Einige sterben schneller! (German Edition)
musste. Es eilte auch nicht, denn ich hatte ja noch keine Papiere bzw. Ausweise. Ich beschloss daher mich zuerst darum zu kümmern, verließ den Hafenbereich wieder Richtung Stadt und wollte ein paar richtig heruntergekommenen Hafenkneipen besuchen, wo das Essen bestimmt nicht das Beste war, ich aber mit einen großzügigen Trinkgeld vielleicht einen Hinweis erhalten würde, wo man gefälschte Papiere erwerben konnte. Los ging es im 'Klabauter', einer kleinen Kneipe im Erdgeschoss mit einer langen U-förmigen Theke und 4 Tischen. Nur ein Tisch war besetzt, dort spielten ein paar Seeleute Karten, aber die Theke war ziemlich voll. Ich suchte mir einen freien Barhocker und bestellte ein Bier. Auf deutsch, so dass sich die nebenstehenden Gäste umdrehten und mich musterten. Irgendwie paßte ich hier mit meinem Aussehen trotzdem ganz gut herein. Die wilde Frisur, die eher an einem Punk erinnerte, meine Blessuren, verursacht durch kleinere und größere Missgeschicke in den letzten Tagen, dann mein zwischenzeitlich 4-Tage alte Bart und die von der Werkstattarbeit im Knast immer noch ölverschmierten Fingernägel. Als mein Bier kam, prostete ich den beiden Nachbarn zu, die dies kurz erwiderten, sich aber dann wieder ihrem Gesprächspartner zuwendeten. Auch von den anderen Gästen zeigte keiner Interesse an mir, weder an einem Gespräch, noch an einer Kneipenschlägerei.
Nachdem die beiden Plätze neben mir frei wurden und ich zwischenzeitlich noch ein paar Bier getrunken hatte, rief ich die Bedienung, eine knapp 50 Jahre alte, mürrisch dreinschauende Frau, die früher sicher einmal hübsch gewesen war. Ich verlangte die Rechnung und nachdem ich die 12,30 Euro mit einem 50 Euro-Schein bezahlt hatte und dem Hinweis, der Rest sei für Sie fragte ich: 'Wo kann ich Papiere bekommen'? Die Bedienung tat erst so, als verstünde Sie mich nicht, obwohl eigentlich alle Holländer gut deutsch sprechen. Ich nickte ihr mit einem Zwinkern leise zu: 'Na Ausweise, Pässe und so was'.
Sie verschwand in die kleine Küche, wohl sicher nicht, um mir einen Snack zuzubereiten und ich fragte mich, was Sie dort tat. Rief Sie die Bullen? Ich würde hier keine 3 Minuten mehr bleiben. Kurz vor Ablauf der Zeit kam Sie mit einem grobschlächtigen Mann, etwa in ihrem Alter wieder an die Theke und auf mich zu. 'Da können wir leider nichts für Sie tun', sprach er und gab mir mit einem kurzen Zwinkern die Rechnung. Ich bedankte mich, verließ die Spielunke und ging gemächlich ein paar hundert Meter weiter. Anschließend betrachtete ich die Rückseite der Rechnung: 19.00 Van-Houtenstraat 2 Darian stand dort ordentlich lesbar mit blauem Kugelschreiber geschrieben.
Es handelte sich also um eine Adresse mit Uhrzeit, da kein Datum darauf stand, wohl heute und um einen Ansprechpartner oder ein Lokal, das Darian hieß. Vorhin, 3-4 Straßen entfernt Richtung Innenstadt, hatte ich eine große gerahmte Plakatwand gesehen, in der sich ein Stadtplan von Rotterdam befand. Ich ging den Weg, so gut wie ich mich erinnerte, zurück und fand die Tafel nach einem kleinen Umweg. Ein kurzer Blick auf die Straßenlegende und schon kannte ich mein Ziel. Die van-Houtenstraat lag etwa 500 Meter Luftlinie vom 'Klabauter' entfernt.
Sollte es wirklich so einfach sein an neue Papiere zu kommen, oder war das eine Falle? Arbeitete die Bedienung als Spitzel? Unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich. Wenn mich die Bullen schnappten, waren meine Südamerikareisepläne hinfällig und ich würde für den Rest meines Lebens im Knast hocken.
Ich beschloss sehr vorsichtig zu sein. Es war jetzt gerade später Mittag und bis 19.00 Uhr hatte ich noch ausreichend Zeit. Wie sollte ich vorgehen? Diese Frage beschäftigte mich sehr, sehr lange. Als ich nach über einer Stunde Grübeln immer noch keine Lösung hatte, beschloss ich mir zuerst den Treffpunkt anzusehen und dann ein paar allgemeine Informationen über gefälschte Papiere im Internet zu besorgen.
Darian war wohl der Ansprechpartner, denn zu der Adresse gehörte ein weitere Kneipe, die aber lt. Aushang heute erst wieder um 18.00 Uhr öffnete. Etwa 50 Meter weiter gab es ein kleines Internetcafe, auch mit 3 veralteten 'öffentlichen' PCs, für alle, die wie ich kein Notebook mit Wlan-Anschluss besaßen und über den Hotspot des Cafes kostenlos surfen durften. Ich bestellte einen Latte-Macchiato und 1 Stunde Surfzeit, zahlte gleich, setzte mich an einem freien Rechner und legte los. Google sei Dank, hatte ich bereit fünf Minuten
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