Eingesperrt - Jessica Daniel ermittelt (German Edition)
sehe einen Ausschlag auf seinen Armen oder so was, dann muss ich sofort einen Krankenwagen rufen.«
Jessica nickte nur und war froh, dass sie solche Probleme nicht hatte. »Muss aber schwierig sein, wenn man einen Kater hat«, scherzte sie.
Randall stand auf und ging zur Toilette.
Sobald sie hörten, wie die Badezimmertür zuging, fragte Caroline: »Na, was hältst du von ihm?«
»Er macht einen sympathischen Eindruck, und ihr versteht euch anscheinend prächtig.«
Caroline grinste. »Außerdem sieht er total scharf aus.«
Jessica erwiderte ihr Grinsen: »Ja, nicht schlecht. Ein bisschen jung für dich vielleicht.«
»Jung? Unverschämtheit! Ich bin erst dreißig und er ist dreiundzwanzig.«
»Der ist ja quasi dein Toyboy. Wie in der
Reifeprüfung
, Mrs Robinson.«
»Ach, so ein Quatsch!«
Daraufhin mussten beide lachen. »Du solltest sein Angebot annehmen und mit einem von seinen Freunden ausgehen. Es wäre doch toll, was zu viert zu unternehmen. Außerdem würde dich das von der Arbeit ablenken. Du hast dir mal einen freien Abend verdient.«
»Ach, lieber nicht …«
»Komm schon …«
»Na ja, vielleicht, aber nicht gerade jetzt, ich habe viel zu viel zu tun. In ein paar Wochen vielleicht, wenn es wieder ruhiger ist.«
Der fröhliche Abend mit ihrer Freundin half Jessica tatsächlich, ihre Probleme mit dem Fall zu vergessen.
»Ich bin so froh, dass du ihn magst«, sagte Caroline.
»Ich glaube, mit dem Jungen kann man Spaß haben.«
»Ja, stimmt. Aber er hat gesagt, als Kind sei er sehr schüchtern gewesen. Angeblich habe ich ihm geholfen, aus sich herauszukommen. Wenn ich mit ihm allein bin, wirkt er allerdings sehr verletzlich.«
»Solang er dich anständig behandelt.«
»Und wenn nicht, dann rufe ich die Polizei. Ich kenne da jemanden.«
Das Rauschen der Toilettenspülung beendete ihre Unterhaltung, aber bevor Randall zurückkam, klingelte Jessicas Handy. Sie hatte ihre Tasche neben ihre Schuhe an der Wohnzimmertür gepfeffert und vergessen, ihr Handy rauszuholen. Sie schaffte es gerade noch zu antworten.
Cole war dran. Sie hatten noch eine Leiche gefunden.
E LF
Eigentlich gab es keinen Grund, diesen Mord mit dem vorigen in Verbindung zu bringen, wenn da nicht der Tatort gewesen wäre. Das Haus war nur ein paar hundert Meter von Yvonne Christensens entfernt. Es gab einige Parallelen zur ersten Tat, nur diesmal war die Leiche auf einem Sessel im Wohnzimmer gefunden worden. Auch dieses Opfer hatte tiefe Einschnitte am Hals, schien sich aber gewehrt zu haben.
Trotz der Ähnlichkeiten zum ersten Fall gab es doch einen entscheidenden Unterschied: Das Opfer war ein Mann.
Jessica betrat den Vernehmungsraum in Longsight mit gemischten Gefühlen. Sie hatte schon den ganzen Tag gearbeitet und spürte immer noch die Flasche Wein, die sie zusammen mit Caroline auf nüchternen Magen getrunken hatte. Wenn man einen Tatort besichtigte, wurde einem oft etwas flau, aber am späten Abend fing ihr Magen richtig an zu rumoren. Sie fühlte sich einfach nicht wohl. Sie nahm an, dass es auch etwas mit ihren ambivalenten Gefühlen zu tun hatte. Einerseits war sie ganz aufgeregt, dass wieder etwas los war, und froh, beweisen zu können, dass sie keine Versagerin war. Andererseits war sie entsetzt und schämte sich ihrer egoistischen Reaktion auf den Tod eines Menschen. Diese Empfindungen und Gedanken unter einen Hut zu bringen war nicht einfach.
Cole saß schon am Tisch, und ihm gegenüber der Pflichtverteidiger der Wache mit einem verängstigt dreinschauenden jungen Mann.
Jonathan Prince war zweiundzwanzig, wohnte aber noch zu Hause bei seinen Eltern. Er war von der Arbeit gekommen und hatte seinen Vater Martin Prince tot in einem Sessel aufgefunden, von dem die Spurensicherung gerade Fotos machte.
Cole schaltete das Tonband ein, und Jessica nannte die Namen aller Anwesenden, Datum und Uhrzeit. Dann zögerte sie. »Alles in Ordnung, Jonathan?«, fragte sie.
Keine Antwort.
»Jonathan?«
»Ja, ja, alles in Ordnung. Na ja, soweit …« Der junge Mann sprach sehr langsam und wirkte etwas benommen.
»Also, Jonathan, ich muss Ihnen ein paar Fragen stellen, in Ordnung? Ich weiß, Sie haben ein schreckliches Erlebnis hinter sich, aber alles, was Sie sagen, hilft uns, den Täter zu finden. Verstehen Sie?«
»Ja, ja … ich weiß.«
»Können Sie mir sagen, was Sie heute gemacht haben?«
Jonathan brauchte Zeit, um sich zu fassen, und brach immer wieder in Tränen aus. Der Anwalt sagte, die Vernehmung könne
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