Einige sterben schneller! (German Edition)
mitbestellt, den ich am Samstag benötigte. Zuhause angekommen legte ich mir meinen schwarzen Anzug und die restlichen Kleidungsstücke für morgen zurecht. Ich putzte noch meine Schuhe, was ich eigentlich nie tat, um morgen einen ordentlichen Eindruck zu hinterlassen. Dann bereitete ich mir mein Abendessen zu und fühlte mich zum ersten Mal seit Bettinas Tod allein im Haus. Ich musste an die vielen schönen, gemeinsamen Stunden denken und wurde richtig traurig. Fast hätte ich meine Tat schon bereut, aber ich rief mir meine Beweggründe hierzu ins Gedächtnis und zwang mich mich zusammenzureißen. Morgen hatte ich eine schwierige Rolle zu spielen, denn bei der Beerdigung würden mich alle beobachten. Ich beschloss eine gebückte und leicht verstörte Haltung einzunehmen und meine Augen vorher wieder mit der Zwiebel zu bearbeiten. Bevor ich einschlief, stellte ich mir im Bett nochmals die morgige Situation vor, damit ich mich bestmöglich darauf vorbereiten konnte.
Heute am Freitag, dem 31. Oktober würden wir endgültig von Bettina Abschied nehmen. Ich hatte dies zumindest innerlich schon seit vielen Wochen gemacht, aber heute würde Sie unsere Erdoberfläche auch körperlich verlassen. Die Totenmesse war für 11.00 Uhr angesetzt und da wir keinen besonderen Bezug zur Kirche hatten, überließ ich es dem Priester eine geeignete Rede bzw. Messe abzuhalten. Ich hatte ihm diese Woche ein paar Informationen über Bettina und ihr Leben zukommen lassen. Obwohl nur die engsten Familienmitglieder beider Familien eingeladen waren, füllte sich die kleine Kirche zunehmend, denn es waren viele Arbeitskollegen, Freunde und Bekannte von Bettina zur Beerdigung erschienen, von denen ich nur einen kleinen Teil kannte. Das Wetter war für diese Jahreszeit typisch kalt und verregnet und passte somit gut zur Stimmung bei einer Beerdigung. Mir war das ganz recht, denn so ließen sich die Regentropfen auf meinem Gesicht nicht von echten Tränen unterscheiden und gerötete Augen hatte ich ja bereits.
Nachdem der Sarg in das Grab herabgelassen worden und alle ihre Blumen und Kränze niedergelegt hatten, löste sich die Gesellschaft auch aufgrund des schlechten Wetters schnell auf. Im Kreise der Familie fuhren wir anschließend in die wenig entfernte Gaststätte. Ich hatte zwar einen Raum reserviert, aber kein Essen vorbestellt, denn jeder sollte á la Carte essen. Auf eine Tischordnung hatte ich ebenfalls verzichtet, so dass jeder dort sitzen konnte wo er wollte. Die ständigen Beileidsbekundungen belasteten mich sehr, denn die Anwesenden kannten Bettina nur so, wie auch ich Sie vor Jahren kennengelernt und schätzen gelernt hatte. In diesem Kreise wusste außer mir niemand von ihrem Doppelleben. Nach dem Kaffeetrinken löste sich auch unser trauernder Familienkreis langsam auf, da einige doch noch eine weitere Fahrt bis nachhause hatten und nicht mitten in der Nacht ankommen wollten. Als alle fort waren beglich ich die Rechnung und fuhr nochmals zum Friedhof, um das Grab zu besuchen. Dies war mein stiller Abschied von Bettina, die Frau, die ich einmal geliebt hatte. Jetzt musste ich wirklich weinen.
Bettinas Sachen, die ich in den letzten Tagen herausgesucht und hergerichtet hatte und ihren Verwandten übergeben wollte, lagen noch zuhause bei mir. Wir hatten bei der Beerdigung vereinbart, dass ihre Eltern diese Dinge am kommenden Sonntag Vormittag bei mir abholen und dann aufteilen würden.
In betrübter Stimmung fuhr jetzt auch ich heim. Morgen war Stefans Beerdigung und mir stand das gleiche nochmals bevor. Ich duschte heiß und setzte mich vor dem Fernseher zusammen mit einer Flasche gutem Whisky und sah noch etwas fern. So ließ es sich halbwegs aushalten bis ich irgendwann auf der Couch einschlief.
Samstagmorgen wachte ich mit einem dicken Kopf auf. Ob das am Whisky lag, den ich gestern Abend in größeren Mengen konsumiert hatte, oder am schlechten Schlaf auf der Couch, konnte ich nicht sagen. Ich trank schnell zwei Tassen Kaffee, ohne etwas zu essen, machte mich frisch und fuhr dann auf Stefans Beerdigung. Auch heute würde mir die Zwiebel, die ich vor meiner Abfahrt unter meine Augen hielt, gute Dienste leisten.
Stefans Beerdigung war weitaus aufwendiger gestaltet, als gestern die von Bettina. Ich kam rechtzeitig an, aber die Kirche war schon sehr voll, so dass ich nur noch einen Platz in den hinteren Sitzreihen fand. Das war mir aber ganz recht so. Heute hielten gleich zwei Geistliche die Trauerfeier für Stefan ab.
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