Einmal gebissen, total hingerissen
jetzt nicht auf diese unheimliche, nichts Gutes verheißende Weise, wie sie die wirklich bösen Buben draufhaben.
Er wirkt einfach ... ein bisschen traurig.
»Was ist los, Frannie?«, frage ich. »Nichts für ungut, aber du siehst aus, als hätte gerade jemand deine Schoßfledermaus überfahren.«
Francis fährt sich mit der Hand über den kahlen Kopf. Für einen Vampir ist er wirklich ein ziemlich fleischiger Bursche. »Meine Blutsgefährtin ist verschwunden«, gesteht er. »Wenn du es unbedingt wissen willst. Und ich bin ganz krank vor Sorge um sie.«
Die Sache mit den Blutsgefährten habe ich schon erklärt, nicht wahr? Nun, um es noch mal ganz schnell zusammenzufassen, jeder Vampir darf, sobald er tausend Jahre alt wird, einen willigen Menschen in einen Vampir verwandeln. Sie machen vorher umfassende DNA-Tests, um sicherzustellen, dass der Mensch und der Vampir kompatibel sein werden. Denn schließlich sollen sie die ganze Ewigkeit miteinander verbringen, also will man sicher sein, dass sie gut zusammenpassen. Ich sollte zum Beispiel Magnus' Blutsgefährtin werden, bevor er versehentlich Sunny gebissen hat. Glücklicherweise haben Zwillinge die gleiche DNA, sodass die beiden trotzdem kompatibel waren. Kurzum, ein Blutsgefährte ist so was wie ein Seelengefährte, nur ohne diese ganze öde Seelengeschichte. Also ist es überflüssig zu sagen, dass die beiden Vampire normalerweise wie siamesische Zwillinge sind. Ein unsterbliches Paar, das keine Möglichkeit hat, sich jemals scheiden zu lassen.
»Tut mir leid, das zu hören«, sage ich mit aufrichtigem Mitgefühl für ihn. Ich meine, das ist echt ätzend, oder? Was ist, wenn deine Blutsgefährtin einen neuen Vampir kennengelernt hat und nach Vegas verschwunden ist wie mein Dad? Wenn sie den armen Frannie ganz allein auf der Welt und mit schweren Vertrauensproblemen zurückgelassen hat?
Francis tritt mit der Zehenspitze nach dem Boden. Eins kann ich euch sagen, neben den Füßen dieses Burschen sieht Michael Jordan aus wie ein Zwerg. Ein Mann, dem ich wirklich nicht in einer dunklen Gasse begegnen möchte.
Oh, Moment mal, wir befinden uns in einer dunklen Gasse.
Ähm, egal.
»Ihr Name ist Dana. Sie arbeitet hier als Beißerin«, erklärt Francis.
Natürlich frage ich mich sofort, ob ein Rausschmeißer, der mit einer Beißerin zusammen ist, genauso ein Klischee ist wie ein Rausschmeißer, der eine Stripperin zur Freundin hat. Aber Frannie wirkt so bekümmert, dass ich beschließe, nicht danach zu fragen. Und wirklich, wer bin ich, mir ein Urteil zu erlauben?
»Vor drei Tagen hat sie sich krankgemeldet. Und seither ist sie nicht wieder aufgetaucht. Sie war auch nicht in der Krypta. Tatsächlich habe ich überall nach ihr gesucht. Sie ist wie vom Erdboden verschwunden.«
»Sie wird bestimmt wieder auftauchen«, sage ich und versuche, tröstlich zu klingen. Ich tätschle ihm seinen kräftigen, behaarten Unterarm. »Keine Sorge.«
Er grinst kläglich und tätschelt seinerseits meinen Kopf.
»Danke«, sagt er. »Du hast wahrscheinlich recht. Kein Grund, sich zu ängstigen.« Er deutet auf die Tür. »Möchtest du reingehen?«
»Bitte.«
Ich trete ein und werde abermals umhüllt von der schummrigen Beleuchtung, der rauchgeschwängerten Luft und dem Rot der Einrichtung. Diesmal schmachtet aus irgendwelchen verborgenen Deckenlautsprechern die Band »She Wants Revenge«. Ich kann nicht behaupten, dass es mich überrascht zu erfahren, dass die Vampire auf Emo stehen.
Ich trete in die Lounge und gehe auf die Hostess zu.
»Hey, ich bin wieder da«, sage ich und versuche, mich so lässig wie möglich zu geben. »Kann ich denselben Beißer haben wie gestern? Ich glaube, sein Name war Jareth. Er war superheiß.«
Während sie auf ihre Liste blickt, kichere ich vor mich hin.
Jareth wird so was von sauer sein, wenn er mich
wiedersieht.Aber, hey, ich befolge lediglich Anweisungen.
Wenn er ein Problem mit mir hat, wird er die Sache mit Magnus regeln müssen.
»Klar. Er ist im Augenblick frei«, antwortet die Hostess.
»Gehen Sie in Raum sechs und ich werde ihn zu Ihnen schicken.«
Perfekt. Ich danke der Frau, verschwinde hinter dem Vorhang von Raum sechs und bete, dass Jareth diesmal nicht wieder fünfundvierzig Minuten brauchen wird, um aufzukreuzen. Ich habe meinen Gameboy DS vergessen und ich bin so gar nicht die Art Mädchen, die einfach rumsitzen und zufrieden Däumchen drehen kann. Außerdem haben wir hier eine Mission zu erfüllen. Keine
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