Einmal gebissen, total hingerissen
an. »Bitte schön«, murmelt er mir ins Ohr.
Also, der Vollständigkeit halber muss ich wiederholen, dass er zweifellos der nervigste Vampir im ganzen bekannten Universum ist und ich ihn nicht ausstehen kann. Wenn sie mir sagen würden, er sei der letzte Blutsgefährte auf Erden, würde ich lieber ein Mensch bleiben, nur um mich von ihm fernzuhalten. Wenn er der letzte Mann auf Erden wäre, würde ich lesbisch. Wenn er der letzte Mensch auf Erden wäre, würde ich Nonne werden.
Nachdem ich das festgestellt habe, möchte ich hinzufügen, dass er einfach HEISS ist. Und als ich seinen kühlen Atem in meinem Ohr spüre, während er mir beim Schnitzen hilft, verrät mein Körper mich total, und mir wird ganz schwummerig. Was so frustrierend ist! Grrrr!
»Okay, ich, ähm, denke, dass ich es jetzt kapiert habe«, sage ich und wünsche mir verzweifelt, dass er einen Schritt zurück tritt, bevor ich etwas wirklich Dummes tue, wie mich umdrehen und ihn küssen. »Danke.«
Zu meiner Erleichterung (und Enttäuschung, wenn ich hier vollkommen ehrlich sein soll) lässt er meine Hände los und zieht sich zum Bett zurück. Er setzt sich hin und betrachtet mich mit seinen durchdringend grünen Augen. Ich muss mich zwingen, nicht unter seinem Blick zu erzittern.
Konzentrier dich auf das Holz, Rayne. Weniger denken, mehr schnitzen.
»Da!«, sage ich ungefähr zehn Minuten später. »Wie sieht das aus?« Ich halte ihm den Pfahl hin.
Er kommt zu mir, nimmt mir den Pfahl ab und mustert ihn kritisch. »Das ist tatsächlich ziemlich gut«, erwidert er und klingt ein wenig zu überrascht für meinen Geschmack. Aber insgeheim freue ich mich. »Du bist ein Naturtalent.«
»Natural Born Killah!«, witzle ich.
Er kichert. »Lass uns auf dem Boden bleiben. Nur weil du einen Pfahl schnitzen kannst, heißt das nicht, dass du in der Lage bist, jemanden damit zu erstechen.«
»Willst du mir das auch beibringen?«, ziehe ich ihn auf.
Seine Miene verdüstert sich. »Nein.«
In diesem einfachen Wort scheint ein ganzes Leben voller Geschichten verborgen zu liegen. Er muss definitiv irgendeinen geheimen dunklen Schmerz mit sich
herumtragen und ich brenne darauf, ihn zu fragen, was es ist. Aber wir kennen einander kaum, außerdem ist da noch die Sache, dass wir einander überhaupt nicht leiden können, daher beschließe ich, ihn in Ruhe zu lassen.
»Okay, schon gut«, sage ich achselzuckend. »Aber danke, dass du mir beim Schnitzen geholfen hast.«
»Keine Ursache«, erwidert er. »Solange du mir versprichst, den Pfahl niemals gegen mich einzusetzen.«
Ich will einen Witz reißen, aber er wirkt in dem Augenblick zu ernst, daher lasse ich es sein. »Abgemacht«, sage ich stattdessen. Er lächelt. »Wie wär's, wenn wir für ein Weilchen in die Après-Biss-Lounge gehen würden«, schlägt er vor. »Mal sehen, ob wir irgendwelchen Tratsch aufschnappen können.«
»Die Aprés-Biss-Lounge?«
»Ja. Du weißt doch, dass manche Leute sich oft ein wenig mitgenommen fühlen, wenn sie beim Roten Kreuz Blut gespendet haben? Wenn man sich hier aussaugen lässt, ist es das Gleiche. Deshalb haben sie hier eine Lounge, in der den Menschen Kekse und Orangensaft serviert werden, bevor man sie in die Welt zurückschickt.«
»Ah.« Wow, diese Vampire denken an alles, wie? »Okay, cool. Stürzen wir uns rein.«
Ich stehe auf und gehe zur Tür.
»Ähm, Rayne?«
Ich halte inne und drehe mich um. »Ja?«
Er zögert kurz, dann sagt er: »Das wird jetzt komisch klingen, aber . ..«
»Unter diesen Umständen ist alles merkwürdig. Ich bezweifle, dass irgendetwas, das du sagst, es noch merkwürdiger machen könnte.«
Ich kann quer durch den Raum erkennen, dass Jareth schluckt.
»Du hast keine Bisswunde.«
Okay. Ich habe mich geirrt. Dies hier ist definitiv noch merkwürdiger.
Ich lege verwirrt den Kopf zur Seite. »Was?«
»Du bist hier undercover als Mensch, der gern von Vampiren gebissen wird. Du hast soeben eine gewisse Zeit mit einem Beißer verbracht. Jetzt gehen wir in die AprésBiss-Lounge. Die Leute könnten bemerken, dass du keine Bissspuren am Hals hast.«
»Oh.« Ich berühre meinen Hals. Hm. Er hat recht. »Meinst du, das würde irgendwelche Warnsignale aufflackern lassen.«
»Ich will kein Risiko eingehen. Wir dürfen unsere Tarnung nicht auffliegen lassen. Dies hier ist zu wichtig.«
»Klar. Nein. Das sollten wir nicht tun.« Ich kaue auf meiner Unterlippe. »Aber ... oh.« Mir dämmert plötzlich, was er vorschlägt. Bin ich dazu
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