Einmal gebissen, total hingerissen
der
Beerdigung angaffen, werden sie weinen und sagen: »Oh, was für ein großartiges Mädchen.« Und vielleicht wird mein Dad auftauchen und es wird ihm so leidtun, dass er sich nie die Zeit genommen hat, mich kennenzulernen.
Oh ja, mein Tod wird ihnen recht geschehen.
Warten auf den Tod
Donnerstag, 14. Juni (Fortsetzung)
Tut mir leid, dass ich vorhin so rumgeschwafelt habe. Ich war einfach so wütend, dass ich kaum noch sehen konnte.
Oder vielleicht ist das ja nur ein Symptom der
schrecklichen Krankheit Sie hat mich jetzt total im Griff.
Ich fühle mich, als hätte ich Mononukleose und
Windpocken und Beulenpest, alles in einem. Ich schreibe dies von Hand, weil ich zu schwach bin, um am Computer zu sitzen.
Meine Mom flippt aus vor Sorge und dabei weiß sie nicht mal die Hälfte. Sie bringt mich zu einem Dutzend Ärzte und sie machen tonnenweise Tests mit mir, aber niemand
kommt dahinter, was los mit mir ist, und am Ende schicken sie mich einfach nach Hause, da sie keine Ahnung haben, dass diese Krankheit tödlich ist.
Glücklicherweise hat Mom David, der sich um sie
kümmert. Und er ist ein Ass, wenn es darum geht, sie zu beruhigen. Zumindest kann ich in dem Wissen sterben, dass ich sie nicht ganz allein zurücklasse.
Sunny ist auch völlig am Ende. Irgendwie hat sie eine
Möglichkeit gefunden, sich an alledem die Schuld zu
geben. Wenn Magnus sie nicht versehentlich gebissen hätte, dann wäre ich jetzt ein Vampir, keine Jägerin. Und ich wäre nie in der Blood Bar gewesen, sodass Maverick mich niemals hätte infizieren können. Ich versuche, sie daran zu erinnern, dass in dem Fall Magnus durch Rachel und Charity infiziert worden wäre und dass ich als seine
Blutsgefährtin mich seinerseits bei ihm angesteckt hätte.
Am Ende sterbe ich so oder so. Es scheint mein Schicksal zu sein. Ich hoffe, sie haben eine gute Ersatzjägerin.
Die Vampire und Slayer Inc. haben hektisch zusammenge—
arbeitet, um anhand der Virusprobe, die wir gestohlen
haben, ein Gegenmittel zu entwickeln, aber sie hatten kein Glück. Wenn sie nur mehr Zeit hätten, sagen sie. Aber meine Zeit ist fast abgelaufen. Wenn ich durchschnittlich bin, werde ich wahrscheinlich morgen sterben. Wenn ich Glück habe, lebe ich möglicherweise noch einen Tag länger.
So, wie ich mich jetzt fühle, würde ich lieber einfach
sterben und die Sache hinter mich bringen.
Ich denke viel über den Tod nach, während ich im Bett
liege und zur Decke hinaufstarre und alle um mich
herumwuseln um sicherzustellen, dass ich es so bequem
wie möglich habe. Wie wird es sein? Wo werde ich
hingehen? Was werden die Leute tun, wenn ich tot bin?
Werden sie meinen Wünschen Folge leisten und bei meiner Beerdigung Bauhaus spielen?
Mein Dad ist nicht gekommen. Das ist das Ärgerlichste von allem. Nachdem Sunny ihn angerufen und ihm erzählt hat, dass ich im Sterben liege, war ich davon überzeugt, dass er sich ins nächste Flugzeug setzen würde. Ich weiß nicht, warum. Stattdessen hat er sie ausgelacht und gesagt, sie dramatisiere.
Ich hasse ihn.
Ihn und Jareth.
Nachdem Jareth mich vom Strand nach Hause gebracht hat, hat er gesagt, er müsse einige Dinge regeln und würde dann zurückkommen. Aber das hat er nicht getan. Während ich hier im Sterben liege, ist der Einzige, nach dem mein Herz sich sehnt, nicht hier. Ich versuche, mir nichts daraus zu machen. Ich versuche, die Mauer wieder aufzubauen, wie diese alte Band, Pink Floyd, es geraten hatte. Versuche, meinen schwarzen Eisprinzessinnenpanzer zurückzugewinnen, mit dem Mike Stevens mich immer
aufzieht. Den, der mir hilft, gegen alles und jeden
gleichgültig zu sein. Aber das Eis ist geschmolzen. Ich bin verletzbar. Aufgerissen und blutend. Ich höre mir die Smiths an. The Cure. Depeche Mode. Die schmachtenden
New-Wave-Singer der Achtzigerjahre scheinen mich zu
verstehen. Sie sind die Einzigen, die das tun.
Jareth hat versucht, mich zu warnen. Er hat gesagt, dass er niemals jemanden an sich heranlässt. In dieser Hinsicht ist er mir so ähnlich. Er hat Angst, sich zu öffnen, etwas für eine andere Person zu empfinden. Und vielleicht hat er in gewisser Hinsicht recht. Er hat sich gestattet, etwas für seine Familie zu empfinden, und sie wurden getötet. Jetzt hat er sich gestattet, etwas für mich zu empfinden, und ich stehe kurz davor, meinerseits den Löffel abzugeben.
Am Ende sterben wir alle allein. Vielleicht ist es besser, nie geliebt zu haben.
Tut mir leid, es ist jemand an der Tür.
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