Einmal gebissen, total hingerissen
von mir und betrachtet meinen blutenden Hals. Ich bin sicher, dass er inzwischen hübsch verkrustet ist. »Du bist gebissen worden!«, ruft er und streckt die Hand aus, um die Wunde zu berühren. Ich wehre ihn ab, bevor er das tut. Ich will auf keinen Fall, dass er sich auch noch infiziert.
»Es ist okay«, lüge ich. »Es tut nicht weh.«
»Du hast deine Sache gut gemacht, Rayne«, sagt der Mann, der hinter Jareth eingetreten ist. Ich blicke überrascht auf.
Ich hatte vergessen, dass er hier ist. »Teifert wird sehr zufrieden sein.«
Meine Augen weiten sich, als ich den Mann erkenne.
David?
Moms Freund?
»Sie sind . . . aber Sie sind . . .«
David lacht. »Ja, ich bin es, Rayne.«
»Aber wie . . .? Wer . . .?«
»Ich arbeite für Slayer Inc.«, erklärt er. Dann holt er ein offiziell aussehendes Slayer-Inc.-Abzeichen hervor, um seine Behauptung zu stützen. »Als dein Wächter.«
»Wächter? Ich habe einen Wächter?«
»Was, hast du gedacht, wir würden dich bei deiner ersten Jagd allein in der Welt herumtappen lassen?«
»Aber warum haben Sie mir das nicht erzählt? Ich dachte, Sie seien ein Vampir!«
David lacht. »Ist das der Grund, warum ihr versucht habt, mich mit Knoblauch zu füttern und mit Weihwasser zu bespritzen, als ich zum Abendessen bei euch war?«
Jareth zieht eine Augenbraue hoch. »Du hast was getan?«
Ich kann spüren, dass mein Gesicht total rot wird. »Hm, ich hatte keine Ahnung, dass er mein blöder Wächter ist. Ich dachte, er war ein böser Vampir, den Mom in der Tiefkühlabteilung aufgelesen hat.«
David schlurft mit den Füßen. »Was das betrifft, Rayne«, sagt er. »Ich muss zugeben, dass man mir aufgetragen hat, mich deiner Familie zu nähern. Dich zu beobachten und festzustellen, wie du dich hältst. Deine erste Jagd ist eine Art Test. Also behalten wir das genau im Auge. Wie dem auch sei, ich dachte, wenn ich mit deiner Mom ausgehe,
würde mir das Zutritt zu deinem Haus verschaffen, damit ich mir eine bessere Vorstellung von deinem Privatleben machen konnte.«
»Das war total mies«, unterbreche ich ihn, ganz und gar nicht glücklich darüber, was er mir soeben enthüllt hat. Er mag kein Vampir sein, aber ich werde eine andere Methode finden, ihn zu Staub zu machen, wenn er mit meiner Mom rumgemacht hat, nur um an mich heranzukommen. »Meine
Mom mag Sie wirklich. Und Sie haben sie bloß benutzt?«
»Hey! Einen Moment mal!« David hebt die Hände. »Lass
mich aussprechen. Wie ich schon sagte, so hat es
angefangen. Aber dann habe ich deine Mutter
kennengelernt. Und sie ist ... wunderbar.«
»Ich weiß bereits, dass sie wunderbar ist. Sie ist meine Mom.«
Ich runzle finster die Stirn.
David seufzt. Hör mal. Was ich zu sagen versuche, ist
Folgendes: Ich mag deine Mom sehr. Und jetzt, da dieser Auftrag erledigt ist, hätte ich gern die Erlaubnis, weiter mit ihr auszugehen. Falls du damit einverstanden bist.«
Ich kneife die Augen zusammen, denn ich bin mir immer
noch nicht ganz sicher. »Hm, wir werden sehen«, sage ich.
»Vielleicht. Falls sie Sie immer noch will.«
»Danke«, antwortet er. »Ich werde nehmen, was ich
bekommen kann. Keine Sorge«, fügt er hinzu, »ich werde
dir beweisen, dass ich ein würdiger Verehrer bin.«
Seine Worte holen mich in die Realität zurück und zu der Tatsache, dass ich nicht werde mit ansehen können, wie diese Beziehung sich entwickelt. Weil ich tot sein werde.
Lange tot und begraben, mit Würmern, die mir aus den
Augenhöhlen kriechen.
Ich drehe mich wieder zu Jareth um. Er sieht mich mit
solcher Sorge an. Ich wünschte, wir beide könnten allein sein. Ich muss ihm von meinem bevorstehenden Verderben erzählen. Ich will, dass er mich festhält, während ich in seinen Armen weine.
Dann fällt es mir wieder ein. »Magnus!«, rufe ich. »Wir müssen Magnus warnen!«
»Ihn warnen?«
»Rachel und Charity sind infiziert! Wenn er ihr Blut trinkt, wird er seine Kräfte verlieren, genau wie die anderen.«
Jareth nimmt sein Handy aus der Tasche und wählt Magnus'
Nummer. Nach einer kurzen Pause begrüßt er seinen Boss, erzählt ihm, was geschehen ist, und warnt ihn, nicht von seinen Spenderinnen zu trinken.
Nachdem er sich verabschiedet hat, schaltet er das Telefon aus. »Ich habe ihn noch rechtzeitig erreicht«, erklärt er.
»Rachel und Charity waren gerade eingetroffen, aber er
hatte noch keinen Schluck genommen.«
Ich stoße den Atem aus, von dem ich gar nicht gewusst
hatte, dass ich ihn angehalten habe.
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