Einladung zur Hochzeit
den Mittelgang hinaufstürmen, sich Tante Tess schnappen und sie aus der Kirche bugsieren. Sie schwor sich, dass sie genau das tun würde!
"Wo ist Jerry Bob?" fragte Tante Tess laut in die Kirche hinein.
Bens Lächeln wich nicht, aber sein Bruder schickte in Richtung Tante Tess einen so grimmigen Blick, der die 61
meisten Männer eingeschüchtert hätte.
Doch nicht Tante Tess ... Tante Tess blieb unbeirrt und unerschrocken. "Ich möchte wissen, was hier vor sich geht!"
Unversehens packte Betty Anne ihre Schwester hinten am Festkleid und zog heftig daran. Tante Tess kam ins Wanken und plumpste auf ihren Sitz zurück.
"Setz dich, Tess", zischte Betty Anne. "Du ruinierst die Hochzeit meiner Tochter."
"Das werde ich nicht zulassen, Betty Anne!"
"Kein Wort mehr; Tess, oder ich lass dich von den Türhütern aus der Kirche weisen." Tante Tess öffnete den Mund, doch Betty Anne setzte schnell "Ich meine es so! "
hinzu.
Onkel Carl drückte Josies Hand. Es war vorbei. Der schlimmste Ärger, den Josie erwartet hatte, war nur eine unbedeutende Aufregung gewesen. Nun konnte sie Ben ungehindert heiraten.
Ben atmete den Duft von Rosen ein, als Josie über den roten Teppich des Mittelgangs auf ihn zukam. Das goldene Medaillon schimmerte auf ihrer Haut.
Dann stand sie an seiner Seite, warm und wirklich, und sie ergriff seine Hand.
Die Orgel hatte den Hochzeitsmarsch beendet und ging zu einer neuen Melodie über. Das Lied" Amazed" klang auf - Du setzt mich immer wieder in Erstaunen.
"Überrascht?" fragte Josie leise, und dann fing sie an, das Lied zu singen.
Sie sah Ben dabei an, während sie diese wunderbare Liebesballade sang, so wie Josie sie auf der Party gesungen hatte. Damals hatte sie Jerry Bob einen Streich spielen wollen. Wollte sie ihm wieder einen Hieb versetzen?
Ganz sicher nicht, weil Jerry Bob nicht einmal in der 62
Kirche war. Was sollte es aber dann sein?
Josie blickte Ben tief in die Augen, und Ben vergaß alles um sich herum. Ihm wurde plötzlich klar, dass es ihre Art war, ihm Danke zu sagen. Und er nahm es von ganzem Herzen auf, dass Josie ihm an ihrem Hochzeitstag ein Liebeslied sang.
"Liebe Anwesende, wir haben uns hier zusammengefunden, um diesen Mann und diese Frau in den Stand der heiligen Ehe treten zu lassen", verkündete der Geistliche.
Und Pontotocs umstrittenste Eheschließung nahm ihren Lauf auf eine wunderbar traditionelle Weise.
Ben hatte vor, Josie einen verschwörerischen Wink mit den Augen zu geben.
Doch sie sah ihn so strahlend und glücklich an, dass er völlig verwirrt von seinem Vorhaben abkam.
Er gab ihr das feierliche Treueversprechen, und es schien auf einmal bindend für ein ganzes Leben. Und als der Geistliche schließlich sagte: "Ich erkläre Sie für Mann und Frau", und als Ben seine Frau küsste, stieg in ihm so viel Zärtlichkeit auf, dass er Josie niemals loslassen wollte.
Josie. Seine Freundin. Seine Ehefrau.
Sie gingen untergehakt den Mittelgang zurück, und als sie in den Sonnenschein hinaustraten, starrten sie einander an. Ben wollte Josie eng an sich ziehen und sie noch einmal küssen.
Hinter ihnen, noch in der Kirche, schwirrte eine aufgeregte Unterhaltung, und gleich darauf drängten sich die Hochzeitsgäste plaudernd und neugierig durch die Tür.
Und der Moment war vertan.
Josie löste sich von Ben. "Wir haben es wahr gemacht", sagte sie. "Wir haben es wirklich geschafft."
"Ja, das haben wir, Josie. " Er nahm ihre Hand, hoffte, 63
dass er ein wenig von dem Zauber der Feierlichkeit einfangen könnte.
Doch Josie drückte seine Hand nur kurz und ließ sie gleich wieder los. "Ich danke dir. Ich weiß nicht, was ich ohne dich tun würde."
Fast hätte Ben darauf "Dazu werde ich es auch nicht kommen lassen"
geantwortet. Aber dann waren sie von den
Hochzeitsgästen umringt, die ihnen viel Glück wünschten. Und sie eilten gemeinsam mit ihnen zum Empfang.
6. KAPITEL
Ben saß am Steuer und fuhr, und Josie saß neben ihm und staunte. Ben war immer äußerst verlässlich und in seiner Einstellung zum Leben sehr ernst gewesen. Aber dass er seine jungenhafte Ungezwungenheit, an die sie sich so deutlich erinnerte, nicht verloren hatte, war immerhin ungewöhnlich. Ihr war ein wenig bange zu Mute, weil er plötzlich so viel Macht über sie zu haben schien.
Wie wäre es sonst möglich, dass sie ihm so ganz selbstverständlich die Flitterwochen zugestanden hatte, die ihr von ihrer sehr entschlossenen Familie aufgezwungen worden war? Wahnsinn! Das war die
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