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Einmal Hochzeit und zurück

Einmal Hochzeit und zurück

Titel: Einmal Hochzeit und zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Colgan
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Komischerweise sah er, ganz anders als bei Tashys Hochzeit, gar nicht wie ein schlapper, mürrischer Teenager aus, was vielleicht auch damit zu tun haben könnte, dass ich nun etliche Zentimeter kleiner war. Verglichen mit den anderen fettigen Neandertalern hier, deren Gesichtszüge noch wie willkürlich zusammengewürfelt wirkten, war er groß, hatte glatte Haut, weiche, babyzarte Löckchen und ruhige graue Augen, genau wie die seines Bruders. Bestimmt war er der heimliche Schwärm vieler Mädchen an der Schule.
    »Warum bist du hier?«, flüsterte ich.
    »Ich habe protestiert, weil sie sich dieses Jahr schon wieder geweigert haben, recycelte Schulbücher zu bestellen. Ist nicht gut angekommen.«
    Ach Herrje, Clelland II.
    Ich beschloss, es auf die listige Tour zu versuchen.
    »Hast du nicht einen Bruder in Afrika?«
    Er blickte mich verschreckt an. O Mist! Ich hatte mich gerade als eines dieser Furcht erregenden Teenie-Mädels geoutet, die ihre Hefte mit dem Namen des von ihnen angebeteten Jungen voll kritzeln und hundertmal in ihre Tagebücher schreiben »Ich liebe dich, John Bloggs, und wir werden heiraten«.
    Er hüstelte.
    »Sie reden doch nicht etwa, Miss Scurrison?«
    Ich schwöre bei Gott, dieser Kotzbrocken bewegte sich so lautlos wie auf geölten Rädern.
    »Nein, Sir.«
    »Sie haben noch nicht so ganz raus, wie es hier läuft, nicht wahr, Miss Scurrison?«
    »Nein, Sir.«
    »Ich glaube, deshalb werden wir uns auch am Montag wiedersehen.«
    Diesmal schaffte ich es zumindest, mir das Fluchen zu verkneifen.
    Meine Eltern sahen aus, als hielten sie die Totenwache für mich, als ich in der einsetzenden Dämmerung durch die erleuchteten Fenster ins Haus schaute. Vermutlich taten sie das auch: Sie trauerten um die fleißige, brave Tochter, die gestern Morgen aufgewacht war und nie wieder dieselbe sein würde.
    »Ich musste nachsitzen«, sagte ich und hängte meinen Mantel auf.
    »Wissen wir«, erwiderte mein Vater. »Wir haben darum gebeten.«
    »Besten Dank«, sagte ich. »Dann werdet ihr sicher hocherfreut sein zu erfahren, dass meine Zeit in diesem wichtigen Schuljahr mit einem Essay über das Nichts eine wirklich sinnvolle Nutzung erfahren hat.«
    Stumm deckte meine Mutter den Tisch zum Abendessen. O Mann! So ein tolles Abendessen hatte keiner mehr für mich gekocht seit - na ja, praktisch seit meine Mutter aufgehört hatte, für sich allein zu kochen, nachdem mein Vater sie verlassen hatte. War ihr wohl die Mühe nicht wert, vermute ich. Ich musste mich immer darum kümmern, dass sie genug Fertiggerichte im Haus hatte und dass sie auch wusste, wie man die warm machte.
    Eigentlich eine Schande, denn sie war eine ausgezeichnete Köchin. Ich verdrückte Püree und Würstchen mit Heißhunger. Olly und ich gingen normalerweise aus oder bestellten etwas nach Hause, und ich hatte ganz vergessen, wie gut eine selbst gemachte Zwiebelsoße schmecken konnte.
    »Das ist echt total lecker. Stimmt‘s, Dad?«, lobte ich sie begeistert.
    Beide schauten mich an.
    »Ahm, ja«, murmelte mein Dad.
    »Danke fürs Kochen, Mum.«
    Meine Mutter war baff. »Bloß die gleiche olle -«, setzte sie an.
    »Ja. Danke, Joyce«, sagte mein Dad, ganz beschämt, als hätte ich ihn bloßgestellt. Meine Mutter klimperte mit den Augen und wurde verlegen.
    Ich starrte auf meinen Teller und aß schweigend weiter, damit ich nicht noch was Dummes sagte. Dann fiel mir wieder ein, dass ich mir ja vorgenommen hatte, sie wieder zusammenzubringen, also zerbrach ich mir den Kopf auf der verzweifelten Suche nach einem familienfreundlichen Gesprächsthema. Obwohl ich mich rückblickend auch aus meinem ersten Leben nicht an nette Gespräche im trauten Kreise der Familie erinnern konnte.
    Nach ungefähr hundertjährigem Schweigen machte meine Mutter endlich den Mund auf. »Du gehst morgen Abend nicht zu Stanzi.«
    »Wir wollten doch gar nichts machen«, sagte ich ziemlich angesäuert und dachte an die Party des mir unbekannten Ethan.
    »Also, du kannst zur Arbeit gehen und das war‘s. Basta.«
    Beinahe wäre ich an einer Gabel Kartoffelpüree erstickt. Arbeit? Ich hatte einen Job? Was für einen Job? Ich dachte zurück an die Zeit, als ich sechzehn war und im Supermarkt gearbeitet hatte. Endlose Reihen mit Keksschachteln. Nein, nein, nein. Samstage waren zum Shoppen da, und für Pediküren mit Tashy. Bitte nicht. Was für einen Job ich auch haben mochte, ich wollte ihn nicht.
    Ich schluckte bedächtig. »Eigentlich, wisst ihr ... wo es so eine

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