Eingesperrt - Jessica Daniel ermittelt (German Edition)
dass dieser Mord mit dem anderen in Verbindung steht?«
Jessica zuckte zusammen. »Ich weiß nicht, wer Ihnen so was erzählt hat, Garry. Da nimmt Sie jemand auf die Schippe.«
»Oder Sie nehmen mich auf die Schippe …«
Jessica kochte vor Wut und wusste nicht, was sie sagen sollte. Wieso wusste er Bescheid? Herauszufinden, dass es noch eine Leiche gab, war nicht schwer. In der Straße, wo die Princes wohnten, hatten genügend Schaulustige herumgelungert. Aber woher wusste er, dass der Fall Parallelen zu dem anderen aufwies?
Entweder einer der Ermittler fütterte ihn mit Informationen oder …
»Garry, sind Sie der Mörder?«
»Was? Nein, natürlich nicht.«
»Sie wissen aber anscheinend eine Menge über die beiden Fälle. Vielleicht sogar Einzelheiten, die nur der Mörder wissen kann …«
»Nein, nein, da liegen Sie falsch. Es ist ganz anders.«
Jessica glaubte nicht eine Sekunde, dass er ihr Mörder war, aber sie wollte den Spieß mal umdrehen.
»Ach ja? Sie müssen die Sache mal aus meiner Sicht betrachten. Da ist so ein Typ, der anscheinend sehr viel über meinen Fall weiß, aber nicht darüber reden will. Stattdessen schreibt er Zeitungsartikel, in denen er mich und meine Leute runterputzt. Vielleicht sollte ich Sie mal zum Verhör laden?«
Sie konnte fast hören, wie er sich am anderen Ende der Leitung wand.
»Nein, nein, ich habe das doch gar nicht alles selbst geschrieben. Mein Redakteur, der hat …«
»Was hat der?« Jessica hörte, wie Garry einen tiefen Seufzer ausstieß.
»Können wir uns persönlich treffen?«
»Soll das ein Date werden? Ich gehe nicht mit Mördern aus, Garry.«
»Nein, das meinte ich nicht. Ich wollte nur … Ich möchte mit Ihnen reden. Immerhin sind zwei Leute umgebracht worden.«
Mit diesem letzten Satz war das Katz-und-Maus-Spiel zwischen ihnen beendet. Jessica war immer noch sauer auf ihn, aber sie merkte an seinem Tonfall, dass er genauso wenig wie sie wollte, dass die beiden Opfer zur Nebensache verkamen.
»Ich bin gerade sehr beschäftigt«, sagte sie.
»Nur eine Viertelstunde. Morgen Nachmittag? In der Nähe meines Büros ist ein Café.«
»Na ja, okay. Schicken Sie mir eine SMS mit der Adresse.«
»Super. Mache ich sofort.«
Bevor er auflegte, fiel Jessica noch etwas ein: »Sind Sie noch dran?«
»Ja.«
»Ziehen Sie bloß nicht die Jacke an.«
Dann legte Jessica auf.
Z WÖLF
Am nächsten Tag stand nicht viel über den Fall in den Zeitungen. Wahrscheinlich waren die Informationen zu spät rausgegangen. Die Nachrichtensendungen am Morgen käuten nur die Pressemitteilung vom Vorabend wieder, und auf der Wache schienen alle ganz zufrieden zu sein, dass die Sache unter Verschluss geblieben war. Jessica ging an diesem Morgen zu Aylesbury, um ihm von ihrer Unterhaltung mit Garry Ashford zu berichten. Sie wollte keine interne Untersuchung provozieren, deshalb erzählte sie ihrem Vorgesetzten, dass sie sich nachmittags mit dem Journalisten treffen würde. Da sie noch keine Laborergebnisse hatten und auch noch nicht mit Sandra Prince sprechen konnten, wies der DCI darauf hin, dass eine Panik entstehen könnte, falls die Medien von einem Zusammenhang zwischen den beiden Fällen berichteten.
»Die stellen uns sowieso schon als unfähige Stümper hin. Außerdem sind aller Augen auf uns gerichtet. Einerseits wegen dieser Mordsache, aber auch wegen der chaotischen Gerichtsverhandlung.«
Chaotisch war eine treffende Beschreibung für Harrys Prozess. Nachdem ihr Exkollege am ersten Verhandlungstag nicht erschienen war, hatte die Anklage eine Vertagung wegen »Krankheit« beantragt. Peter Hunt hatte sich vehement dagegen ausgesprochen, aber da die Geschworenen noch nicht ausgewählt waren, hatte der Richter die Verhandlung widerwillig um eine Woche verschoben. Jessica hatte versucht, Harry anzurufen, aber wie üblich war er nicht drangegangen. Auf der Wache kursierten Gerüchte, er würdesich weigern auszusagen und den ganzen Prozess zum Platzen bringen. Da zudem die Ermittlungen im Mordfall Christensen stagnierten, war die Lage sehr angespannt.
Als der Prozess schließlich begann, erschien Harry jeden Tag. Nach der Auswahl der Geschworenen und dem Eröffnungsplädoyer wurde Harry in den Zeugenstand gerufen. Als Zeugin durfte Jessica der Verhandlung nicht beiwohnen. Ihre Informationen bekam sie aus dem Fernsehen und vom diensthabenden Sergeant, der wirklich über alles Bescheid zu wissen schien.
»Was ist mit der undichten Stelle?«, fragte Jessica.
Aylesbury
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