenmal schien der Inspektor verwirrt und sagte: »Natürlich wäre ich froh, wenn ich Sie jetzt sofort entlastet sähe.«
Der Schmied ging mit dem gleichen langen und leichten Schritt aus seinem Hof hinaus und kehrte sofort mit seinen beiden Freunden aus Greenford zurück, die in der Tat Freunde von fast allen Anwesenden waren. Jeder von beiden sprach einige Worte, an denen niemand je zu zweifeln dachte. Nachdem sie gesprochen hatten, stand die Unschuld Simeons ebenso fest wie die große Kirche über ihnen.
Eines jener Schweigen überfiel die Gruppe, das fremdartiger und unerträglicher ist als jede Rede. Sinnlos und nur um etwas zu sagen,
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