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Einmal Hochzeit und zurück

Einmal Hochzeit und zurück

Titel: Einmal Hochzeit und zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Colgan
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nippte an meinem Champagner und spürte einen dumpfen Kopfschmerz vom Grunde meines Herzens aufsteigen, so einen Kopfschmerz, wie man ihn als Kind kriegt, wenn man was richtig Schlimmes angestellt hat und weiß, dass man sich gewaltigen Ärger eingehandelt hat. Es ist nicht leicht, sein eigenes Gewissen zu ignorieren. Während ich da am Brunnen saß, war mir das völlig klar. Wenn ich nicht wie mein Vater enden wollte - unzufrieden, immer auf der Suche nach was Besserem wenn ich mich nicht lächerlich machen wollte, und noch viel wichtiger, wenn ich einem guten, anständigen Mann, der mich liebte, nicht sehr wehtun wollte, dann -
    »Ach, hier steckst du«, sagte Olly. »Ich habe dich schon überall gesucht. Ich sterbe vor Hunger.«
    Er setzte sich und streifte sich ein paar Sesamkörner von der Weste, die er gekauft hatte, um seinen kleinen Dickwanst zu kaschieren.
    »Na du«, sagte ich, und die Nervosität stieg mir blubbernd in den Hals. Ich konnte sie schmecken. O Gott. Wie konnte das bloß so schnell passieren? Eben waren wir noch ein glückliches Paar gewesen, das zusammen wohnte, und jetzt war ich kurz davor ...
    Na ja, so glücklich waren wir eigentlich gar nicht, oder doch? Zumindest ich nicht, mit meinem egoistischen, kindischen Dickkopf und meinem Verlangen, immer die süßeren Kirschen zu bekommen, und mit meiner Neigung, mein Leben zu verträumen: Olly hatte überhaupt keine Chance. Herrje, ich war echt ein Miststück.
    Olly beugte sich unsicher nach vorn.
    »Was machst du denn da?«, fragte ich peinlich berührt.
    Es sah aus — nein, das konnte nicht sein. Bitte sagt mir, dass es nicht wahr ist. Er geht nicht auf die Knie. Bitte nicht.
    Einen Augenblick stierte ich ihn nur starr vor Schreck an, und er muss den Schreck in meinen Augen gesehen haben, der sich dann auf einmal in seinen Augen widerspiegelte, die plötzlich ziemlich panisch wirkten.
    »Pass auf, ich weiß, dass wir uns nicht immer so gut verstehen ...«, setzte er an (kein guter Anfang für so was, fand ich).
    »Flora!«, kreischte da eine andere Stimme.
    Es zeugt nur von meiner Unreife und Dämlichkeit, dass ich im ersten Moment dachte, es sei Clelland, der da angelaufen kam, weil ihm im selben Augenblick, als er mich gesehen hatte, klar geworden war, wie blöd er doch damals gewesen war, und der nun in letzter Sekunde dazwischenplatzte, um mich zu retten, zu retten vor diesem Leben, das ich mir gewünscht hatte, nun aber nicht mehr wollte.
    Er war es natürlich nicht. Es war meine Mutter. Die beiden klangen nicht gerade zum Verwechseln ähnlich, aber ich war im Moment nervlich äußerst angespannt und ein bisschen gefühlsduselig. Wie dem auch sei, in diesem Augenblick war ich froh, sie zu sehen. Sie kam den Hügel herunter und wirkte zerbrechlich und verwirrt. Manchmal fragte ich mich, ob sie bereits Alzheimer hatte.
    »Flora, Schätzchen, wo steckst du denn? Wir brauchen dich!« Ihr Tonfall klang nörgelig. »Sie schneiden jetzt die Torte an.«
    Olly stand auf und strahlte sie mit einem breiten, aufgesetzten Lächeln an. »Hallo, Mummy!«
    »Oh, hallo, ihr beiden Turteltäubchen. Ich dachte mir, den Teil würdet ihr ungern verpassen. Und du musst dir unbedingt die Torte ansehen, Schätzchen. Tashy könnte dir ganz sicher sagen, wo sie die herhat. Man kann ja nie wissen, wann man so was braucht...«
    Und dann hakte sie sich bei uns beiden unter, während wir uns anschauten - er mich wehmütig, ich ihn vermutlich entsetzt und dann marschierten wir alle zusammen den Hügel hinauf zum Haus.
    Die Torte war wirklich eine erstaunliche Angelegenheit, etwas wackelig und völlig mit Rosen überzogen. Tashy grinste schon wieder ziemlich entsetzt, und Max sah aus, als würde er langsam sauer, weil er dauernd versuchte, sie dazu zu bringen, ihre Hand auf dem Messer unter seine zu legen anstatt darauf.
    Ich warf einen Blick zu Clelland, der mit seiner liebreizenden Freundin in ein Gespräch vertieft war. War doch klar. Vermutlich planten sie schon ihr nächstes Abenteuer. Und man müsste ein wahrlich böser Mensch sein, ihnen nicht alles Gute zu wünschen. Wo sie doch so glücklich aussahen.
    Ich schluckte schwer. Ich war 32 Jahre alt. Und auf einmal kam es mir vor, als sähe ich alle Menschen um mich herum wie in einem Kokon aus Liebe und Zuneigung. Und draußen, von ihnen unbemerkt, stand ich. Und meine Mutter. Und mein Vater. Die Geister dieses Festes. Die Menschen, die nicht die richtigen Entscheidungen getroffen hatten. Die bei jemandem geblieben

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