Einklang der Herzen
senkte ihre Stimme. »Ich lasse nicht zu, dass irgendwelche Männer sie zu Tode erschrecken. Ich werde dafür sorgen, dass sie stillhält.«
»Dee weiß, was zu tun ist«, mischte Paddy sich ein.
Travis nickte und stand auf, um sich die Hände zu waschen.
»Sie müssen vorsichtig sein«, warnte sie ihn, als er zurückkam. »Die Hufe des Fohlens sind sehr scharf, außerdem kann sich die Gebärmutter über ihrer Hand sehr schnell schließen.« Sie holte tief Luft, legte die Wange an den Kopf der Stute und streichelte den Bauch in kreisenden Bewegungen, während sie leise in Gälisch auf das Tier einsprach.
Solomy begann zu zittern, als Travis seinen Arm bis zum Ellbogen einführte, doch sie blieb still liegen und lauschte Adelias tröstender Stimme. Die Luft schien sich zu verdichten, angefüllt mit Solomys lautem Atem und der rätselhaften Schönheit der alten Wörter, die Adelia flüsterte.
»Ich hab es«, verkündete Travis, dem inzwischen Schweißperlen auf der Stirn standen. Auch er murmelte leise vor sich hin, doch Adelia bemerkte es nicht; sie konzentrierte sich ganz und gar auf das Pferd. »Das war’s.« Travis setzte sich zurück, doch noch immer achtete Adelia nicht auf ihn. Den Kopf an den Hals des Pferdes gepresst fuhr sie fort, den Bauch sanft und rhythmisch zu streicheln.
»Es kommt«, rief Paddy. Endlich hob Adelia den Blick, um dem Wunder der Geburt zuzusehen. Als das Fohlen endlich herausglitt, seufzte und erschauerte sie zugleich mit dem Tier.
»Du hast einen schönen, starken Sohn, Solomy. Es gibt wirklich nichts Schöneres auf der Welt als ein unschuldiges neues Leben!« Sie wandte Travis ihr glühendes Gesicht zu und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. Ihre Blicke trafen sich und versanken ineinander, bis Adelia das Gefühl hatte, die Zeit würde stillstehen. Sie fühlte sich in die unergründlichen Tiefen seiner blauen Augen gezogen, unfähig zu atmen oder zu sprechen. Es war, als ob eine unsichtbare Mauer sich um sie beide errichtet hätte, um sie von allem abzuschirmen außer voneinander.
Kann Liebe so plötzlich entstehen, fragte sie sich, oder war sie schon immer da gewesen? Doch bevor sie eine Antwort finden konnte, betrat Robert Loman den Stall, und der Zauber war gebrochen.
Adelia erhob sich hastig, während der Tierarzt begann, Travis Fragen über die Geburt zu stellen. Ihr war ein wenig schwindlig. Sie war erschöpft, fast so, als hätte sie jede einzelne Wehe des Pferdes am eigenen Leib verspürt.
»Was ist los, Dee?« Paddy griff besorgt nach ihrem Arm.
»Nichts.« Sie drückte eine Hand gegen ihre schmerzende Stirn. »Ich habe nur Kopfschmerzen.«
»Bring sie nach Hause«, bat Travis, der sie prüfend musterte. Ihre Augen schienen riesig in ihrem blassen Gesicht. Sie wirkte auf einmal sehr hilflos. Er ging auf sie zu, und sie trat einen Schritt zurück, als hätte sie Angst vor einer Berührung.
»Das ist nicht nötig.« Sie versuchte, ganz ruhig zu sprechen. »Ich werde nur schnell duschen. Mir geht es gut, Onkel Paddy. Mach dir keine Gedanken.« Dann verließ sie eilig den Stall und atmete tief die frische, klare Luft ein.
Den Abend verbrachte Adelia in nachdenklicher Stimmung. Sie war es nicht gewöhnt, verwirrt und unsicher zu sein. Bisher hatte sie immer genau gewusst, was zu tun war, und dann entsprechend gehandelt. Sie hatte ein einfaches, bodenständiges Leben geführt, in dem kein Raum gewesen war für Zögern und Unschlüssigkeit. Ein Leben, das aus Schwarz und Weiß bestanden hatte.
Nach dem Abendessen blieb sie noch eine Weile in der Küche sitzen, um Klarheit in ihre Gedanken zu bringen. Die Geburt war schwierig gewesen. Die Anstrengung hatte sie erschöpft, der Anblick des Fohlens verwirrt. Nur deshalb hatte sie so heftig auf Travis reagiert. Um Liebe konnte es sich nicht handeln – sie kannte ihn doch kaum, und das, was sie über ihn wusste, war so gar nicht nach ihrem Geschmack. Er war zu groß, zu stark, zu selbstsicher und zu arrogant. Er erinnerte sie an einen Gutsherrn, und Adelia war viel zu irisch, um an so etwas Geschmack zu finden.
Doch auch diese Schlussfolgerung änderte nichts an ihrem verwirrten Zustand. Sie setzte sich zu Paddys Füßen auf den Boden, lehnte den Kopf an seine Knie und seufzte tief.
»Kleine Dee«, murmelte er und strich über ihre roten Locken. »Du arbeitest viel zu hart.«
»Was für ein Unsinn.« Sie schmiegte sich noch enger an ihn. »Ich habe seit meiner Ankunft noch nicht einen ganzen Tag gearbeitet. Zu Hause in
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