Einmal Hochzeit und zurück
Reinfall. Ich hätte mich gerne betrunken, aber Ol ließ mich nicht, nur für den Fall, dass zwei weitere der Anwesenden eventuell Klienten seiner Kanzlei werden wollten (jedenfalls haben sie ihn den ganzen Abend lang um Gratisrat gefragt). Nach der Hälfte des Abends hatte ich Tash angerufen, die gerade bei Max‘ Eltern war, und wir hatten uns überlegt, wie es wäre, den beiden Jungs ihre Kreditkarten zu klauen und einen schnellen Abgang a la Thelma und Louise zu machen.
Die Musik hier war laut und richtig klasse. Schließlich war es Samstagnacht und die Luft wurde immer heißer, Baby! An diesen Song von Whigfield erinnerte ich mich noch von meinem ersten Anlauf! Ich liebte Alkopops, ganz besonders die blauen, und all die Jungs aus der Schule. Die waren einfach zum Knuddeln, auch wenn ich mir ihre Namen partout nicht merken konnte. Die fanden das schrecklich komisch, und ich auch. »Ich kann mir nicht mal eure Namen merken!«, kreischte ich total hysterisch. Wie hatte ich mich nur so irren und die allesamt für Kotzbrocken halten können? Die waren alle irre gut drauf! Es war irre gut hier! Das Leben war cool. Ich wirbelte dem Delirium nahe herum und ließ die Ärmel meines Tops herunterrutschen, so dass meine BH-Träger hervorblitzten. Ich tanzte so sexy ich nur konnte. Alle wollten mit mir tanzen, es war der reine Wahnsinn. Die Zeit verging wie im Flug. Und plötzlich wusste ich, was ich zu tun hatte. Ich hielt mich fest und erkletterte den auf Hochglanz polierten Holzesstisch, an dem ich früher mal eine Zeit lang jeden zweiten Sonntag gesessen und mich ganz brav mit Clellands Eltern unterhalten hatte und der jetzt gegen die Wand gerückt worden war, und fing an zu tanzen wie ein Derwisch.
»Wow!«, brüllten die Jungs. Die konnten mir unter den Rock gucken. Mir war das egal. Die Musik wurde lauter und lauter, und ich drehte mich wie ein Kreisel und ...
»Flora?«
Die Stimme dröhnte durch den Raum wie ein Donnerschlag. Alle blieben wie angewurzelt stehen und drehten sich um. Clelland und seine abstoßend hübsche Freundin standen in der Tür und starrten mich an. Neben ihnen war Stanzi und gestikulierte wie wild in meine Richtung.
»Komm sofort da runter.«
»Hol mich doch!«, neckte ich, weil mir Alkohol, Machtgefühle und jugendlicher Trotz zu Kopf gestiegen waren.
»Wir kommen dich alle holen, Flora«, rief eine andere Stimme, und ein paar Jungs grölten und lachten ziemlich dreckig.
Clelland blickte mich immer noch unverwandt an.
»Was - wenn ich nicht von eurem Tisch runtersteige, gehst du nach Aberdeen?«
Er schaute sich um. Die Musik lief zwar immer noch, aber alle sahen wie gebannt diesem Drama zu.
»Was redet sie denn da?«, zischte seine Freundin. Die war definitiv total angestunken. Wobei, ich wäre vermutlich auch nicht sonderlich entzückt, wenn ich am Samstagabend eine Kinderparty überwachen müsste.
»Bitte, Flora?«
Kokett hob ich mein Röckchen. »Hol mich doch.«
Die Menge antwortete mit lautem Johlen.
»Verdammt, Flora, hör auf, hier rumzuzicken.«
Ich streckte ihm die Zunge raus und tanzte weiter. »Warst du schon immer so eine Nervensäge?«
»Warst du schon immer so ein Langweiler?«
»Verdammt...«, fluchte Clelland, dann biss er sich auf die Unterlippe und verlor vollends die Geduld. Und unter den Blicken sämtlicher Anwesender stiefelte er zum Tisch, hob mich hoch und warf mich wie einen Sack Zement über seine Schulter.
Begeisterter Beifall brandete auf. Irgendjemand brüllte: »Die Kleine ist fällig, Mann!«, und jemand anders rief: »Sie fällt dir ja schon um den Hals, Mann!«, und ich wurde knallrot, denn ich hing kopfüber an Clellands Hals, und ich wusste, dass man mein Höschen sehen konnte. Was mir jetzt gar nicht mehr so wahnsinnig komisch vorkam wie noch vor ein paar Minuten. Mir war übel, und ich schämte mich, und ich kam mir dumm und bevormundet vor. Und gleichzeitig hatte es etwas seltsam Vertrautes, so an Clellands Hemd gedrückt zu werden, und sein Geruch versetzte mich schlagartig zurück in die Zeit, als wir zusammen gewesen waren. Ein besonderer Duft kann einen wie nichts anderes plötzlich in die Vergangenheit katapultieren.
Auf einmal stand Fallon vor mir (oder hinter mir vielmehr, nehme ich an, da Clelland mich gerade zur Tür hinaustrug). Sie und ihre drei Gehilfinnen, bis zum Anschlag aufgetakelt in winzigen Bikini-Tops und engen Hosen. Die vier lachten sich fast schlapp.
»Ach herrje, habt ihr das gesehen!«, keuchte Fallon und wischte
Weitere Kostenlose Bücher