Einkehr zum toedlichen Frieden
geht. Da
genügt schon etwas Pech. Habe ich selbst auch gehabt. Die Kneipe auf der Kehr
hat mir damals meine Gastwirtschaft in Krewinkel ruiniert.«
»Was!«, rufe ich, »Sie waren Gastwirt?«
Das erklärt sein für einen Mann so untypisch umsichtiges und
fantasievolles Einkaufsverhalten.
»In einem früheren Leben«, erwidert er. »Deshalb habe ich mich ja
zum Polizisten ausbilden lassen. Weil der Laden nicht lief. Der Ihres
Großvaters vielleicht auch nicht. Was damals wirklich passiert ist, können Sie
heute nicht mehr nachvollziehen.«
»Es gibt Grundbucheinträge«, sage ich. »Schauen Sie doch einfach
nach, wer das Gebäude übernommen hat! Ich wette das war Alf Mertes.«
»Der hatte nie einen Lebensmittelladen. Außerdem ist das
Deutschland«, wiederholt er, »und hat mit dem Fall nichts zu tun.«
»Das werden wir noch sehen!«, trumpfe ich auf. »Dann wende ich mich
eben an Polizeihauptkommissar Junk in Prüm. Der wird mir schon weiterhelfen.«
»Der wird auch anderes zu tun haben.«
Ich öffne die Handtasche, ziehe den Rollfilm heraus und werfe ihn
Langer auf den Schreibtisch.
»Das hat aber bestimmt mit dem Fall zu tun! Lassen Sie die Bilder so
schnell wie möglich entwickeln!«
Rasch erzähle ich, wo ich den Film gefunden und wie ich ihn in
Verbindung zu der alten Agfa Clack gebracht habe.
»Sie meinen, der Mörder hat seine Taten fotografiert?«, fragt er mit
feiner Ironie.
»Wer hebt einen Film schon in der Butterdose auf!«, fahre ich auf.
»Gerd Christensen war alles andere als ordentlich.«
»Und warum wurde bei mir eingebrochen? Irgendjemand sucht doch einen
Gegenstand bei mir! Warum nicht diesen Film? Oder haben Sie einen
konstruktiveren Vorschlag?«
Er schüttelt den Kopf, steckt den Film in die Hosentasche und erhebt
sich zusammen mit mir.
»Lassen Sie ihn jetzt im Polizeilabor entwickeln?«
Er schüttelt wieder den Kopf. »Das dauert zu lange. Ein Freund von
mir arbeitet in einem Profi-Labor. Ich fahre gleich hin.«
Ich dränge ihm vergeblich meine Begleitung auf. Er will mich ganz
offensichtlich nicht dabeihaben, wenn die Filmrolle ihr Geheimnis enthüllt.
Warum eigentlich nicht, frage ich mich, als ich vor dem Steinhaus
der Polizei an der Aachener Straße in mein Auto steige. Und weshalb hat er alle
meine sachdienlichen Tipps ins Reich der Mär verwiesen? Wenn es offensichtlich
keine Hinweise auf den Mörder gibt, sollte er da nicht jeder auch noch so
unbedeutend erscheinenden Spur folgen? Statt mich einfach abzubürsten?
Auf dem Weg durch die schöne Landschaft werde ich immer wütender.
Wäre Marcel Langer nicht Polizist, würde ich mir glatt überlegen, ob er nicht
selbst etwas zu verbergen hat.
Aber er ist ja nicht immer Polizist gewesen. Er war einst Kneipier,
der ein Restaurant in Krewinkel hatte und an einer Gastwirtschaft auf der Kehr
gescheitert ist. Wo Gerd Christensen, Alf Mertes und Werner Arndt gelebt haben,
Leute, die er gut gekannt hat. Vielleicht ist er selbst sogar Opfer des Tuppens
geworden, weil die Belgier aus seinem Ort dafür die Kneipe in
Nordrhein-Westfalen aufgesucht haben. Meine Vermutung, dass mit den Morden alte
Rechnungen beglichen werden sollen, könnte sich in diesem Fall sogar wörtlich
bewahrheiten: unbezahlte Rechnungen an einen Kneipier. Vielleicht hat er früher
schmutzigere Geschäfte gemacht, als nur mit seinem Hund Kaffee zu schmuggeln.
Zum Verbrecherfangen, hat mir mal ein Berliner Polizeibeamter verraten, müsse
der Polizist selbst eine gewisse kriminelle Energie verspüren, die er natürlich
in den Dienst des Guten stellt. Aber im Prinzip seien Polizisten und Kriminelle
die zwei Seiten ein und derselben Medaille.
Nun, vielleicht hat Marcel Langer diese Medaille umgedreht!
Schließlich war er es, der mir gegenüber den Verdacht auf Jupp und Hein gelenkt
hat, ein nicht gerade polizeimäßiges Vorgehen. Jetzt schäme ich mich, wie
kritiklos ich seinen Ausführungen gefolgt bin. Überall habe ich Anzeichen für
die Tat-Beteiligung zweier Männer gesehen, die vermutlich völlig schuldlos sind
und wahrlich genügend eigene Sorgen haben.
Ich gehe das Verhalten Langers von Anfang an durch und erschauere.
Immer deutlicher kristallisiert sich heraus, dass er jede Gelegenheit genutzt
hat, sich in meinem Haus aufzuhalten. Weil er dich für eine
heiße Schnitte hält.
Heins Bemerkung hat mir durchaus geschmeichelt. Wirklich zuwider ist
mir der zerzauste Bulle ja auch nie gewesen. Wenn ich ganz ehrlich bin: Er hat
mir sogar sehr gut
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